Die Auserwählten - In der Brandwüste (German Edition)
herumzuwuchten, bis er nach innen gewandt am Boden lag, das alles bekam er nur noch am Rande mit. Er konnte nicht mal mehr die Kraft aufbringen, sie finster anzusehen.
»Nein«, sagte er, aber es war nicht mehr als ein Hauchen. Ben, der kranke Junge, der von der Lichtung verbannt worden war, kam ihm in den Sinn. Merkwürdig, dass ihm das jetzt wieder einfiel, aber nun verstand er, wie sich der Junge in diesen letzten Sekunden gefühlt haben musste, bevor sich die Tore schlossen und er für immer im Labyrinth eingeschlossen worden war.
»Nein, nein, nein«, wisperte er so leise, dass sie ihn garantiert nicht hörten. Sein ganzer Körper schmerzte höllisch.
»Du bist so stur«, hörte er Teresa sagen. »Warum musstest du es dir so schwer machen! Uns allen!«
»Teresa«, flüsterte Thomas. Er schob die Schmerzen für einen Augenblick beiseite und versuchte telepathisch mit ihr zu sprechen, obwohl es schon so lange nicht mehr funktioniert hatte. Teresa.
Es tut mir leid, Tom , antwortete sie in seinem Kopf. Aber danke, dass du dich für uns opferst.
Er hatte nicht bemerkt, wie die Tür sich schloss, doch sie fiel in dem Moment zu, als dieses letzte verräterische Wort in seinen Gedanken ankam.
Die grün leuchtende Tür schloss sich und verwandelte den kleinen Raum in ein schauriges, widerwärtiges Gefängnis. Er wollte weinen, Rotz und Wasser heulen wie ein kleines Kind, wenn da nicht diese fürchterlichen Kopfschmerzen gewesen wären. Sie dröhnten in seinem Schädel, und seine Augen brannten, als würden sie in glühender Lava schwimmen.
Doch selbst in diesem Moment, trotz allem, was passiert war, nagte ein noch tieferer Schmerz an seinem Herzen: Er hatte Teresa und seine Hoffnung endgültig verloren. Jetzt durfte er nicht auch noch losflennen.
Als er dort lag, verlor er jedes Zeitgefühl. Wer auch immer sich diese grausame Strafe ausgedacht hatte, wollte ihm wohl Gelegenheit geben, über alles nachzudenken, während er auf sein Ende wartete. Darüber, dass Teresas Aufforderung, ihr blind zu vertrauen, nur ein mieser Trick gewesen war, der ihren Verrat noch schlimmer machte.
Eine Stunde verging. Vielleicht auch zwei oder drei. Oder war es nur eine halbe? Er hatte keine Ahnung.
Dann fing es an zu zischen.
Im fahlen Licht der leuchtenden Tür konnte er sehen, dass die kleinen Löcher in den Wänden feinen Nebel versprühten. Er drehte sich um – wieder schoss der Schmerz durch seinen Schädel – und sah, dass aus allen Öffnungen Nebel waberte.
Von allen Seiten zischte es wie aus einem Nest hungriger Giftschlangen.
Das war’s also? , dachte er. Nach allem, was er durchgemacht hatte, nach all den Rätseln, Kämpfen und falschen Hoffnungen wollten sie ihn nun einfach mit irgendeinem Giftgas töten? Bescheuert war das. Einfach nur bescheuert. Sie hätten sich schon etwas Originelleres ausdenken können. Er hatte gegen Griewer und Cranks gekämpft, gehungert, war vor Blitzen davongerannt, hatte Kameraden das Leben gerettet, eine Schussverletzung und eine Infektion überlebt. ANGST. Sie hatten ihn sogar gerettet! Und jetzt wollten sie ihn einfach vergasen?
Er setzte sich auf und schrie, als der Schmerz durch seine Glieder schoss. Er sah sich um, suchte nach irgendetwas, womit er …
Müde. So todmüde.
Ein komisches Gefühl in der Brust. Krank.
Das Gas.
Müde. Schmerzen. Erschöpfung. Verzweiflung.
Gas einatmen.
Nicht anders können.
So … todmüde.
Etwas in ihm. Das nicht stimmte.
Teresa. Warum musste das so enden?
Müde …
Nur noch ganz vage nahm er wahr, wie sein Kopf auf dem Boden aufschlug.
Verrat.
So …
Müde …
Thomas wusste nicht, ob er tot oder lebendig war, aber er hatte das Gefühl zu schlafen. Er war bei Bewusstsein, aber wie in Watte verpackt. Eine weitere Traumerinnerung übermannte ihn.
Thomas ist sechzehn. Er steht vor Teresa und einem unbekannten Mädchen.
Und Aris.
Aris?
Alle drei schauen Thomas mit düsteren Blicken an. Teresa weint.
»Es wird Zeit, dass wir gehen«, sagt Thomas.
Aris nickt. »Zur Erinnerungslöschung, und dann ab ins Labyrinth.«
Teresa wischt sich nur die Tränen vom Gesicht.
Thomas hält seine Hand hin, und Aris schüttelt sie. Danach macht Thomas dasselbe mit dem unbekannten Mädchen.
Dann stürzt Teresa auf ihn zu und umarmt ihn verzweifelt. Sie weint, und Thomas merkt, dass auch er weint. Er nimmt sie fest in den Arm, und seine Tränen tropfen auf ihr Haar.
»Du musst los«, sagt Aris.
Thomas sieht ihn an. Wartet. Versucht, diesen
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