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Die Auserwaehlte

Die Auserwaehlte

Titel: Die Auserwaehlte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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zu verkörpern.«
    Mara schloß die Augen, als wollte sie sich verstecken. Verwirrung stahl sich wie ein dunkler Schmerz in ihre Magengrube. Der Stolz des Acoma-Erbes hatte sie in ein Netz aus Verwicklungen verstrickt, das sie tiefer und tiefer in einen Alptraum hinabzog; jedesmal, wenn sie eine Bedrohung erfolgreich abgewendet hatte, nahm eine andere Gestalt an. Erneut fragte sie sich, ob es wirklich klug gewesen war, Buntokapi als Ehemann zu wählen. Er mochte beeinflußbarer sein als sein gutangesehener Bruder Jiro, doch nur zu leicht könnte er sich als wesentlich dickköpfiger erweisen. Wenn es ihr nicht gelang, ihn zu kontrollieren, würden sämtliche Pläne, mit deren Hilfe sie die Acoma wieder zu der ihnen zustehenden Macht und Bedeutung führen wollte, hinfällig werden. Nicht zum ersten Mal schob Mara solch müßige Spekulationen ärgerlich beiseite: Die Entscheidung war gefallen. Buntokapi würde Lord der Acoma werden. Im stillen fügte sie hinzu: zumindest eine Zeitlang.
    »Würde die Lady bitte ihren Kopf etwas zur Seite drehen?« Mara gehorchte; sie war verwirrt von der Wärme, die die Hand der Dienerin auf ihrer Wange ausstrahlte. Ihre eigenen Finger waren eiskalt, als sie an Buntokapi dachte und daran, wie sie mit ihm fertig werden sollte. Der Mann, der als Lord der Acoma den Platz ihres Vaters einnehmen würde, hatte nichts von der Weisheit oder Intelligenz Lord Sezus, und er hatte auch nichts von Lanos Anmut, seinem Charme und seinem unwiderstehlichen
    Humor. Während der wenigen offiziellen Gelegenheiten seit seiner Ankunft zur Hochzeitszeremonie hatte Mara Buntokapi beobachtet, und er kam ihr brutal vor, schwerfällig im Verstehen von Feinheiten und nur zu offensichtlich in seinen Leidenschaften. Ihr stockte der Atem, und sie unterdrückte ein Schaudern. Er war nur ein Mann, erinnerte sie sich, und wenn auch ihre Vorbereitung für den Tempeldienst dazu geführt hatte, daß sie weniger über Männer wußte als die meisten anderen Mädchen ihres Alters, so würde sie doch ihren Verstand und Körper einsetzen müssen, um ihn zu kontrollieren. Für das große Spiel des Rates würde sie die Rolle der Ehefrau ohne Liebe eine Zeitlang auf sich nehmen, wie bereits zahllose andere Frauen großer Häuser vor ihr.
    Angespannt von ihrer eigenen Entschlossenheit erduldete Mara die Fürsorge der Zofe, während das Treiben und die Rufe jenseits der dünnen Papierwand darauf hindeuteten, daß die Bediensteten die große Halle für die Zeremonie vorbereiteten. Draußen brüllten einige Needras, und Wagen rollten heran, geschmückt mit bunten Fähnchen und Bändern. Die Truppen der Garnison standen in ihren glänzend polierten Rüstungen in Reih und Glied. An ihren Waffen waren Streifen aus weißem Stoff befestigt, um die Freude über die anstehende Vermählung ihrer Herrin auszudrücken. Die Gäste und ihr Gefolge bevölkerten den Weg, ihre Sänften und livrierten Diener bildeten ein Meer aus Farben vor dem verdorrten Gras auf den Feldern. Sklaven und Arbeiter mußten am Tag der Festlichkeiten nicht arbeiten, und ihr heiteres Lachen und fröhlicher Gesang drangen bis zu Mara, die fröstelnd und allein mit ihrer Angst in ihrem Zimmer saß.
    Die Dienerinnen strichen die letzte Schleife glatt und drückten die letzte glänzende Strähne an die richtige Stelle. Mit den gelockten Kringeln ihres schwarzen Haares erinnerte Mara an eine Figur aus Porzellan; ihre Wimpern und Brauen waren so fein wie in dem Meisterwerk eines Tempelmalers. »Tochter meines Herzens, Ihr habt niemals hübscher ausgesehen«, bekannte Nacoya.
    Mara lächelte mechanisch und stand auf, während die Ankleidefrauen das einfache weiße Gewand von ihrem Körper streiften und sie leicht mit Puder bestäubten, damit ihre Haut während der langen Zeremonie trocken blieb. Andere bereiteten das reichbestickte Seidengewand vor, daß nur für die Bräute der Acoma vorgesehen war. Als die faltigen alten Hände der Frauen das Unterkleid über ihren Hüften und dem flachen Bauch glattstrichen, biß Mara sich auf die Lippen; schon bald würden die Hände Buntokapis ihren Körper berühren, wo immer es ihm gefiel. Gegen ihren Willen brach ihr der Schweiß aus.
    »Es wird heute warm werden«, murmelte Nacoya. Ein wissender Schimmer flackerte in ihren Augen, als sie noch etwas mehr Puder dort verstreute, wo Mara ihn benötigen würde. »Kasra, bring deiner Herrin ein Glas kühlen San-Wein. Sie sieht blaß aus, und dabei haben die Aufregungen der Hochzeit noch nicht

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