Die Ausgesetzten
auf die Stirn, um festzustellen, ob er Fieber hatte, und berührte seinen Hals, um ihm den Puls zu fühlen.
Schließlich drehte sie seinen Kopf hin und her. Jonas nahm an, dass sie sich die Blutergüsse ansehen wollte, die sich inzwischen
in seinem Gesicht gebildet hatten. Katherine erstarrte.
»O nein«, flüsterte sie und hob die Hand.
Sie war voller Blut.
Fünfzehn
Jonas war überrascht, dass Katherine nicht losschrie: »Igitt, igitt! Mach das weg!«, und dann davonlief. Allerdings sah sie
ein wenig blass aus. Doch sie wischte die Hand lediglich an einem Büschel Strandgras ab und sagte mit dünner Stimme: »Vielleicht,
wenn wir etwas hätten, was wir als Verband benutzen können …«
»Mein Sweatshirt!«, bot Andrea an. Sie rannte zum Strand hinunter, dorthin, wo sie ihr Sweatshirt und ihre Schuhe liegen gelassen
hatte, ehe sie ins Wasser gesprungen war.
»Wie schlimm ist es?«, fragte Jonas leise.
»Ich kann mir nicht merken, wie das bei Kopfwunden ist«, sagte Katherine. »Ob sie immer stark bluten und schlimmer aussehen,
als es ist, oder umgekehrt?«
Jonas wusste es auch nicht.
Zum ersten Mal sah er sich den Mann genauer an. Es war leichter, wütend zu sein, solange er sich nicht mit ihm befasste, solange
er den Mann einfach als Teil eines Tricks, einer Falle – oder als einen Hinweis –, aber nicht als echten, lebendigen Menschen aus Fleisch und Blut betrachtete. Doch der Mann war echt. Unter seinem zerfetzten
weißen Hemd hob sich die Brust in flachenAtemzügen, und Jonas hätte bei jedem Anzeichen dafür, dass der Mann noch lebte, am liebsten gejubelt.
»Er ist alt«, stellte er überrascht fest.
Das Gesicht des Mannes war faltig und sandverklebt. Das weiße Haar war schütter und der weiße Bart hätte vermutlich adrett
und gepflegt gewirkt, wenn er nicht gerade einen Bootsunfall durchgemacht hätte.
»Warum sollte ein alter Mann ganz allein mit einem Boot losfahren?«, überlegte Jonas.
Ehe Katherine antworten konnte, war Andrea wieder da und reichte ihr zwei Sweatshirts. Sie hatte auch das von Jonas mitgebracht.
»Der eine Ärmel hat ein bisschen im Wasser gelegen«, sagte sie atemlos. Da sie sich nicht die Zeit genommen hatte, ihre Schuhe
wieder anzuziehen, tat sie es jetzt.
»Das geht schon«, sagte Katherine. Wenn wir sie ihm so umbinden … und auf die Wunde pressen …«
Andrea drückte fest auf die Sweatshirts und ließ auch nicht los, als das Blut hindurchzusickern begann. Sie warf einen Blick
auf den Markermann hinter ihnen.
»Warum braucht
er
keinen Verband?«, fragte sie.
Jonas ging zum Markermann hinüber und betrachtete seinen Hinterkopf.
»Seine Schnittwunden sind nicht so groß«, stellte er fest.
Wahrscheinlich war das der Grund, warum der Marker aufrecht saß und sich unterhielt – wenn auch geschwächt –, während der echte Mann still und regungslos dalag.
Und wie wirkt sich das auf die Zeit aus?, fragte sich Jonas verwirrt. Ist seine Kopfverletzung Teil der Falle oder des Tricks?
Oder ist es einfach … etwas, das passiert ist?
»Das ergibt keinen Sinn«, schimpfte Andrea. »Beide sind auf die gleiche Art gerettet worden, oder nicht?«
»Du und Jonas habt ein kleines bisschen länger gebraucht, um ihn vor den kaputten Brettern in Sicherheit zu bringen«, sagte
Katherine abwiegelnd. »Von dort, wo ich gestanden habe, konnte ich sehen, wie einer der Markerjungen zu ihm rausgeschwommen
ist, während ihr euch noch abgemüht habt und von den Wellen herumgeschleudert wurdet.«
Wir haben unser Bestes gegeben, wollte Jonas ihr widersprechen.
Doch zu seiner Überraschung fügte Katherine hinzu: »Und ich habe euch den Ast viel langsamer hingehalten.«
In diesem Moment traf sie eine Windbö, die Andrea praktisch von den Füßen fegte. Die beiden Mädchen mussten ihre Haare festhalten,
damit sie ihnen nicht ins Gesicht peitschten. Andrea sah zum Himmel auf, über den dunkle Wolken nur so dahinjagten.
»Ich glaube, es zieht ein Sturm auf«, sagte sie und schauderte in ihren nassen Kleidern. »Deshalb ist das Wasser so unruhig.«
Katherine runzelte die Stirn.
»Der Mann ist noch nicht mal bei Bewusstsein«, sagte sie. »Er kann in einem Sturm nicht hier draußen bleiben.«
Ein Blitz zuckte über den Himmel, gefolgt von krachendem Donner. Andrea sah Jonas flehend an.
»Hilfst du uns ihn in Sicherheit zu bringen?«, fragte sie. »Und zerbrichst dir dann den Kopf darüber, was das alles für die
Zeit zu bedeuten
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