Die Auserwählte: Roman (German Edition)
rannten. Rannten zum Rand des Dachs, als Blitze den Tower angriffen. Einige der Tänzer sprangen ins Nichts. Ich hörte sie im Fallen schreien. Andere reichten sich die Hände und bildeten einen Ring, der stetig wuchs, bis der Tower eingekreist war. Sie waren nicht genug, um den Kreis zu schließen, und ich war froh darüber, da ich insgeheim wusste, sie würden das Gewitter stoppen, wenn sie den Kreis schlossen. Und ich wollte nicht, dass sie das Gewitter stoppten. Das war mein Gewitter, und ich wollte, dass es lebt. Ich streckte die Hände in den Himmel aus und fühlte Erregung angesichts dessen, was kommen würde.
Donner krachte.
Ich spürte, wie meine elektrische Aufladung nach oben stieg, um dem Blitz zu begegnen. Um sich mit ihm zu verbinden. Um …
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»Hey! Sie da! Hände weg von ihr!«
Jeremy zog die Hände zurück. Ich blinzelte, als würde mir jemand mit einem grellen Licht direkt in die Pupillen leuchten.
»Verschwinden Sie, Sie Perverser!«
Jeremy trat einen Schritt zurück und hob abermals die Hände, dieses Mal jedoch, um zu zeigen, dass sie leer waren.
Wir starrten einander an und atmeten beide keuchend. Doch Jeremy zitterte nicht mehr, und der Schmerz in seinen Augen war verschwunden.
»Verstehst du jetzt?«, fragte er. »Begreifst du jetzt?«
Meine Haut kribbelte mit solcher Intensität, dass ich glaubte, Jeremy müsse es hören können. Mein ganzer Körper brannte vor Fieber. Ich befahl meinem Herzen, sich abzukühlen. Es fühlte sich an wie eine Glühbirne, die jeden Moment platzen würde.
»Haben Sie nicht gehört? Ich habe gesagt, verschwinden Sie!«
Ich drehte mich um und sah Milizionär Brent mit seinem Taser in der Hand auf uns zujoggen.
»Alles okay!«, rief ich ihm zu.
»Von wegen! Er ist der Stalker!«
Ich wandte mich wieder Jeremy zu und sah, dass er zurückwich und vom Bürgersteig auf die Straße trat. »Was war das? Was hast du mit mir gemacht?«
»Kommen Sie mal her, Freundchen!«
»Ich verschwinde lieber«, sagte Jeremy und warf Milizionär Brent einen nervösen Blick zu. Dann ging er schnell in die Richtung, aus der wir gekommen waren. Ich versuchte, ihn am Arm zu packen, doch er ließ sich nicht aufhalten.
Er warf mir einen Blick über die Schulter zu. »Geh nicht in die Wüste, Mia. Halt dich von der Wüste und von den Suchenden fern.«
Dann bog er um eine Ecke und verschwand. Ich wäre ihm hinterhergelaufen, doch genau in diesem Moment erreichte mich Milizionär Brent mit einem selbstzufriedenen Blick.
»Ich glaube, dieses Mal habe ich ihn endgültig verscheucht«, sagte mein selbst ernannter Bodyguard mit stolz gewölbter Brust.
Ich starrte ihn wütend an. »Ja«, sagte ich. »Vielen Dank.«
»Kommen Sie.« Er tätschelte mir den Rücken. »Ich sorge dafür, dass Sie sicher nach Hause kommen. Und, sind Sie nicht froh, dass ich Ihnen das Pfefferspray gegeben habe?«
Ich schob meine Verärgerung über ihn beiseite und nickte. »Sie haben ja gar keine Vorstellung.«
11
P arker musste durchs Fenster Ausschau nach mir gehalten haben, da er in dem Augenblick, als ich ins Blickfeld unseres Hauses kam, die Tür öffnete.
»Sie sollten jetzt gehen«, sagte ich zu Milizionär Brent. »Wir kommen schon zurecht.«
»Sind Sie sicher?« Er zog eine Augenbraue hoch. »Was ist, wenn der Stalker zurückkommt?«
»Er ist nicht gefährlich.« Ich rang mir ein Lächeln ab. »Genau genommen ist er mir heute zu Hilfe gekommen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er einer von den Guten ist.«
Milizionär Brent nickte. »Wenn Sie das sagen. Passen Sie auf sich auf, Mia Price.« Parker trat in diesem Moment neben mich. »Werfen Sie ein Auge auf Ihre Schwester, mein Junge«, sagte der Milizionär und klopfte Parker so fest auf den Rücken, dass dieser fast das Gleichgewicht verlor. »Sie beide sollten sich aus Schwierigkeiten heraushalten.«
Bevor er ging, salutierte er steif.
»Was ist passiert?«, wollte Parker wissen, nachdem sich Milizionär Brent außer Hörweite befand. »Deine Augen sind rot. Hast du geweint?«
»Ich habe die Medikamente nicht bekommen.« Meine Stimme drang kratzig aus meiner Kehle, die sich noch immer wund anfühlte.
Ich rechnete mit einem: »Ich habe dir doch gesagt, du sollst nicht gehen.« Doch Parker nickte nur. »Schon okay. Wir lassen uns was anderes für Mom einfallen.« Er legte mir den Arm um die Schulter und führte mich ins Haus. Mir wurde zum ersten Mal bewusst, dass Parker inzwischen mindestens zwei oder drei Zentimeter
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