Die Auserwählte
den ich von Zeb im Zug erhalten hatte, als ich mich nach der Ausrichtung von Boz’ Mütze erkundigt hatte. »Das ist ein Baseballschläger, was sonst?« erklärte er mir.
Es schoß mir durch den Sinn, ihn zu fragen, ob er ihn auch richtig herum hielte, aber ich nickte nur anerkennend. »Ach wirklich?« erwiderte ich. »Nun, wie ich schon sagte, mein Name ist Isis Whit; ich bin auf der Suche nach meiner Cousine, Morag Whit. Mir wurde gesagt, daß Mr. Francis Leopold ihr Manager sei und daß er hier wohne, daher suche ich nach ihm. Es ist so, daß meine Familie sich große Sorgen um Morag macht, und ich würde wirklich gern – «
»Spanien«, sagte der junge Mann unvermittelt.
»Spanien?« fragte ich verständnislos.
»Spanien«, wiederholte er. »Sie wissen schon, das Land.«
»Mr. Leopold ist in Spanien?«
Der Bursche schaute verdrossen drein. »Nun, nein.«
»Er ist nicht in Spanien.«
»Nein; wir wollten hinfahren, ja, aber…« Er verstummte, und sein Blick fixierte etwas hinter mir.
»Steuerfahndung?« warf ich fröhlich ein.
»Woher wissen Sie das?« fragte er und fixierte mich abermals mit einem grimmigen Blick.
»Schlechte Nachrichten verbreiten sich schnell, wie man so sagt.«
Er blickte wieder hinter mich. Er nickte. »Und wer sind die da?« Er hob den Baseballschläger.
Ich drehte mich um und sah Zeb und Boz, die zögernd über den Gartenweg herankamen. Zeb winkte. »Der hagere Weiße ist mein Cousin Zebediah«, erklärte ich dem jungen Mann. »Der große Schwarze ist unser Freund Boz.«
»Und was wollen die?« fragte der Bursche und klatschte den Baseballschläger in seine Handfläche. In diesem Moment hörte ich Tyson bellen. Zeb und Boz machten augenblicklich auf dem Absatz kehrt und rannten zurück zur Straße; Tyson tauchte hinter der Hausecke auf, jagte ihnen hinterher, brach die nicht wirklich ernstgemeinte Verfolgung aber auf halbem Wege ab, dann kam er schwanzwedelnd über den Rasen zu uns herüber, wobei er kurz innehielt, um einen kleinen Gummiball aufzuheben, von dem ich zuerst glaubte, er hätte ihn verschluckt, bis ich sah, daß der Ball fest zwischen den mächtigen Kiefern des Tiers eingeklemmt war. Tyson gesellte sich zu uns auf die Veranda und ließ mir den Ball vor die Füße fallen. Ich ging in die Hocke, und der Hund ließ sich von mir genüßlich unter dem Kinn kraulen.
»Wie haben Sie das gemacht?« fragte der junge Mann verblüfft.
»Ich kann gut mit Tieren«, erklärte ich, während ich Tysons Rücken streichelte und das Tier anlächelte.
»Wie bitte?« sagte der junge Mann, seine Stimme plötzlich schrill.
»Ich kann gut mit Tieren«, wiederholte ich und sah zu ihm hoch.
»Oh.« Er stieß einen Laut aus, der fast wie ein Lachen klang. »Ach so.« Er tätschelte Tysons Kopf; das Tier knurrte. »Wie dem auch sei«, sagte er. »Sie ist nicht hier.«
»Wer? Morag?« fragte ich, während ich eine Hand auf Tysons Rücken behielt und vorsichtig aufstand; ich konnte spüren, wie das Tier vibrierte, aber es war kein Knurren zu hören.
»Ja, sie ist nicht hier.«
»Herrje. Wo…?«
»Sie ist weg.«
»Weg? Tatsächlich? Nun, so wird es wohl sein, oder? Ich nehme an… Wo…?«
»Auf ’ner Elfenfarm.«
»Haha; das habe ich nicht ganz verstanden…?«
»Sie ist auf einer – «
In diesem Moment klingelte irgendwo hinter ihm ein Telefon. Er schaute hinter sich in die Diele, dann sah er mich an, dann Tyson. »Telefon«, sagte er und schloß die Tür bis auf einen kleinen Spalt. Ich hörte ihn sagen: »Hallo?« dann: »Ja, hallo, Mo«, und einen Augenblick lang war ich zutiefst verwirrt und fragte mich, warum mein Onkel Mo hier anrufen sollte, doch dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Das war höchstwahrscheinlich Morag!
Ich sah Tyson an und lächelte. Der Hund knurrte. Ich legte einen Finger an die Türkante und drückte ganz leicht dagegen, so daß es aussah, als hätte der Wind sie aufgeweht. Der junge Mann stand vielleicht zwei, drei Meter entfernt in der Diele neben einem kleinen Tisch mit dem Telefon. Er hielt noch immer den Baseballschläger in der Hand. Er blickte stirnrunzelnd zu mir herüber. Ich grinste, als könne ich kein Wässerchen trüben, dann bückte ich mich und hob Tysons Gummiball auf. Der Ball war alt und zerkaut und porös; die Gummioberfläche war mit dem kalten, schleimigen Speichel des Tiers bedeckt. Ich warf den Ball auf den Rasen. Tyson setzte ihm augenblicklich nach.
»Ja, hab ich«, sagte der junge Mann in den Hörer und
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