Die Auserwaehlte
Ihr es bezweifelt. Und die Cho-ja sind niemandes Sklaven. Sie wählen selbst, mit wem sie verhandeln wollen. Und mich, die in gutem Glauben verhandelt hat, als Diebin zu bezeichnen, ist eine Beleidigung und verlangt nach einer Entschuldigung.«
Beide Lords sahen die Herrscherin der Acoma an. Sie mochte ein junges Mädchen sein, das sich beleidigt gab, aber angesichts der bewaffneten und anscheinend gut ausgebildeten Kompanie, die nur auf ein Wort von ihr wartete, um eine solche Entschuldigung zu erzwingen, legte sich ein Teil ihrer Wut. Dennoch ließen sie sich von Maras unerwarteter Kühnheit nicht einschüchtern. Der Lord der Inrodaka zischte etwas vor Entrüstung, und sein Verbündeter schüttelte die Faust mit den wurstigen Fingern. Ihr ungehöriges Verhalten hätte komisch wirken können, wären nicht die finsteren Reihen bewaffneter Krieger hinter ihnen gewesen.
»Ihr habt mich gekränkt, mich gezwungen, mein Wort gegenüber einem treuen Verbündeten zu brechen«, wütete der Lord der Inrodaka. Er schien jedoch immer noch eher diskutieren als kämpfen zu wollen. »Ich hatte den Ekamchi die alleinigen Rechte über die Verhandlungen mit der Königintochter zugesichert. Verrat gab Euch mein Geheimnis preis!«
Jetzt begriff Mara. Der Mann verdächtigte die Acoma, einen Spion in seinem Haushalt untergebracht zu haben. Arakasi hatte einige Wochen als Gast der Inrodaka verbracht; wenn ihn jetzt jemand erkannte, mochte leicht ein Kampf daraus erwachsen. Mara sah sich verstohlen um und blinzelte schließlich verwirrt. Der Supai war verschwunden. Nach einem weiteren vorsichtigen Blick machte sie ihn schließlich zwischen den Soldaten aus, aber selbst dort hatte sie Schwierigkeiten, ihn zu entdecken. Er war eins geworden mit den Reihen der Acoma-Krieger und stand bereit zum Kampf, den Helm etwas tiefer über den Nasenhöcker gezogen und das Kinn nach vorn geschoben, damit es eckiger wirkte als sonst. Es war unwahrscheinlich, daß man ihn erkannte. Erleichtert versuchte Mara den offenen Konflikt zu vermeiden. »Mylord, ich übernehme keine Verantwortung für den Bruch eines Eurer Versprechen, das zu geben Ihr keinerlei Recht hattet. Die Cho-ja entscheiden selbst darüber. Und was die Einweihung in Eure Geheimnisse angeht: ›… die Cho-ja sind die ersten mit Neuigkeiten und frühem Obst.‹ Wenn Ihr sie fragt, werden sie Euch erklären, daß ein jeder Schwarm genauestens über die Angelegenheiten der anderen informiert ist. Ob Eure Arbeiter, Diener oder Sklaven Euer Land verlassen haben oder nicht, die Nachricht war ohnehin im ganzen Kaiserreich verfügbar. Ich war einfach zuerst da. Ihr hättet mich nicht davon abhalten können, Mylord. Und schließlich – seit wann spielen die Acoma das Kindermädchen für die Ehre der Inrodaka?«
Der Lord der Inrodaka schäumte vor Wut. Sein Verbündeter, der Lord der Ekamchi, machte den Eindruck, als hätte er das Ganze satt und würde sich an einen anderen Ort wünschen. Doch die Ehre verhinderte seinen Aufbruch, als der Lord der Inrodaka sagte: »Für diese Überheblichkeit werdet Ihr mein Land nicht lebend verlassen!«
Mara begegnete seiner Drohung mit Stolz und steinerner Ruhe. Sie durfte nicht nachgeben, denn eine solche Feigheit würde den Gebeinen ihrer Ahnen Schande bereiten. Ihr Herz pochte wild vor Furcht, aber sie sah ihre Männer kampfbereit in Position; sie ließen keinerlei Unsicherheit darüber erkennen, daß die Chancen nicht sehr gut für sie standen. Sie nickte kurz in Keyokes Richtung.
Der Kommandeur gab den Kriegern der Acoma das Zeichen, die Waffen zu heben. Gleichzeitig, wie ein unvollkommenes Spiegelbild, befahlen auch die Kommandeure der Inrodaka und Ekamchi ihren Männern, sich bereitzuhalten.
Das Klirren der Klingen und das Quietschen der Rüstungen ließen Maras Herz schneller schlagen. Sie versuchte ein letztes Mal zu verhandeln: »Wir haben nicht den Wunsch nach einer Auseinandersetzung, vor allem, da wir nichts getan haben, wofür wir uns verteidigen müßten.«
Die Antwort des Lord der Inrodaka erklang klar in der Morgenluft: »Ihr werdet nicht ohne Kampf von hier abziehen.«
Nur noch einen Herzschlag von übereiltem Blutvergießen entfernt, hielt Mara dem Zorn des alten Mannes stand, während sie sich stürmisch flüsternd mit Keyoke beriet. »Können wir auf die Allianz mit der jungen Königin zählen?«
Keyoke blickte unverwandt auf die feindlichen Streitkräfte. »Lady, die alte Königin regiert diesen Schwarm hier, und sie ist mit den
Weitere Kostenlose Bücher