Die Auserwählten - Im Labyrinth (German Edition)
Zwecklos – jeder Zentimeter der Steinwand war mit dem öligen Zeug bedeckt; er fand nirgends Halt.
Die Schreie der anderen Lichter hallten von den Wänden wider, während sie die schmierige Röhre hinunterrutschten. Thomas verfiel in Panik. Er konnte den Gedanken nicht loswerden, dass sie von einem riesigen Ungeheuer verschluckt worden waren, seine lange Speiseröhre runterrutschten und jeden Augenblick in seinem Magen landen würden. Im Einklang mit seinen Gedanken schlug der Geruch plötzlich um – irgendwie schimmlig und vergammelt. Er würgte und musste sich zusammenreißen, um sich nicht zu übergeben.
Dann kamen Kurven. Die Röhre verlief jetzt spiralförmig und sie rutschten langsamer. Thomas stieß gegen Teresa, traf sie mit den Füßen am Kopf und prallte wieder zurück. Aber es ging immer noch abwärts. Die Zeit zog sich endlos hin.
Sie rutschten weiter die Kurven der Röhre hinab. Thomas’ Magen rebellierte – der Schleim, der seinen Körper umgab, der Geruch, die Kreisbewegung. Gerade als er den Kopf zur Seite beugen und sich übergeben wollte, hörte er Teresas spitzen Schrei – diesmal ohne Echo. Eine Sekunde später schoss er aus dem Tunnel und landete auf ihr.
Überall lagen die Jungen übereinander und ineinander verheddert, stöhnten und versuchten sich benommen aus dem Durcheinander zu befreien. Thomas rutschte mit einiger Mühe von Teresa herunter und kroch ein paar Meter zur Seite, um seinen Mageninhalt loszuwerden.
Immer noch zittrig von der Tortur, wischte er sich den Mund mit der Hand ab, die allerdings voll dreckigem Schleim war. Er hockte sich hin, versuchte seine Hände am Boden abzuwischen und betrachtete den Raum, in dem sie gelandet waren. Die anderen standen zusammengedrängt in einer Gruppe.
Bei der Verwandlung hatte Thomas diesen Ort kurz gesehen, aber bis zu diesem Moment konnte er sich nicht wirklich daran erinnern.
Sie befanden sich in einer Halle unter der Erde, in der ihr Gehöft mehrmals Platz gehabt hätte. Von der Decke bis zum Boden war der Raum mit Maschinen, Kabeln, Rohren und Computern vollgestopft. Auf der einen Seite, rechts von ihm, standen etwa vierzig große, weiße Kapseln, die wie riesige Särge aussahen. Auf der gegenüberliegenden Seite befanden sich große Glastüren, aber durch die Beleuchtung konnte er nicht erkennen, was dahinterlag.
»Da, seht mal!«, rief jemand. Thomas hatte es ebenfalls bemerkt, aber es hatte ihm die Sprache verschlagen. Er bekam eine Gänsehaut und kalte Schauer liefen ihm den Rücken hinunter.
Direkt vor ihnen erstreckte sich eine lange Reihe von etwa zwanzig nebeneinander angeordneten, dunkel getönten Fenstern. Hinter jedem saß eine Person – einige Männer, einige Frauen, alle blass und dünn – und beobachtete die Lichter mit zusammengekniffenen Augen durch die Scheiben. Thomas zitterte vor Entsetzen – sie sahen aus wie Gespenster. Die wütenden, ausgehungerten, düsteren Geister von Menschen, die nie in ihrem Leben glücklich gewesen waren.
Doch Thomas wusste, dass es keine Gespenster waren. Es waren die Leute, die sie auf die Lichtung geschickt hatten. Die ihnen ihr Leben weggenommen hatten.
Die Schöpfer.
Thomas trat einen Schritt zurück, die anderen ebenfalls. Eine Totenstille schien alles Leben in sich aufzusaugen, während die Lichter auf die Fensterreihe starrten, hinter der ihre Beobachter saßen. Thomas sah, wie einer nach unten schaute und etwas aufschrieb, ein anderer sich eine Brille aufsetzte. Sie trugen schwarze Kittel über weißen Hemden, auf deren rechte Brusttasche ein Wort aufgestickt war – er konnte nicht genau erkennen, welches. Keines der Gesichter zeigte irgendwelche Regungen – alle waren hager und blass, elend und traurig anzusehen.
Sie starrten die Lichter immer noch an; ein Mann schüttelte den Kopf, eine Frau nickte. Ein anderer Mann kratzte sich an der Nase – das Menschlichste, was Thomas bisher an diesen Wesen bemerkt hatte.
»Wer sind diese Leute?«, flüsterte Chuck, dessen Stimme heiser durch den Raum hallte.
»Die Schöpfer«, sagte Minho und spuckte auf den Boden. »Ich mach euch fertig!«, schrie er so laut, dass Thomas sich fast die Ohren zugehalten hätte.
»Was sollen wir jetzt tun?«, fragte Thomas. »Worauf warten sie?«
»Wahrscheinlich haben sie die Griewer wieder aktiviert«, sagte Newt. »Sie kommen vielleicht gerade –«
Er wurde von einem lauten, langsamen Piepton unterbrochen, der wie das Warnsignal eines rückwärtsfahrenden Lkws
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