Die Auserwählten - Im Labyrinth (German Edition)
Erfahrene – derjenige, der über eine Menge Wissen verfügt. Insofern hätte Thomas sich eigentlich sagen können: Okay, Minho gibt auf, also mache ich das Gleiche. Trotzdem hat er das nicht getan. Versucht nur mal euch die Willensanstrengung und Kraft vorzustellen, die nötig waren, um Alby zentimeterweise die Wand hochzuschieben. Es ist der totale Wahnsinn. Absolut unglaublich. Aber das war noch lange nicht alles. Dann kamen die Griewer. Ich meinte zu Thomas, wir müssten uns trennen, und fing mit den Ausweichmanövern an, die wir eingeübt haben. Thomas stand mutterseelenallein da, hat sich aber nicht vor Angst in die Hose gemacht, sondern die Sache in die Hand genommen, sämtliche Gesetze der Schwerkraft ausgehebelt, um Alby da die Wand hochzubefördern, hat die Griewer von ihm abgelenkt, hat einen abgewehrt und eine Methode gefunden –«
»Wir haben’s ja kapiert«, schnappte Gally. »Der gute Tommy ist einfach ein Glücksknabe.«
Minho baute sich vor ihm auf. »Nein, du wertloses Stück Klonk, du raffst es einfach nicht! Ich bin seit zwei Jahren hier und habe noch nie so etwas gesehen. Dass du dich erdreistest irgendwas dagegen zu sagen, ist …«
Minho machte eine Pause, rieb sich die Augen und stöhnte frustriert. Thomas merkte, dass sein Mund offen stand. Widerstreitende Gefühle tobten in ihm: Er war begeistert, wie Minho ihn vor allen anderen verteidigte, fassungslos über Gallys unablässige Giftspritzerei und angsterfüllt vor dem ausstehenden Urteil der anderen.
Mit ruhigerer Stimme sagte Minho: »Du bist nichts als ein feiger Waschlappen, Gally, der nie, nicht ein Mal, versucht oder gebeten hat Läufer zu werden. Du hast kein Recht, über Dinge zu reden, von denen du keine Ahnung hast. Also sei bloß still.«
Vor Wut kochend stand Gally auf. »Noch so eine Bemerkung und ich dreh dir den Hals um, hier, vor allen Leuten.« Speicheltröpfchen flogen ihm beim Sprechen aus dem Mund.
Minho lachte nur, hob die flache Hand und drückte sie ihm ins Gesicht. Gally krachte auf seinen Stuhl, fiel rückwärts damit um und der Stuhl zerbarst in zwei Teile. Gally knallte auf den Boden und versuchte sich wieder aufzurappeln. Minho trat ihm mit der Fußsohle auf die Brust, so dass er platt wie ein Pfannkuchen dalag.
Thomas, der halb aufgesprungen war, ließ sich schweigend zurück auf den Stuhl fallen.
»Ich schwör’s dir, Gally«, sagte Minho drohend, »du bedrohst mich nie wieder. Sprich überhaupt nicht mehr mit mir. Niemals. Wenn doch, dann dreh ich deinen neppigen Hühnerhals um, nachdem ich dir alle Knochen gebrochen habe.«
Newt und Winston waren auf den Beinen und packten Minho, bevor Thomas auch nur begriff, was los war. Sie zogen ihn weg von Gally, der aufsprang, sein Gesicht zornrot. Aber er machte keinen Schritt in Minhos Richtung; er stand nur da, schwer atmend, mit vorgereckter Brust. Schließlich zog Gally sich zurück und stolperte in Richtung Tür. Seine vor Hass brennenden Augen huschten durch den Raum. Thomas dachte, dass Gally wie ein wahnsinnig gewordener Mörder aussah. Er ging rückwärts in Richtung Ausgang und fasste nach der Klinke hinter sich.
»Von jetzt an ist alles anders«, sagte er und spuckte auf den Boden. »Das hättest du nicht tun sollen, Minho. Das hättest du nicht tun sollen.« Sein wahnsinniger Blick heftete sich auf Newt. »Ich weiß, dass du mich nicht leiden kannst und noch nie leiden konntest. Man sollte dich verbannen für deine peinliche Unfähigkeit, diesen Rat zu leiten. Du solltest dich was schämen und alle, die noch weiter hierbleiben, sind kein bisschen besser. Die Dinge werden sich ändern. Das verspreche ich euch.«
Thomas sank der Mut. Als wäre die Lage nicht auch so schon schwierig genug.
Gally riss die Tür auf und trat hinaus auf den Flur, aber bevor noch jemand reagieren konnte, streckte er den Kopf schon wieder zur Tür herein. »Und du«, sagte er und funkelte Thomas hasserfüllt an, »der Frischling, der meint, er wäre Gott. Vergiss bloß nicht, dass ich dich schon mal gesehen habe – ich habe die Verwandlung durchgemacht. Was die Knilche hier entscheiden, interessiert doch keinen feuchten Klonk!«
Er machte eine Pause und sah jeden Jungen der Reihe nach durchdringend an. Als sein hasserfüllter Blick zu Thomas zurückkehrte, sagte er: »Ich weiß nicht, zu welchem Zweck du hergeschickt worden bist – aber ich schwöre bei meinem Leben, dass ich es verhindern werde. Wenn es sein muss, bringe ich dich um.«
Und damit knallte er
Weitere Kostenlose Bücher