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Die Augen Rasputins

Die Augen Rasputins

Titel: Die Augen Rasputins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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zusammen, sprachen über den Koffer, über die Unterwäsche aus Angora, über Kanada. Meist sprach Edmund, Dorothea schwieg und hörte zu, ließ nicht erkennen, was sie dachte. Edmund hatte das Gefühl, daß sie sich nur im Kreis drehten. Er haßte sich dafür. Alles, was er an Elan hatte aufbringen können, war anscheinend mit dem Besuch bei der Polizei verbraucht worden.

    »Er kann ihr nicht auf Schritt und Tritt durchs Haus gefolgt sein «, stellte Dorothea nach einer Weile fest.

    »Wenn er neben ihr gestanden hätte, hätte sie andere Sachen eingepackt. Aber die Erkenntnis hilft uns auch nicht weiter, oder bist du anderer Meinung? «

    Als Edmund schwieg, fuhr sie fort:

    »Ich will dich nicht kritisieren, Ed, aber du hast Patti immer in dem Glauben gelassen, daß du jeden Handgriff deuten kannst. Dir wäre kein
    Zacken aus der Krone gebrochen, wenn du einmal zugegeben hättest, daß du auch nur ein Mensch bist. Jetzt sitzen wir hier herum und zerbrechen uns den Kopf über die Bedeutung von zwei Garnituren Unterwäsche. So ein Blödsinn! «

    Dorothea griff nach ihrer Tasche, holte ein Zigarettenetui und ein Feuerzeug heraus. Bevor sie sich eine Zigarette anzündete, erhob sie sich und ging in die Küche. Als sie nach ein paar Sekunden zurückkam, hielt sie den Blumenuntersetzer in der Hand. Sie betrachtete die beiden Kippen darauf mit
    unbeweglicher Miene.

    »Liebestöter «, murmelte sie, während sie sich wieder
    hinsetzte.

    »Soll ich dir was sagen, Ed? Du warst der Liebestöter.
    Du hast ihr eingehämmert, Schramm ist ein Schwein und noch ein bißchen mehr als das. Und das zu einem Zeitpunkt, als sie voll und ganz von dir abhängig war. Sie hatte doch gar keine Chance, sich ihre eigene Meinung zu bilden. Und genau die hätte sie heute morgen gebraucht, eine eigene Meinung. «

    »Sie ist nicht freiwillig… «

    begann Edmund mit einem lahmen Protest. Dorothea winkte ab und unterbrach ihn damit.

    »Woher willst du das wissen, Ed? Du warst nicht dabei. Das ist dein Problem, Ed. Du bist nicht dabei, aber du bist mit einem Urteil zur Hand. Du weißt doch gar nicht, was hier passiert ist.
    Du weißt nicht, wann er gekommen ist. Du weißt nicht, wie lange sie hier gesessen und worüber sie geredet haben.
    Immerhin lange genug, um zwei Zigaretten zu rauchen, um Kaffee und Cognac zu trinken. Glaubst du wirklich, sie hätte ihm Kaffee gemacht, wenn er sie in irgendeiner Form bedroht hätte? «

    Edmund kam nicht dazu, ihr zu antworten. Dorothea redete sich mehr und mehr in Form. Sie saß aufrecht im Sessel, die Augen blitzten ihn förmlich an.

    »Wenn er sie gezwungen hätte, Ed, dann wären sie hier gleich wieder verschwunden. Dann hättest du kein Geschirr auf dem
    Tisch gefunden. Ich weiß, wie du über ihn denkst. Aber das ist nur deine persönliche Meinung, Ed. Sie läßt sich nicht beweisen, und ich denke, sie ist falsch. Du hast ihn nie kennengelernt, und trotzdem hast du ihn in Grund und Boden gestampft, hast einen Teufel aus ihm gemacht. Er war nie ein Teufel, Ed, auf seine Art war er ein armes Schwein, ein Spinner. «

    Dorothea erinnerte sich nur zu gut an den Nachmittag, an dem Patrizia mit der Erkenntnis aus der Therapiestunde heimkam: Ein Mann, der ein Mädchen liebt, will auch irgendwann mit diesem Mädchen schlafen, weil es ganz natürlich ist. Und an all die anderen Nachmittage. Jedesmal eine neue Erkenntnis.
    Jetzt sagte sie:

    »Ich will ihn bestimmt nicht als ein Unschuldslamm hinstellen, aber in dem Punkt hatte sein Verteidiger recht. Patti war für Schramm das, was er selbst nicht erreichen konnte, etwas Kostbares. Und etwas Kostbares schützt man, das hält man rein. Deshalb hat er sie nie angerührt. «

    Dorothea war sich ihrer Sache ganz sicher. Im Gegensatz zu Edmund hatte sie Schramm damals kennengelernt, hatte ihm drei- oder viermal Patrizias Botschaften überbracht, wenn Paul wieder einmal einen Hausarrest verhängt hatte.
    Sie hatte auch Botschaften für Patrizia in Empfang genommen und bei diesen Gelegenheiten natürlich mit Schramm
    gesprochen. Über die kleine Schwester, die daheim saß und sich in ihre romantischen Vorstellungen einspann, sich auf eine Liebesnacht vorbereitete, die nur in ihren Gedanken stattfand.
    Und vor Angst, er könnte an diesem Sonntag eine andere kennenlernen, fast verrückt wurde, und über Paul, der nichts Genaues wußte, aber wohl ahnte, daß Kopf und Herz seiner Jüngsten immer noch mit Heiko Schramm gefüllt waren. Daß sie sich nach dem Montag

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