Die Ausgelieferten
und diese sowie ihre Ausrüstung den örtlichen alliierten Befehlshabern zu übergeben«.
Am 2. Juni 1945 fragte die Gesandtschaft der Sowjetunion beim schwedischen Außenminister an, wie Schweden mit den internierten Deutschen und den ehemals unter deutschem Befehl stehenden, jetzt in Schweden internierten Soldaten anderer Nationen zu verfahren gedenke. Die Frage lief darauf hinaus, ob die Internierten, wie es den Absichten der Alliierten entsprach, wieder zu jenen Frontabschnitten zurückgeschickt werden sollten, die sie im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesamtkapitulation besetzt gehalten hatten.
Grundsätzlich sollten also die Soldaten von der Westfront nach Westen und die von der Ostfront nach Osten zurückgeschickt werden.
In der Folgezeit lässt sich das politische Geschehen Schritt für Schritt verfolgen.
Im Außenministerium wurde damit begonnen, die Anfrage zu bearbeiten; nach einigen Gesprächen und Untersuchungen wurden zwei alternative Antworten ausgearbeitet.
Die eine Antwort enthielt eine Absage an die Russen. Es wurde erklärt, dass Schweden eine einseitige Übereinkunft nicht akzeptieren könne, dass abgewartet werden müsse, dass Schweden sich nicht verpflichtet habe, die Waffenstillstandsbedingungen anzuerkennen und dass eine Auslieferung der Internierten daher nicht in Betracht komme.
Die zweite Antwort war eine Zusage, die kurz begründet wurde. Nach einer Besprechung im Außenministerium wurde einer der Beamten des Hauses mit den beiden Antworten zu Ministerpräsident Per Albin Hansson geschickt: nennen wir diesen Beamten S. Er betrat das Amtszimmer Per Albin Hanssons, legte ihm die beiden Papiere auf den Tisch und erzählte ihm, die Russen hätten in einer Note angefragt, was mit den in Schweden internierten deutschen Militärs geschehen solle. Ferner berichtete er dem Premier von der interalliierten Abmachung, der zufolge die alliierten Befehlshaber die in den jeweils von ihnen besetzten Gebieten befindlichen deutschen Soldaten gefangennehmen sollten. Danach schwieg er.
Per Albin ergriff zuerst das Papier mit der positiven Antwort und las es durch. Er zögerte ein bisschen, blickte dann zu S. auf und sagte:
– Nun, das sieht ja ganz vernünftig aus.
Danach sah er auf das zweite Papier und fragte:
– Und was ist das?
– Das ist die negative Antwort, erwiderte S. schnell.
Per Albin überflog den Inhalt, grunzte und legte das Papier beiseite.
– Die erste Antwort wird wohl richtig sein, sagte er.
Darauf nahm S. die beiden Papiere wieder an sich, verneigte sich, verließ den Raum und ging wieder ins Außenamt zurück.
– Er fand die positive Alternative recht gut, sagte er zu den anderen.
– Und was sagte er zu der Absage?
– Der hat er keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt.
– Aber hast du ihn auch wirklich über das ganze Problem informiert? Du solltest ihm doch die Angelegenheit in allen Einzelheiten vortragen. Hast du das getan?
– Er hat beide Alternativen gelesen, erwiderte S. steif. Da die anderen sahen, dass er verletzt war, stellten sie ihm keine weiteren Fragen. Nach zwei Wochen hatten sie die ganze Geschichte vergessen.
Die Episode erscheint verblüffend, ist aber authentisch. Sie ist möglicherweise wichtig: dies war der erste Kreuzweg, den die Angelegenheit zu passieren hatte. Dass die Frage Per Albin Hansson und nicht dem Außenminister Christian Günther vorgetragen wurde, hat eine einfache Erklärung: Günther befand sich im Urlaub und hielt sich an seinem Sommersitz in Dalarna, Spelmanstorpet, auf, und in seiner Abwesenheit versah Per Albin Hansson die Dienstgeschäfte des Außenministers. Günther wurde erst einige Tage später zurückerwartet. Heute lässt sich nicht mehr feststellen, wer die beiden alternativen Antworten ausgearbeitet hat: möglicherweise ein und dieselbe Person. Dass der Vortrag bei Per Albin Hansson sehr zu wünschen übrigließ, ist ganz offenkundig, aber dennoch war er das erste Kabinettsmitglied, das mit der Angelegenheit konfrontiert wurde: diese Tatsache sollte sein zukünftiges Handeln mitprägen. Er hatte sich informiert, hatte eine Entscheidung getroffen, fast ohne es zu wissen, und jetzt nahmen die Dinge ihren Lauf.
Worauf gründeten sich die beiden Alternativen? Es ist denkbar, dass die positive und letztlich siegreiche Variante sich auf eine Empfehlung der Militärbehörden stützt. »Diese und das Außenministerium hielten in dieser Frage engen Kontakt«, wie einer der Zeugen im Außenamt später in einem Brief
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