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Die Auserwählte

Die Auserwählte

Titel: Die Auserwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Arme noch immer ausgestreckt, den Po in die Höhe gereckt. Der Hund schaute mich verwirrt an und bremste etwas in seinem Lauf ab; ich wiederholte die Bewegung, und zu meiner immensen Erleichterung verfiel das riesige Tier in ein ruhiges Schritt-Tempo und stieß schnüffelnde, schnaubende Laute aus. Ich wiederholte die Bewegung abermals. Der Hund zögerte, schaute sich um und kam dann zu mir herübergetappt. Ich machte dieselbe Bewegung – »laß uns spielen« auf hündisch – und senkte den Blick, als das Tier mich anknurrte. Als ich wieder hochsah, wedelte der Hund mit dem Schwanz. Er kam heran und beschnüffelte mich.
    Wie ich schon sagte, ich habe eine Gabe. Wenn ein großer Hund auf einen zugestürmt kommt, ist es für die meisten Menschen sicher die bei weitem bessere Idee, die Beine in die Hand zu nehmen und wegzulaufen.
    Wie dem auch sei – eine Minute später hockte ich auf dem Gras, streichelte meinen neuen sabbernden, hechelnden Freund und sah zu Zeb und Boz hinüber, die mich von der anderen Seite der Pforte aus anstarrten.
    »Kommst du mit dem Viech zurecht, I-sis?«
    »Bis jetzt ja«, rief ich zurück. »An eurer Stelle würde ich aber noch nicht hereinkommen; ich werde mal schauen, was er davon hält, wenn ich aufstehe, dann werde ich zur Haustür gehen.«
    Das Tier knurrte, als ich Anstalten machte, mich zu erheben; ich hätte schwören können, daß die Erde bebte. Ich entschied, daß sich in diesem Fall die Würde der Zweckdienlichkeit beugen mußte, und so kroch ich auf allen vieren zur Haustür, begleitet von dem riesigen Hund, der zufrieden neben mir hertappte. Ich streckte die Hand hoch und läutete die Türglocke. Der Hund bellte lautstark, so daß seine Stimme auf der offenen Veranda widerhallte, dann rannte er weg und verschwand hinter der Hausecke, hinter der er hervorgeschossen war. Ich stand auf.
    Es dauerte eine Weile, bis die Tür von einem hochgewachsenen jungen Mann mit gesträhntem blondem Haar ein Stück weit geöffnet wurde. Ich kam augenblicklich zu dem Schluß, daß es sich nicht um Mr. Leopold handelte; Cimmerias Beschreibung von ihm und auch der Ort, an dem er sein Büro hatte, wollten mir nicht zu dem braungebrannten, durchtrainiert aussehenden Jüngling passen, der dort vor mir stand; nach dem vertikalen Ausschnitt von ihm zu urteilen, den ich durch den Türspalt sehen konnte, trug er eine Schirmmütze (wie die von Boz, aber verkehrt herum), ein T-Shirt und Jeans.
    »Ja? Was wollen Sie?«
    »Ah, guten Tag. Mein Name ist Isis Whit.« Ich streckte die Hand aus. Der junge Mann sah mir in die Augen, die Stirn argwöhnisch gerunzelt. »Freut mich, Sie kennenzulernen«, fuhr ich lächelnd fort, während ich mit der anderen Hand meinen Hut abnahm. Ich deutete mit meinem Blick auf meine Hand und räusperte mich höflich. Der junge Mann starrte mich weiter argwöhnisch an; meine Hand ergriff er nicht. »Entschuldigen Sie bitte, Sir; ich biete Ihnen meine Hand zum Gruße an. Ich hatte allgemein gehört, daß man auch in diesem Teil des Landes gute Manieren kennt.«
    Sein Gesichtsausdruck wurde noch grimmiger. »Wie bitte?«
    »Sir«, sagte ich streng und hielt meine Hand beinahe vor sein Gesicht.
    Vielleicht lag es einfach daran, daß sich Beharrlichkeit bei derartigen Menschen auszahlt; er starrte meine angebotene Hand an, als sähe er zum ersten Mal eine, dann streckte er schließlich zögernd seine eigene Hand aus und schüttelte die meine.
    »Na also, das war doch gar nicht so schwer, oder?« sagte ich und setzte meinen Hut in einem kecken Winkel wieder auf meinen Kopf. Der Gesichtsausdruck des jungen Mannes war etwas freundlicher geworden. »Es tut mir sehr leid, Sie und Ihren prächtigen Hund stören zu müssen, aber ich bin auf der Suche nach einer jungen – «
    »Wo ist Tyson?« fragte er barsch, und seine Miene verdüsterte sich abermals.
    »Wie bitte?«
    »Tyson«, sagte er. Er schaute über meinen Kopf hinweg auf den Rasen und ließ besorgt seinen Blick schweifen. Ich wagte eine Vermutung, wer Tyson war.
    »Der Hund? Er ist wohlauf und gut bei Stimme.«
    »Und wo ist er?«
    »Er hat mich hier zur Tür begleitet und ist dann wieder hinter das Haus gelaufen, als die Glocke schellte.«
    »Was wollen Sie?« fragte er argwöhnisch und ließ die Tür ein Stück weiter aufschwingen, um zu zeigen, daß er in seiner anderen Hand einen langen, polierten Holzstock hielt.
    »Du meine Güte«, sagte ich. »Was ist denn das?«
    Er bedachte mich mit einem Blick nicht unähnlich dem,

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