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Die Augen Rasputins

Die Augen Rasputins

Titel: Die Augen Rasputins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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rührte keinen Finger. Dabei mußte er Schramms Aussage ebenfalls kennen, auch das ärztliche Gutachten. Albert Retlings Verletzungen lasen sich wie ein Stück aus einem Katastrophenfilm. Schädelbruch, Nierenquetschung, Rippenbrüche, Zertrümmerung der Handwurzelknochen rechts, Gehirnblutung mit nachfolgender Lähmung des rechten Beins. So sinnlos und brutal. Und das für nichts. Edmund zuckte zusammen, als der Polizist sich plötzlich vorbeugte und dabei die Hand ausstreckte. Auf einer Ecke vom Schreibtisch stand ein Telefon. Ein alter Apparat, dessen graue Farbe vom Nikotin der letzten Jahre einen Gelbstich bekommen hatte. Der Polizist griff zum Hörer, das Lächeln war ihm inzwischen auf dem Gesicht angewachsen. Er wählte eine Nummer, nickte dabei und ließ Edmund nicht aus den Augen. Dann nannte er seinen Namen. Nur den Namen, keinen 6 Dienstgrad, nichts, was auf die Behörde schließen ließ. Er mußte seinem Gesprächspartner gut bekannt sein. Und nicht nur dem, offensichtlich auch einer zuständigen Sekretärin oder Telefonistin.

    »Kleiber hier «, sagte er nur und wurde daraufhin verbunden. Es dauerte nur ein paar Sekunden, und es kam Edmund so vor, daß sich der behäbig zuversichtliche Blick in dieser kurzen Zeit veränderte, ganz hart wurde. Dann nannte Kleiber seinen Namen noch einmal, fragte gleich darauf:

    »Sag mal, der Schramm, wann ist der rausgekommen? «

    Und das klang ebenfalls in keiner Weise freundlich. In Edmunds Richtung sandte er immer noch ein Lächeln, aber Kleiber war nicht mehr ganz bei der Sache. Er hatte nach einem Stift gegriffen und bewegte ihn gedankenverloren zwischen zwei Fingern auf und ab, grunzte ein paarmal kurz in den Hörer. Und plötzlich der Donnerschlag seiner Faust. Der Stift zerbrach in der Mitte, ein Teil flog in hohem Bogen auf Edmund zu. Kleibers Stimme klang nach Unheil.

    »Na, das habt ihr ja fein hingekriegt. «

    Pause.

    »Nein, bin ich nicht. «

    Pause.

    »Ja, das werde ich, darauf kannst du dich verlassen. «

    Im ersten Augenblick fühlte Edmund sich erleichtert. Aber das hielt nicht lange vor. Als Kleiber den Hörer zurücklegte, verwandelte er sich wieder in den gütigen und erfahrenen Polizisten, war die Ruhe in Person. Sogar das Lächeln war wieder da. Aber jetzt war auch Ed da, zumindest vorübergehend. Der geschulte Blick für die Mimik eines Gesprächspartners, für die winzigen, unbewußten und verräterischen Gesten. Kleibers Lächeln war so falsch wie ein Fünfzehnmarkschein. Kleiber kochte vor Wut. Offenbar hatte er damit gerechnet, daß man ihn über Schramms Entlassung informierte. Und anscheinend war das versäumt worden. Möglicherweise war eine Mitteilung an untergeordnete Ränge ergangen. Und die hatten es dann ihrerseits versäumt, Kleiber ins Bild zu setzen. 6 Aber wenn die Sache in seinem Umfeld verschludert worden war, da wollte er nachhaken. Es schien ihm wichtig zu sein, sehr wichtig, und dafür mußte es Gründe geben. Ganz automatisch begann ein Teil von Eds Hirn nach den Gründen zu suchen, hakte an Informationen ab, was ihm zur Verfügung stand. Für die Polizei war es damals ein durchsichtiger Fall gewesen, keine langwierigen Ermittlungen. Ein paar Fragen, eine Verhaftung, ein geständiger Täter. Schramm hatte seine volle Strafe abgesessen, dem war kein Tag geschenkt und keine Bewährung eingeräumt worden. Und wer gebüßt hatte, war anschließend frei, sollte man annehmen. Wenn die Polizei sich für einen entlassenen Strafgefangenen interessierte, dann tat sie das bestimmt nicht zum Zeitvertreib.

    »Also «, begann Kleiber und lehnte sich im Stuhl zurück. Rein äußerlich wirkte er immer noch gelassen, aber jetzt saß ihm ein erfahrener Psychologe gegenüber. Kleiber hatte es nur noch nicht bemerkt, er kratzte sich am Ohr.

    »Wie ich gerade höre, ist Schramm vor gut vierzehn Tagen entlassen worden. Es könnte also durchaus sein, daß er sich bei Ihrer Frau gemeldet hat. Gab es da noch Verbindungen? Ich meine, irgendwoher muß er ja die neue Adresse erfahren haben. Vielleicht hat Ihre Frau ihm mal geschrieben?! «

    Ed schüttelte nachdrücklich den Kopf, erklärte gleichzeitig in bestimmtem Ton:

    »Keine Verbindungen! Der Kontakt brach nach seiner Verhaftung ab und wurde auch nie wieder aufgenommen. «

    Kleiber glaubte ihm nicht. Das war deutlich zu erkennen. Er betrachtete wieder den Zeitungsfetzen, und so, mit dem Blick auf das grobkörnige Foto gerichtet, erklärte er lächelnd:

    »Ich verstehe, daß Sie sich

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