Die Auserwählten - Im Labyrinth (German Edition)
die Tür hinter sich zu.
Thomas saß wie versteinert auf seinem Stuhl und fühlte sich sterbenskrank. Es gab kein Gefühl, das er seit seiner Ankunft auf der Lichtung noch nicht mitgemacht hatte. Angst, Einsamkeit, Verzweiflung, Trauer, sogar ein Fünkchen Freude. Aber das eben war etwas Neues gewesen: dass man von jemandem zu hören bekam, er würde einen so sehr hassen, dass er einen umbringen wollte.
Gally ist verrückt , sagte er sich. Er ist total wahnsinnig. Aber das machte ihm nur noch mehr Angst. Wahnsinnige waren zu allem fähig.
Die Ratsmitglieder schwiegen, offensichtlich genauso schockiert wie Thomas über das, was sich gerade vor ihren Augen abgespielt hatte. Newt und Winston ließen Minho endlich los, trotteten zu ihren Plätzen und setzten sich hin.
»Nun ist er endgültig reif für die Klapse«, sagte Minho leise vor sich hin.
»Tja, du bist auch kein Unschuldslamm, Freundchen«, sagte Newt zu ihm. »Was hast du dir bloß dabei gedacht? Du hast es ’n bisschen zu weit getrieben, findest du nicht auch?«
Minho verengte die Augen und warf den Kopf in den Nacken, als würde er Newts Frage nicht verstehen. »Erzähl keinen Müll. Ihr fandet es doch alle gut, dass der Schrumpfkopf endlich mal eins aufs Dach kriegt! Wurde höchste Zeit, dass dem mal jemand gezeigt hat, was ’ne Harke ist.«
»Es gibt einen guten Grund, warum er Hüter ist«, entgegnete Newt.
»Der wollte mir den Hals umdrehen und Thomas umbringen! Der Typ hat einen an der Waffel und du lässt ihn besser auf der Stelle in den Bau werfen. Der Kerl ist gemeingefährlich.«
Thomas war vollkommen seiner Meinung und hätte um ein Haar wieder gegen den Schweigebefehl verstoßen, aber er biss sich auf die Zunge. Er wollte sich nicht noch mehr Ärger einhandeln, als er sowieso schon hatte – wusste aber auch nicht, wie lange er noch durchhalten konnte.
»Vielleicht war ja was dran an dem, was er gesagt hat«, sagte Winston leise.
»Waaas?«, fragte Minho.
Winston wirkte überrascht, dass ihn jemand gehört hatte. Sein Blick huschte durch das Zimmer, bevor er erklärte. »Na ja … Gally hat die Verwandlung durchgemacht – der Griewer hat ihn am helllichten Tag gestochen, direkt vor dem Westtor. Das heißt, er hat Erinnerungen, und er meint, der Frischling würde ihm bekannt vorkommen. Warum sollte er sich so was ausdenken?«
Thomas dachte über die Verwandlung nach und die Tatsache, dass sie Erinnerungen zurückbrachte. Vielleicht wäre es die Sache wert, sich von den Griewern stechen zu lassen und den schrecklichen Prozess durchzumachen, um sich an etwas zu erinnern? Vor seinem inneren Auge sah er Ben, der sich vor Schmerzen im Bett wand, hörte Albys Schreie. Auf keinen Fall, dachte er.
»Winston, hast du gesehen, was da gerade los war?«, fragte Bratpfanne und sah fassungslos aus. »Gally ist ein Bekloppter. Auf das, was der ablässt, kann man nicht viel geben. Alles Geseier. Willst du mir etwa erzählen, Thomas wäre ein verkleideter Griewer?«
Regeln der Ratsversammlung hin oder her, Thomas hatte die Nase voll. Er konnte keine Sekunde länger an sich halten.
»Darf ich jetzt auch mal was sagen?«, fragte er gereizt. »Es reicht mir, dass ihr hier ständig über mich redet, als ob ich gar nicht da wäre.«
Newt warf ihm einen Blick zu und nickte. »Schieß los. Diese Zusammenkunft ist sowieso schon im Arsch.«
Thomas sammelte sich und versuchte in dem wirbelnden Mischmasch aus Frust, Verwirrung und Ärger in seinem Kopf die richtigen Worte zu finden. »Ich habe keine Ahnung, warum Gally mich hasst. Es ist mir auch egal. Und wer ich nun wirklich bin: Darüber weiß ich genauso wenig wie ihr. Aber wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, dann sitzen wir hier zusammen wegen dem, was ich im Labyrinth gemacht habe, und nicht, weil irgendein Depp glaubt, ich wäre Satan persönlich.«
Jemand kicherte und Thomas schwieg, weil er hoffte, dass er sich klar genug ausgedrückt hatte.
Newt nickte befriedigt. »Einverstanden. Lasst uns diese Versammlung zum Ende bringen und um Gally kümmern wir uns dann später.«
»Wir können aber nicht abstimmen, wenn nicht alle Mitglieder anwesend sind«, insistierte Winston. »Nur durch Krankheit ist man entschuldigt.«
»Jetzt mach mal halblang, Winston«, antwortete Newt. »Ich finde, man kann ruhigen Gewissens sagen, dass unser Freund Gally sich heute ein wenig krank fühlt, und deswegen geht’s jetzt ohne ihn weiter. Thomas, verteidige dich, und dann stimmen wir ab, was mit dir
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