Die Auserwaehlte
geschickt. Der Träger, der hier erscheinen wird, erhält dieses Kästchen, das er verschlossen und ohne weitere Mitteilung dem Lord der Minwanabi übergeben soll.« Grimmig reichte Mara den Kasten Nacoya.
Nacoya öffnete das feingearbeitete Schloß und zog eine Braue empor, als sie sah, was darin lag. Es war eine einzelne rote Kordel mit dem Blut von Maras Hand, zusammengerollt neben einer Shatra-Feder. Nacoya schloß den Kasten wieder, als würde er eine purpurne Dhast enthalten, die giftigste Schlange überhaupt. »Ihr erklärt dem Haus der Minwanabi damit offiziell die Blutfehde.«
»Ich erkenne nur die Fehde an, die bereits vor Ewigkeiten begonnen hat!« schoß Mara zurück. Der Mord an ihrem Vater und ihrem Bruder war noch zu frisch, als daß sie sich jetzt mäßigen konnte. »Ich erkläre Jingu lediglich, daß eine weitere Generation der Acoma bereitsteht, um sich ihm entgegenzustellen.« Peinlich berührt über ihre eigenen Gefühle starrte das Mädchen jetzt auf das Tablett mit dem Essen. »Mutter meines Herzens, ich bin noch unerfahren in dem Spiel des Rates, aber ich erinnere mich an viele Nächte, in denen Vater mit Lano seine Pläne diskutierte, seinem Sohn jeden Schritt beibrachte und auch die Gründe dafür. Damals hat auch seine Tochter zugehört.«
Nacoya stellte das Kästchen beiseite und nickte. Mara schaute auf, sie schwitzte leicht in der Hitze, hatte sich jedoch unter Kontrolle. »Unser Feind, der Lord der Minwanabi, wird glauben, daß mehr dahintersteckt, als es der Fall ist. Er wird sich bemühen, jeden Zug, von dem er glaubt, daß wir ihn tun, abzuwehren, und uns dadurch die Möglichkeit geben, einen Plan zu schmieden. Alles, was ich im Augenblick erhoffen kann, ist, etwas Zeit zu gewinnen.«
Nacoya schwieg einen Augenblick, dann sagte sie: »Tochter meines Herzens, Eure Kühnheit ist bewundernswert, und dennoch, wenn diese Geste Euch auch einen Tag, eine Woche, womöglich gar mehr verschafft, am Ende wird der Lord der Minwanabi doch etwas unternehmen, um die Acoma auszulöschen.« Die alte Amme beugte sich nach vorn, um den folgenden Worten mehr Nachdruck zu verleihen. »Ihr müßt Verbündete finden, und dafür bleibt Euch nur eine Möglichkeit. Ihr müßt heiraten. Und zwar so schnell wie möglich.«
Mara schoß so schnell in die Höhe, daß ihr Knie gegen das Tischbein des Schreibtisches stieß. »Nein!« Eine bedrückende Stille entstand, während sich ein loses Stück Pergament in die Suppe verirrte.
Nacoya mißachtete den Ausbruch ihrer Herrin schroff. »Ihr habt keine andere Wahl, Kind. Als Herrscherin müßt Ihr von den jüngeren Söhnen einiger bestimmter Häuser des Kaiserreichs einen Gatten wählen. Eine Heirat mit einem Sohn der Shinzawai, der Tukareg oder der Chochapan würde eine Allianz mit einem Haus bedeuten, das in der Lage ist, uns zu beschützen.« Sie wurde einen Augenblick still. »So lange das überhaupt jemand tun kann. Doch im Laufe der Zeit könnte sich das Gleichgewicht der Macht ändern.«
Das Blut schoß Mara in die Wangen, und ihre Augen weiteten sich. »Ich habe keinen dieser Jungen gesehen, die du erwähnt hast. Ich werde keinen Fremden heiraten!«
Nacoya blieb dabei. »Wut spricht jetzt aus Euch, und Euer Herz bestimmt Euren Verstand. Wäret Ihr nicht in den Tempel eingetreten, wäre Euer Gatte unter denen ausgewählt worden, die Euer Vater oder später Euer Bruder für wert genug befunden hätte. Als Lady der Acoma müßt Ihr ebensoviel für das Wohl Eures Hauses tun. Ich lasse Euch jetzt allein, damit Ihr darüber nachdenken könnt.«
Die Amme legte ihre alten Finger um das Kästchen, das von der Trägergilde zum Lord von Minwanabi gebracht werden sollte. Sie verneigte sich steif und ging.
Mara saß in wütendem Schweigen da; ihre Augen waren, ohne wirklich etwas zu sehen, auf das durchtränkte Stück Pergament gerichtet, das langsam in den Tiefen der Suppenschüssel verschwand. Der Gedanke an eine Heirat rief eine namenlose Furcht hervor, die irgendwo tief in ihrer Trauer wurzelte. Sie zitterte, obwohl es ein heißer Tag war, und schnippte mit den Fingern nach den Dienerinnen, damit sie die Tabletts abräumten. Sie würde etwas ruhen und sich zurückziehen, um das zu bedenken, was ihre alte Amme vorgeschlagen hatte.
Auf Keyokes Rat blieb Mara den ganzen Nachmittag im Bereich des Hauses. Sie hätte sich zwar lieber mit der Sänfte einen Überblick über die Güter der Familie verschafft, aber dazu gab es nicht genügend Krieger. Ein großes
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