Die Auserwählte: Roman (German Edition)
habe.«
»Die Verbrennungen?«, fragte sie überrascht. »Die Ärzte sagen, dass sie verheilen werden. Ich brauche ein paar Hauttransplantationen, aber dann wird es mir wieder gut gehen. Besser als gut. Ich weiß nicht, was du getan hast, aber … du hast mich wieder gesund gemacht. Es geht mir jetzt besser.«
Ich schüttelte den Kopf, da ich nicht ganz verstand. »Was ist mit dem Mann von der Brücke?«
Sie schwieg einen langen Moment. »Er wird überleben«, sagte sie schließlich mit kaum hörbarer Stimme. »Es kommt jemand. Ich muss auflegen.« Sie deckte die Sprechmuschel ab, und ich hörte ihre gedämpfte Stimme, als sie mit jemand anderem sprach. Dann sagte sie: »Danke, Mia«, und legte auf.
13
I ch wachte schweißüberströmt auf. Meine durchnässte Bekleidung klebte wie feuchtes Papier an meiner fiebrigen Haut. Ich streifte sie ab, als ich ins Badezimmer stolperte und betete, dass die Wasserversorgung noch funktionierte. Als ich den Hahn aufdrehte, strömte Wasser in die Badewanne. Ich schloss den Abfluss, stieg in die Wanne, legte mich hin und ließ mir eiskaltes Wasser über die Füße laufen. Ich musste mich abkühlen, ehe ich schmolz. Ich zuckte zusammen, als zischend Dampf von meiner Haut aufstieg, doch das Fieber in meinem Blut ließ langsam nach.
Dann schloss ich die Augen und gab mir Mühe, nicht an meinen Traum zu denken. Doch in meinen Gedanken sah ich immer wieder Jannas versengten Körper verdreht in der Mitte der Brücke liegen; hörte immer wieder ihre Stimme sagen: Ich weiß nicht, was du getan hast, aber du hast mich wieder gesund gemacht.
Auch wenn es keinen Sinn ergab, es stimmte. Ich hatte in der Online-Ausgabe der Havasu News über Jannas wundersame Genesung gelesen. Meine Beteiligung war nicht erwähnt worden. Es hatte den Anschein, als wollte Lake Havasu City vergessen, dass ich jemals existiert hatte. Das war in Ordnung. Es gab Dinge, die auch ich vergessen wollte, wie zum Beispiel das, was ich dem Mann auf der Brücke angetan hatte.
Er hatte überlebt, aber es wäre vielleicht besser für ihn gewesen, wenn er nicht überlebt hätte.
Ich dachte darüber nach, was Rachel am Morgen in der Lounge zu mir gesagt hatte.
Erlösung. Das ist es doch, wonach du suchst, nicht wahr? Erlösung und Vergebung für das Unrecht, das du getan hast.
Vielleicht hatte sie Recht. Vielleicht brauchte ich tatsächlich Erlösung. Aber ich würde nicht in Rance Ridley Prophets Weißem Zelt danach suchen. Wenn ich mich irgendwie selbst reinwaschen konnte, dann indem ich meine Familie durch die nächsten Tage oder Wochen oder Monate brachte – oder wie lange es auch dauern mochte. Indem ich dafür sorgte, dass es Mom wieder besser ging. Indem ich sicherstellte, dass Parker nicht in Schwierigkeiten geriet. Indem ich uns wieder in Richtung Stabilität und Normalität steuerte. Wie mir dieses kleine Kunststück allerdings gelingen sollte, wusste ich nicht, deshalb beschloss ich, auch darüber nicht nachzudenken.
Stattdessen dachte ich an Jeremy.
Jeremy, der mich berührt und mich Blitze hatte sehen lassen. Der mich hatte brennen lassen.
Ich lud ihn in meine Gedanken ein, und dann stellte ich mich vor ihn und beobachtete, was geschah.
Und beobachtete.
Und beobachtete.
Ich entspannte mich im eiskalten Wasser. Meine Finger zeichneten die Blitzschlag-Narben auf meiner Haut nach, und mein Blut fing erneut an, sich zu erhitzen, meine Haut fing erneut an zu brennen, bis das Wasser in der Badewanne nicht mehr kalt war und mir heißer war als jemals zuvor. Aber es handelte sich um eine angenehme Hitze.
Um ein angenehmes Brennen.
14
A ls ich mich abgetrocknet und mir saubere Sachen angezogen hatte, war es nach sieben Uhr. Eigentlich hätte ich Heißhunger haben müssen, nachdem ich mittags nur ein paar Bissen gegessen hatte, doch mein Magen war zu voll mit Sorge, als dass darin für Hunger Platz gewesen wäre. Trotzdem war mir bewusst, dass ich etwas essen und sicherstellen musste, dass Mom und Parker ebenfalls etwas aßen. Mom war nicht die Einzige, die seit dem Beben abgenommen hatte. Parker und ich konnten beide unsere Rippen zählen.
In der Küche stellte ich fest, dass Parker unsere spärlichen Essensrationen bereits aus der Schachtel ausgepackt hatte. Unsere Nahrungsvorräte bestanden jetzt aus jeweils zwei Konservendosen Gemüse, Bohnen und Suppe, zwei Packungen Toastbrot, vier Packungen Instant-Haferbrei und einer Dose Milchpulver. Offenbar brauchten wir nicht mehr zum Überleben.
Ich machte
Weitere Kostenlose Bücher