Die Auserwählten - Im Labyrinth (German Edition)
geschehen soll.«
Thomas merkte, dass er die Hände im Schoß zu Fäusten geballt hatte. Er wischte seine verschwitzten Handflächen an den Oberschenkeln ab. Dann sprach er los, ohne zu wissen, was er sagen wollte, bis die Worte herauskamen.
»Ich habe nichts Schlimmes gemacht. Ich habe einfach zwei Leute gesehen, die verzweifelt versucht haben sich in Sicherheit zu bringen und es nicht geschafft haben. Wegen irgendeiner blöden Regel nicht darauf zu reagieren kam mir feige und egoistisch und … einfach dumm vor. Wenn ihr mich dafür in den Knast sperren wollt, dass ich jemandem das Leben gerettet habe, von mir aus. Ich verspreche euch, das nächste Mal zeige ich nur noch auf denjenigen, lache und dann geh ich zu Bratpfanne und hol mir schön was zu futtern.«
Thomas wollte keinen Witz machen. Er war einfach fassungslos, dass auch nur darüber diskutiert wurde.
»Hier ist meine Empfehlung«, sagte Newt. »Du hast gegen unsere verdammte Regel Nummer eins verstoßen, dafür kriegst du einen Tag im Bau. Das ist deine Strafe. Ich empfehle außerdem, dass wir dich zum Läufer wählen, ab sofort. Du hast in einer Nacht mehr Talent gezeigt als die meisten Auszubildenden nach Wochen. Von wegen du als Hüter: Vergiss es.« Er sah Minho an. »In der Hinsicht hatte Gally vollkommen Recht – Schnapsidee.«
Der Kommentar verletzte Thomas, auch wenn er eigentlich zustimmen musste. Er sah zu Minho rüber, wie der reagierte.
Der Hüter wirkte nicht überrascht, hielt aber trotzdem noch dagegen. »Warum? Er ist der Beste, den wir haben – ich schwör’s euch. Der Beste sollte Hüter sein.«
»Schön«, antwortete Newt. »Wenn dem so ist, dann kann er immer noch Hüter werden. Gib ihm einen Monat Zeit, um zu beweisen, was er draufhat.«
Minho zuckte die Achseln. »Okay.«
Innerlich seufzte Thomas vor Erleichterung. Er wollte nach wie vor Läufer werden – was ihn eigentlich erstaunte nach dem, was er gerade im Labyrinth erlebt hatte –, aber auf der Stelle Hüter der Läufer zu werden war natürlich ein Witz.
Newt ließ den Blick über die Versammlung schweifen. »Wir haben eine Reihe von Empfehlungen gehört, gehen wir die Runde durch –«
»Vergiss es«, sagte Bratpfanne. »Wir stimmen einfach ab. Ich stimme für dich.«
»Ich auch«, sagte Minho.
Alle äußerten ihre Zustimmung, was Thomas mit Erleichterung und Stolz erfüllte. Winston war der Einzige, der dagegen stimmte.
Newt sah Winston an. »Deine Stimme ist nicht notwendig, aber ich will trotzdem wissen, warum du dagegen bist.«
Winston musterte Thomas eingehend, dann sah er wieder Newt an. »Mir soll’s ja recht sein, aber wir sollten auch nicht völlig außer Acht lassen, was Gally gesagt hat. Ich glaube einfach nicht, dass er sich das alles ausgedacht oder aus den Fingern gesaugt hat. Und es stimmt doch: Seit Thomas hier ist, läuft alles völlig ausm Ruder.«
»Okay«, sagte Newt. »Alle denken darüber nach – und wenn wir uns mal schön langweilen, dann können wir wieder eine Versammlung abhalten und darüber reden. In Ordnung?«
Winston nickte.
Thomas stöhnte, dass er scheinbar mal wieder unsichtbar geworden war. »Es ist einfach herrlich, wie ihr über mich redet, als ob ich gar nicht da wäre.«
»Hör zu, Tommy«, sagte Newt. »Wir haben dich gerade zum Läufer ernannt. Also hör auf hier rumzunölen und verpiss dich. Das Training bei Minho beginnt auf der Stelle.«
Erst jetzt drang es richtig zu Thomas durch: Er war Läufer und würde das Labyrinth erforschen. Ein Schauder der Vorfreude überlief ihn trotz allem; er war davon überzeugt, dass sie nie wieder nachts draußen bleiben würden. Vielleicht hatte er seine Ration Pech bereits verabreicht bekommen. »Und was ist mit meiner Strafe?«
»Morgen«, antwortete Newt. »Vom Wecken bis Sonnenuntergang.«
Einen Tag , dachte Thomas. Das kann ja nicht so schlimm werden.
Die Versammlung wurde beendet und alle außer Newt und Minho eilten zurück zu ihrer Arbeit. Newt hatte sich noch nicht gerührt, sondern saß immer noch da und machte Notizen. »Na, wenn das kein Freudenfest war«, murmelte er.
Minho ging zu Thomas hin und boxte ihm freundschaftlich in den Arm. »Dieser Strunk ist an allem schuld.«
Thomas boxte zurück. »Hüter? Du willst, dass ich Hüter werde? Dann bist du noch wesentlich durchgeknallter als Gally.«
Minho setzte zum Spaß ein teuflisches Grinsen auf. »Na, hat doch funktioniert, oder? Hoch zielen, tief treffen. Bedanken kannst du dich später.«
Thomas
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