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Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Titel: Die Auserwählte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Bosworth
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größer war als ich. Wann war das passiert?
    Im Haus betrachtete ich mein Spiegelbild in dem Zierspiegel, der in unserem Flur an der Wand hing. Der Spiegel war während des Bebens heruntergefallen, aber wie durch ein Wunder heil geblieben, bis auf einen langen Sprung, der diagonal durch das Glas verlief. Zumindest war er nicht ganz zersplittert. Ich nahm an, dass uns das von der Sieben-Jahre-Pech-Klausel entband.
    Ich erkannte das Gesicht kaum wieder, das mir aus dem Spiegel entgegenstarrte und durch den Sprung im Glas von einer gezackten, blitzförmigen Linie geteilt wurde. Mein Haar war zerzaust und grau vor Asche und Sand. Auf meinen Wangen befanden sich Rußstreifen. Meine Augen waren mehr als rot. Sie waren von Äderchen durchzogen, als wären die Blitzschlag-Narben auf meiner Haut in meine Augen gekrochen.
    Ich kehrte meinem Spiegelbild den Rücken zu. So wollte ich mich nicht sehen.
    »Wie geht’s Mom?«, fragte ich mit unsicherer Stimme.
    Parker zuckte mit den Schultern. »Sie ist noch nicht aus ihrem Zimmer gekommen, aber ich höre den Fernseher nicht mehr. Ich glaube, sie schläft.«
    Ich nickte, ging in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Die Erinnerung an Jeremys Hitze war auf meiner Haut noch immer lebendig wie ein Sonnenbrand. Ich stand bei geöffneter Kühlschranktür da und badete in dem frostigen Luftzug. Am liebsten wäre ich hineingeklettert und hätte die Tür hinter mir zugemacht, um die Welt auszusperren und eine Weile in Kälte und Dunkelheit zu sitzen. Manchmal wurde die Hitze meines Körpers für mich so unerträglich, dass ich ihn einfach nur abschalten wollte. Alles abschalten wollte.
    »Was ist beim Dealer passiert?«, fragte Parker.
    »Er hat mir mein Geld geklaut und mich anschließend rausgeschmissen«, erwiderte ich, um es kurz zu machen.
    »Alles?«
    »Ja.«
    »Was machen wir jetzt?«
    Darauf hatte ich keine Antwort. Ich machte den Kühlschrank zu. »Ich gehe ein bisschen nach oben.«
    »Mia?«
    »Ja?«
    »Ich habe mir überlegt … Werd jetzt nicht sauer, okay? Ich mache nur einen Vorschlag. Vielleicht … vielleicht sollten wir mit Mom zu einer von diesen Erweckungsversammlungen gehen. Die am Strand.«
    Ich brauchte einen Moment, um zu verarbeiten, was er gesagt hatte. Die Erweckungen am Strand … Prophets Erweckungen.
    Lassen Sie uns nicht zu Prophet gehen.
    Er manipuliert Leute wie uns.
    Er verändert uns. Er legt seine Hände auf uns und verändert uns.
    Ein Gewicht von der Größe einer Kanonenkugel landete in meinem Magen. »Warum sollten wir das tun?«
    »Na ja …« Er holte tief Luft und setzte zu seinem Sermon an. »Ich habe da was über religiösen Mystizismus gelesen. In Kirchen und Kulten und so sind alle möglichen seltsamen Dinge passiert. Leute mit tennisballgroßen Tumoren bekommen einen Segen, und plötzlich ist der Tumor verschwunden, als wäre er nie da gewesen. Oder Leute gehen durchs Feuer oder über Glasscherben oder lassen sich von tödlich giftigen Schlangen beißen und bleiben unversehrt. In Afrika gibt es Volksstämme, die Rituale begehen, damit es während einer Dürre regnet, und manchmal funktioniert es. Plötzlich taucht aus dem Nichts ein Gewitter auf.«
    »Parker …«
    »Manche glauben, Gott würde mithilfe dieser Menschen Wunder vollbringen. Andere dagegen denken, wenn man … wenn man genug Leute versammelt, die alle an dasselbe glauben oder sich alle dasselbe wünschen, dann geht der Wunsch in Erfüllung. Das nennt man konzentriertes oder kollektives Bewusstsein oder so ähnlich. Man wünscht sich, dass etwas geschieht, und es geschieht tatsächlich. Vielleicht ist es das Gleiche wie das, was die Suchenden über den Funken gesagt haben: dass sich alles um konzentrierte Energie und die Macht der Gedanken dreht. Bei diesen Wundern geht es darum, was man glaubt und wie fest man daran glaubt, verstehst du?«, fuhr er fort. »Vielleicht funktioniert es bei Mom genauso, wie es bei den Leuten funktioniert hat, die Erdbebenfieber hatten. Sie glaubt an das Zeug, das Prophet ständig erzählt, und wenn sie daran glaubt, dass er sie heilen kann …«
    »Nein«, sagte ich.
    »Warum können wir es nicht wenigstens versuchen? Wir könnten doch mit ihr zu einer von Prophets Erweckungen gehen und sehen, was passiert.«
    Ich schüttelte den Kopf. Irgendwo tief in mir spürte ich vage Wut aufsteigen. Vor allem aber fühlte ich mich erschöpft.
    »Möchtest du wirklich mit Mom zu Prophet gehen?«, fragte ich ihn. »Denkst du etwa, wir sollten es

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