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Die Auserwählte

Die Auserwählte

Titel: Die Auserwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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das Verrichten einer Notdurft nahm, wenn man bedachte, wie lange er fort war), fragte ich Zeb: »Warum trägt Boz seine Mütze verkehrt herum auf dem Kopf?«
    Zeb sah mich an, als hätte ich ihn gefragt, warum Boz Schuhe an seinen Füßen trug. »Ach. Na ja. Baseballmütze«, antwortete er verstockt.
    Die Stadt schien kein Ende zu nehmen; jedesmal, wenn ich dachte, wir hätten sie endlich hinter uns gelassen, stellte sich der Landschaftsflecken, auf den meine Annahme gründete, als ein Park oder Brachland heraus. Schließlich jedoch, während ich ganz versunken in der Orthographie las (Zeb war einige Zeit zuvor Richtung Toilette entschwunden), machte die Stadt einer ländlicheren Umgebung Platz, und als ich das nächste Mal hochschaute, fuhren wir durch eine ebene Landschaft aus Feldern und schmalen Straßen, durchsetzt mit Häusern, Dörfern und kleinen Städten, die unter einem Himmel mit kleinen Wolken vorbeisausten. Ich war zutiefst erleichtert, die erdrückende Geschäftigkeit der Großstadt hinter mir gelassen zu haben, als könnte meine von Störgeräuschen erstickte Seele endlich wieder frei und ungehindert atmen.
    Badleigh erwies sich als eine flache Stadt mit gespaltener Persönlichkeit: Eine dorfgleiche Altstadt mit niedrigen Gebäuden und verwinkelten Straßen auf der einen Seite der Bahngleise und eine kubische Landschaft aus höheren Backstein- und Betonbauten auf der anderen. Ein Gebäude, von dem ich zuerst annahm, es müsse sich noch in Bau befinden, stellte sich bei näherem Hinsehen – als der Zug abbremste und wir uns zum Aussteigen bereit machten – als ein in zahllosen, übereinander angelegten Ebenen bestehender Parkplatz heraus.
    *
    »Er sagt, es sind drei Meilen, I-sis«, erklärte Boz uns, nachdem er mit dem Mann am Fahrkartenschalter gesprochen hatte.
    »Gut!« rief ich freudig. »Ein kleiner Spaziergang.«
    »Kommt nicht in die Tüte, Mann«, sagte Boz und grinste hinter seiner dunklen Sonnenbrille. »Ich rufe uns ein Taxi.« Er trollte sich Richtung Ausgang.
    »Für einen Weg von gerade mal drei Meilen?« fuhr ich Zeb empört an.
    »Großstadt«, erwiderte Zeb achselzuckend, dann schien er zu überlegen. Seine Miene erhellte sich kurz. »Landstraßen«, sagte er mit der Andeutung von Stolz, wie ich vermeinte. Er nickte zufrieden. »Landstraßen«, wiederholte er und klang zutiefst befriedigt.
    »Landstraßen?« fragte ich.
    »Landstraßen. Schmal. Kein Bürgersteig. Autos. Schnell. Zu Fuß gehen. Gefährlich.« Er zuckte mit den Achseln. »Landstraßen.« Er drehte sich um und ging zu den Türen, hinter denen man Boz in ein Auto einsteigen sehen konnte.
    »Landstraßen«, murmelte ich und sah mich gezwungen, meinen Gefährten zu folgen.
    *
    »Nun, es tut mir leid, Kindchen, aber du kannst nicht auf dem Sitz knien.«
    »Aber ich könnte mir den Gurt umlegen!« erwiderte ich und zog den widerstrebenden Sicherheitsgurt mit einiger Mühe weit genug heraus.
    »Darum geht es nicht, Kindchen. Die Vorschriften besagen, daß meine Fahrgäste sitzen müssen. Wenn du kniest, sitzt du nicht, oder?«
    »Könnte ich auf dem Boden sitzen?« fragte ich.
    »Nein, ich denke nicht.«
    »Aber dann würde ich doch sitzen!«
    »Ja, aber nicht auf einem Sitz; du würdest nicht auf einem Sitz sitzen, verstehst du? Hat sie irgendwas, Kumpel?«
    »Das Mädel ist exzentrisch, Mann; sie kommt aus Schottland. Tut mir leid. He, I-sis, der Mann glaubt ja langsam, er hätte irgendeine Irre in seinem Wagen – «
    »Nun, eigentlich dachte ich an Hämorrhoiden oder so was…«
    »- er wird uns noch auffordern, auszusteigen und zu Fuß zu gehen, wenn du dich nicht hinsetzt. Tut mir leid, Mann, lassen Sie schon mal die Uhr laufen; wir kriegen das hier geregelt.«
    »Hören Sie«, sagte ich, »haben Sie denn kein Brett oder irgend etwas Hartes, auf dem ich sitzen könnte?«
    Der Taxifahrer drehte sich zu mir um. Er war ein kleiner Kerl mit einer beunruhigend dicken Brille. »Etwas Hartes, zum drauf Sitzen?« sagte er, dann sah er Boz an. »Sehen Sie, ich hab’s ja gewußt.«
    Er griff neben seinen Sitz und reichte mir ein großes Buch. »Hier ist ein Stadtplan; wird das gehen?«
    Ich probierte es; der verknickte Einband gab ein wenig nach. »Das wird genügen. Vielen Dank, Sir.«
    »Alles Dienst am Kunden«, erklärte er und drehte sich wieder nach vorn um. »Kein Grund, verlegen zu sein. Hatte mal dasselbe Problem, auch wenn man gewöhnlich keine so jungen Leute damit sieht, oder?«
    »Nein«, pflichtete ich bei,

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