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Die Augen des Drachen - Roman

Die Augen des Drachen - Roman

Titel: Die Augen des Drachen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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denken - der befehlsgewohnte Ton. Ein wahrer König, fand Peyna, ließ sich durch die Verbannung nicht ändern; nicht durch Gefangenschaft, nicht einmal durch Folter. Ein wahrer König vergeudete keine Zeit damit, zu rechtfertigen oder zu erklären. Er tat schlicht und einfach seinen Willen kund.
    Ich habe beschlossen zu leben.
    Peyna seufzte. Nach langer Zeit zog er das Tintenfass zu sich heran, holte ein Blatt feines Pergament aus der Schublade und begann zu schreiben. Seine Nachricht war noch kürzer als die von Peter. Er brauchte weniger als fünf Minuten, um sie zu schreiben, die Tinte zu trocknen und mit Sand zu löschen, das Papier zu falten und zu versiegeln. Als er damit fertig war, läutete er nach Arlen.

    Arlen, der immer noch einen eingeschüchterten Eindruck machte, kam fast auf der Stelle.
    »Ist Beson noch da?«, fragte Peyna.
    »Ich glaube schon, Sir«, sagte Arlen. Tatsächlich wusste er, dass Beson noch da war, denn er hatte den Mann durch das Schlüsselloch beobachtet, wie er rastlos von einem Ende der Gesindeküche zum anderen schlurfte und dabei einen kalten Hähnchenschlegel wie eine Keule in einer Hand hielt. Als er das Fleisch am Knochen völlig abgenagt hatte, hatte Beson den Knochen zerbissen - ein grässlich knirschendes Geräusch hatte das gegeben! - und genüsslich das Mark herausgesaugt.
    Arlen war noch nicht völlig davon überzeugt, dass der Mann nicht doch ein Zwerg war … vielleicht sogar ein Troll.
    »Gib ihm das«, sagte Peyna und reichte Arlen die Nachricht. »Und dies für seine Mühe.« Zwei Gulden fielen in Arlens Hand. »Sag ihm, er wird vielleicht ein Antwortschreiben erhalten. Wenn ja, so hat er es nachts herzubringen, wie dieses hier.«
    »Ja, mein Lord.«
    »Und säume nicht und schwatze noch lange mit ihm«, sagte Peyna. Das war das Äußerste, was man an Witz von ihm erwarten konnte.
    »Nein, mein Lord«, sagte Arlen mürrisch und ging hinaus. Er dachte immer noch an das knirschende Geräusch des Hühnerknochens, als Beson ihn mit den Zähnen zermalmt hatte.

60
    »Hier«, sagte Beson brummig, als er anderntags in Peters Zelle kam, und streckte Peter den Umschlag hin. Tatsächlich war er übler Laune. Die zwei Gulden, die Arlen ihm tags zuvor gegeben hatte, waren ein unerwartetes Geschenk gewesen, und Beson hatte den größten Teil der Nacht damit verbracht, sie in Alkohol umzusetzen. Mit zwei Gulden konnte man sich eine Menge Met leisten, und heute war sein Kopf schwer und schmerzte. »Werde zu einem verdammten Botenjungen.«
    »Danke«, sagte Peter und nahm den Umschlag.
    »Nun? Werdet Ihr ihn nicht öffnen?«
    »Doch. Wenn Ihr gegangen seid.«
    Beson entblößte die Zähne und ballte die Fäuste. Peter stand einfach nur da und sah ihn an. Nach einem Augenblick senkte Beson die Fäuste. »Verdammter Botenjunge, mehr nicht!«, brummte er noch einmal und ging hinaus, wobei er die schwere Tür hinter sich zuschlug. Peter vernahm das Poltern der Eisenschlösser, danach das gleitende Geräusch der schweren Eisenriegel - jeder einzelne so dick wie Peters Handgelenk -, die vorgeschoben wurden.
    Nachdem dieses Geräusch verklungen war, öffnete Peter die Nachricht. Sie umfasste lediglich drei Sätze.
    Die lange ausgeprägten Gewohnheiten, von denen Ihr sprecht, sind mir bekannt. Die von Euch erwähnte Summe ließe sich arrangieren. Ich werde alles tun, doch zuvor
möchte ich wissen, welche Gefälligkeiten Ihr von unserem gemeinsamen Freund erwartet.
    Peter lächelte. Der Oberste Richter Peyna war kein arglistiger Mann - Arglist gehörte nicht zu seiner Natur, anders als bei Flagg -, aber er war ein überaus vorsichtiger Mann. Dieses Schreiben war der Beweis dafür. Peter hatte Peynas Bedingung vorhergesehen. Er wäre argwöhnisch geworden, hätte Peyna nicht nach der Art der Vergünstigungen gefragt. Ben würde der Mittelsmann sein, in Kürze würde Peyna nichts mehr mit der Bestechung zu tun haben, und dennoch ging er vorsichtig, wie ein Mann, der auf losen Steinen schreitet, die jeden Augenblick unter seinen Füßen wegrutschen können.
    Peter ging zur Zellentür, pochte dagegen, und nach einem kurzen Wortwechsel mit Beson bekam er wieder die Tinte und die schmutzige Feder. Beson beschwerte sich nochmals darüber, dass er nichts weiter als ein verdammter Laufbursche sei, aber eigentlich war er gar nicht unglücklich über die Situation. Vielleicht sprangen hierfür wieder zwei Gulden für ihn heraus.
    »Wenn die beiden sich lange genug gegenseitig schreiben, könnte ich

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