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Die Auserwählten

Die Auserwählten

Titel: Die Auserwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Kazinski
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gar nicht.
    »Nenn es, wie du willst. Meinetwegen Seele. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass wir mit diesem Beweis komplett umdenken müssen.«
    »Wir müssen hier weg, bevor die Sonne untergeht.«
    »Erinnerst du dich an die Geschichte, die ich dir erzählt habe? Über den in meinem Institut, der nie ›Nein‹ sagen konnte? Dessen Selbstlosigkeit zu einem Problem für ihn wurde?«
    »Wir müssen raus. Kannst du mir helfen?«
    »Sieh dich an, Niels. Du hast versucht, die Kinder zu retten. Du wolltest das Auto mit deinen bloßen Händen aufhalten.«
    »Ich habe nur getan, was auch alle anderen getan hätten.«
    »Im Rigshospital herumlaufen und den guten Menschen suchen? Hätten das wirklich alle anderen getan, Niels?«
    »Das ist bloß, weil ich manisch bin. Manisch-depressiv. Ich bin eben nicht gesund.«
    »Doch! Du tust eben so etwas.«
    »Wir müssen hier raus.«
    »Das können wir nicht. Und das weißt du. Du verstehst ganz genau, worauf ich hinauswill.«
    Niels sagte nichts. In seinem Kopf hallte der immer gleiche Satz wider: Das setzt aber voraus, dass ich etwas Böses tue .
    »Die Geschichte über Abraham. Gott hat Abraham gebeten, Isaak mit auf den Berg zu nehmen. Du hast das selbst gesagt, als wir an der Nordsee am Strand waren.«
    »Ich will davon jetzt nichts hören.«
    »Das musst du aber.«
    Niels schlug die Decke zur Seite und versuchte, die Beine über die Bettkannte zu schieben.
    »Du hast nur eine Chance, du musst endlich aufhören, gut zu sein.«
    »Hannah.« Niels zögerte, wusste nicht, was er sagen sollte. Nur Wornings Worte kreisten noch immer in seinem Kopf: Das setzt aber voraus, dass ich etwas Böses tue .
    Niels schob sich im Bett vor. Warf einen Blick nach draußen zur Sonne.
    »Du musst etwas opfern. Etwas, das du liebst. Etwas, das beweist, dass du zuhörst. Verstehst du, was ich sage, Niels? Ich war tot, wurde aber zu neuem Leben erweckt. Ich habe mit meinen eigenen Augen den Spalt gesehen … den Spalt zu … etwas anderem .«
    Niels ließ sie reden.
    »Wir … du, Niels … wir müssen das akzeptieren: Es gibt etwas Größeres als uns. Und du musst zeigen, dass du das verstehst.«
    »Was soll ich zeigen? Was konkret soll ich zeigen?«
    »Du musst zeigen, dass wir an etwas anderes glauben können als nur an uns.«
    Niels musste sich mit aller Macht zusammenreißen. Am liebsten hätte er ihr mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen. Liebevoll betrachtete er ihr geschwollenes Gesicht. Die intelligenten Augen. Sie war nur mit rationalen Argumenten zu erreichen. »Und dann, Hannah?«, hörte er sich selbst fragen. »Was geschieht dann?«
    »Das weiß ich nicht. Vielleicht … machen wir weiter. Und dann wird eine neue Generation geboren. Die neuen sechsunddreißig.«
    Er schüttelte den Kopf. »Wir müssen weg, Hannah.« Niels flüsterte die Worte ohne jede Überzeugungskraft.
    Hannah sagte nichts.
    »Wie viel Zeit bleibt uns noch?«
    »Das ist sinnlos, Niels. Denk an den Italiener. Auch er war ein Teil des Systems. Du musst endlich aufhören, gut zu sein!«
    Er fuhr sie an: »Wie lange noch!«
    »Zehn Minuten, vielleicht. Dann geht die Sonne unter.«
    Niels zog mit einer raschen Bewegung die Infusionsnadel aus seiner Hand. Dunkelrotes Blut quoll hervor. Draußen auf dem Flur hörten sie plötzlich laute Rufe, gefolgt von schnellen Schritten. Hannah stand aus ihrem Rollstuhl auf und reichte ihm ein Papiertaschentuch. Einen Augenblick schwankte sie. Dann fand sie das Gleichgewicht wieder. Während Niels aus dem Bett aufstand, durchsuchte Hannah seinen Schrank. Niels war leichenblass, als er ihre Hand nahm und sagte:
    »Hilf mir, Hannah. Hilf mir, damit ich wenigstens versuchen kann, von hier wegzukommen.«
    Sie drehte sich um, in ihrer Hand seine Dienstwaffe. »Okay.«

18.
    18.
    15.42 Uhr – 10 Minuten bis Sonnenuntergang
    Leon hatte es vor wenigen Minuten im Polizeifunk gehört: Dunkelgrüner Lieferwagen überfährt rote Ampel am Rathausplatz. Mit hoher Geschwindigkeit. Verfolgt von einem Streifenwagen wenige Hundert Meter dahinter . Das alles hatte nichts mit ihnen zu tun, aber trotzdem war er aufgestanden und ans Fenster getreten.
    »Sind Sie Arzt?«, fragte eine Stimme hinter ihm. »Ich brauche Hilfe.«
    Leon wollte dem verwirrten Patienten gerade eine Antwort geben, als die nächste Meldung durch den Funk knackte: Verfolgung eines dunkelgrünen Lieferwagens über die Østersøgade. Die Fredensbro wird abgesperrt . Leise begannen die Alarmglocken in Leons Hinterkopf zu läuten:

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