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Die Auserwaehlte

Die Auserwaehlte

Titel: Die Auserwaehlte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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nicht zu lange. Es müssen einige Entscheidungen getroffen werden, für die es morgen zu spät ist.«
    Die Amme verschwand wieder. Mara hörte, wie sie unterwegs stehenblieb und Keyoke etwas zubrummte, der in dem dahinterliegenden Gang Wache hielt. Dann widmete sie sich wieder Jican und ihrer Unterrichtsstunde in Handel und Wirtschaft. Mara griff nach einer anderen Rolle. Dieses Mal erklärte sie die Bilanz selbst, ohne Jicans Hilfe. »Es mangelt uns vielleicht an Kriegern, Jican. Aber wir haben viele Besitztümer, sind möglicherweise sogar reich.«
    »Das ist nicht schwer, Mistress. Sotamu hatte während der Jahre, in denen er Eurem Vater gedient hat, eindeutige Unterlagen angefertigt. Ich folge nur seinem Beispiel. In den letzten drei Jahren gab es sehr gute Thyza-Ernten, während die Hwaet-Braunfäule in den Provinzen der Ebene die Preise aller Getreidearten in die Höhe getrieben hat – Thyza, Ryge, Maza und sogar Milat. Bei einer solchen Knappheit an Hwaet würde nur ein allzu bequemer Verwalter sein Thyza nach Sulan-Qu schleppen und es dort verkaufen. Es kostet nicht viel mehr Mühe, mit einem Makler des Konsortiums der Kornhändler in der Stadt der Ebene zu verhandeln.« Der kleine Mann seufzte unbehaglich. »Mylady, ich möchte nicht respektlos gegenüber jemandem Eurer erhabenen Klasse scheinen, aber ich habe viele mächtige Herren gekannt, die die Einzelheiten der geschäftlichen Arbeit verschmähten. Zur gleichen Zeit jedoch verweigerten sie auch ihren Hadonras und Maklern, unabhängig für sie zu handeln. Daher haben wir mit großen Häusern verhandelt und die Händler der Stadt gemieden, wann immer wir konnten. Dies hat uns oftmals große Profite beschert.«
    Der Hadonra hielt inne, die Hände bescheiden vor sich ausgestreckt. Dann, ermutigt durch die Tatsache, daß Mara ihn nicht unterbrach, fuhr er fort: »Und die Züchter … sie sind ein Geheimnis. Es ist ebenfalls nicht respektlos gemeint, aber die Herren des Nordens scheinen besonders kurzsichtig zu sein, was die Wahl von Zuchtbullen angeht.« Der kleine Mann fühlte sich jetzt etwas ungezwungener und zuckte verwundert mit den Schultern. »Ein übellauniger Bulle, der schwer zu handhaben, doch muskulös und grimmig ist und voller Ungeduld mit den Hufen scharrt, oder einer mit einem großen« – er senkte beschämt den Blick – »äh, männlichen Organ verkauft sich besser als ein fettes Tier, das gutes Fleisch zeugen wird, und auch besser als ein sanftmütiges, das eine gute, solide Herde heranzüchtet. So bringen Tiere, die ein vorsichtiger Mann vielleicht kastrieren oder schlachten ließe, Höchstpreise, während die besten hierbleiben. Und dann wundern die Leute sich über die Qualität unserer Herden und sagen: ›Wie kann das Fleisch der Acoma-Tiere so gut schmecken, wenn sie doch so schwache Bullen halten?‹ Ich verstehe dieses Denken nicht.«
    Mara lächelte leicht; es war der erste entspannte Ausdruck in ihrem Gesicht, seit sie den Tempel verlassen hatte. »Diese edlen Herren suchen Tiere, die ihre eigene Männlichkeit widerspiegeln. Ich habe dieses Bedürfnis nicht. Und da ich auch kein Bedürfnis danach habe, mit irgendeinem Tier aus dem Zuchtstall verwechselt zu werden, dürft Ihr weiterhin die Kühe und Bullen auswählen, ohne darauf achten zu müssen, ob ihr Charakter zu meinem paßt.« Jican riß einen Moment die Augen weit auf, dann begriff er, daß das Mädchen einen Witz gemacht hatte. Er stimmte ein wenig scheu in ihr Lachen ein. »Ihr habt Eure Sache gut gemacht«, fügte Mara hinzu.
    Bei diesem Dank lächelte der Mann, als wäre ein großes Gewicht von seinen Schultern genommen. Er genoß die ungewohnte Verantwortung seiner neuen Arbeit ganz offensichtlich, und er hatte befürchtet, daß die neue Herrin ihn fortschicken würde. Jetzt war er doppelt zufrieden, daß er nicht nur als Hadonra weiterarbeiten würde, sondern Lady Mara sogar seinen Wert erkannt hatte.
    Aber Mara hatte von ihrem Vater auch den Sinn für das Herrschen geerbt – selbst wenn sich diese Fähigkeiten erst nach und nach zeigen würden – und wußte, daß sie in ihm einen fähigen, vielleicht sogar begnadeten Gutsverwalter besaß. »Euer Fleiß und Eifer bringen den Acoma soviel Ehre wie der Mut unserer Soldaten«, sagte sie deshalb. »Ihr könnt jetzt gehen und Euch Euren Aufgaben widmen.«
    Kniend verbeugte Hadonra sich, bis seine Stirn den Boden berührte; eine Ehrerbietung, die bei einem Mann seiner Position mehr Unterwürfigkeit ausdrückte, als

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