Die Auserwählten - Im Labyrinth (German Edition)
wohl lächerlich!« Er zeigte auf Minho, der sich wieder hingesetzt hatte. »Für eine derartig beknackte Empfehlung müsste er eigentlich sofort aus dem Rat verstoßen werden!«
Jedes noch so kleinste Fünkchen Mitleid, das Thomas mit Gally empfunden hatte, war wie weggeblasen.
Einige der Hüter schienen Minhos Vorschlag gutzuheißen – Bratpfanne klatschte laut, um Gally zu übertönen, und drängte auf Abstimmung. Andere nicht. Winston schüttelte mit ernster Miene den Kopf und sagte etwas, das Thomas nicht verstehen konnte. Als dann alle gleichzeitig durcheinanderredeten, vergrub Thomas den Kopf in den Händen. Warum hatte Minho bloß so etwas gesagt? Muss ein Witz sein, dachte er. Newt hat selbst gesagt, dass es ewig dauert, bis man Läufer wird, ganz zu schweigen vom Hüter der Läufer . Er blickte wieder auf und wünschte, er wäre meilenweit entfernt.
Newt wurde es jetzt zu bunt; er legte den Notizblock hin, trat in die Mitte des Halbkreises und schrie alle an, sie sollten die Klappe halten. Thomas sah stumm zu, während keiner Newt zu hören oder beachten schien. Allmählich kehrte jedoch wieder Ruhe ein und alle setzten sich.
»Was für ein Klonk!«, sagte Newt. »Ich habe noch nie so viele Strünke gesehen, die sich wie die Heulbabys benehmen. Auch wenn es nicht danach aussieht: In diesem Zimmer sind wir Erwachsene. Verhaltet euch gefälligst auch so, sonst löse ich diesen Arschrat auf und wir müssen wieder bei null anfangen.« Er ging von einem Ende der halbrunden Stuhlreihe zum anderen und sah allen in die Augen. »Ist das klar?«
Still saß die Gruppe da. Thomas erwartete noch weitere Ausbrüche, sah aber zu seiner Verwunderung, dass alle zustimmend nickten, sogar Gally.
»Okay.« Newt ging zurück zu seinem Platz und setzte sich, den Block auf dem Schoß. Er strich ein paar Zeilen auf dem Blatt durch und sah dann Minho an. »Das ist ja ganz schön harter Stoff, Bruder. Du musst deinen Antrag noch weiter begründen, damit wir drüber abstimmen können.«
Thomas war gespannt, was Minho sagen würde.
Der wirkte erschöpft, führte aber seinen Vorschlag weiter aus: »Ihr Strünke habt gut reden, ihr hockt da und redet rum, obwohl ihr von Tuten und Blasen keine Ahnung habt. Ich bin der einzige Läufer in dieser Gruppe, und der Einzige von euch, der überhaupt je im Labyrinth gewesen ist, ist Newt.«
Gally unterbrach ihn: »Nicht wenn du das Mal mitzählst, als ich –«
»Das zähl ich nicht mit!«, schrie Minho. »Und glaub’s mir, weder du noch sonst einer hier hat den blassesten Schimmer, was es bedeutet, da draußen unterwegs zu sein! Du bist nur deswegen gestochen worden, weil du gegen dieselbe Regel verstoßen hast wie Thomas, und ihm willst du das jetzt ankreiden. Das nennt man Heuchelei, du neppiges Stück –«
»Das reicht«, unterbrach Newt. »Begründe deinen Antrag und fertig.«
Die allgemeine Anspannung war spürbar; Thomas hatte das Gefühl, als wäre die Luft im Raum zum Schneiden dick. Gally und Minho, beide mit hochroten Köpfen, schienen einander an die Gurgel gehen zu wollen – aber dann wandten sie den Blick voneinander ab.
»Also, hört zu«, fuhr Minho fort, während er sich wieder setzte. »Ich habe noch nie so etwas gesehen. Er ist nicht in Panik ausgebrochen. Er hat nicht gejammert und rumgegreint und noch nicht mal Angst gezeigt. Dabei war der Knabe gerade mal ein paar Tage hier! Denkt doch dran, wie wir uns am Anfang benommen haben. Wir hatten keine Orientierung, haben uns in irgendeiner Ecke verkrochen und geflennt, niemandem vertraut, jede Tätigkeit verweigert. So waren wir alle, wochenlang, monatelang, bis wir keine andere Wahl mehr hatten und verdammt noch mal damit leben mussten.«
Minho stand wieder auf und zeigte auf Thomas. »Nur ein paar Tage nach seiner Ankunft tritt dieser Strunk hier hinaus ins Labyrinth, um zwei Leute zu retten, die er kaum kennt. Dieser ganze Klonk, er hätte gegen eine Regel verstoßen und was weiß ich, das ist doch einfach nur bescheuert. Die Regeln waren ihm noch gar nicht richtig klar. Aber genug Leute hatten ihn schon davor gewarnt, was ihn im Labyrinth erwartet, besonders nachts. Und trotzdem hat er den Schritt hinaus gemacht, als die Tore sich schlossen, und nur daran gedacht, dass zwei Menschen Hilfe brauchten.« Er atmete tief durch, schien aber an Fahrt zu gewinnen, je länger er sprach.
»Aber das war erst der Anfang. Dann hat er gesehen, wie ich Alby aufgegeben und liegengelassen habe. Dabei war ich der
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