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Die Ausgesetzten

Die Ausgesetzten

Titel: Die Ausgesetzten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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drei Jahre später nach Roanoke
     zurückgekehrt! Das bedeutet   … die Enkelin, nach der er sucht, ist drei Jahre alt!«

Einundzwanzig
    Andrea reagierte nicht richtig.
    In Jonas’ wildesten Träumen hätte sie vielleicht die Arme um ihn geschlungen, ihm einen leidenschaftlichen Kuss gegeben und
     gerufen: »O danke! Vielen Dank! Du hast mich davor bewahrt, mein Leben zu ruinieren. Und das meines Großvaters!«
    Doch im Grunde seines Herzens rechntete er nicht wirklich damit.
    Allerdings hoffte er schon auf ein »Ja, du hast recht. Daran hätte ich denken müssen!«. Oder wenigstens auf ein »Danke, du
     hast mich gerade noch rechtzeitig aufgehalten!«.
    Andrea lag einfach auf der Erde und murmelte: »Und wennschon.«
    Jonas lehnte sich zurück.
    »Du hast doch noch nichts zu ihm gesagt, oder?«, fragte er leise.
    Andrea zuckte die Achseln.
    »Spielt keine Rolle.«
    »Spielt keine Rolle?«, wiederholte Jonas ungläubig. »Natürlich spielt es   …«
    Er verstummte, weil in diesem Moment Katherine herankamund ihm einen Stoß versetzte, der ihn wieder umwarf.
    »Jonas, du Vollidiot! Wenn John White dich jetzt gesehen hätte?«
    Jonas sah sich um und ging im Kopf noch einmal alles durch. Er war aus der Hütte gerannt   … und John White hatte direkt auf der anderen Seite der Lichtung gesessen, zwischen den beiden Markerjungen.
    Jonas duckte sich.
    »Er sieht genau zu uns rüber!«, zischte er Katherine zu. »Was sollen wir tun?«
    Er hatte sich solche Sorgen gemacht, dass Andrea die Zeit ruinieren könnte, indem sie mit John White sprach. Und nun – was
     hatte er selbst getan?
    Plötzlich kam ihm eine Idee.
    Er sprang auf und winkte zu John White hinüber.
    »He, Kamerad«, rief er und versuchte dabei wie ein Matrose von anno Tobak zu klingen. Der Einzige, der ihm dabei einfiel,
     war Johnny Depp in
Fluch der Karibik
. »Wer sich lang auf den Meeren tummelt, geht manchmal dazu über, sich närrisch zu kleiden. Und närrisch zu gebärden. Aber
     für uns wird es Zeit, die Segel zu setzen. Darum sei versichert, dass du uns nie wiedersehen wirst.«
    Er huschte in den Wald und winkte Andrea und Katherine zu, ihm zu folgen.
    Katherine lachte schallend los.
    »Wenigstens ist er ab und zu ein witziger Idiot«, sagte sie zu Andrea.
    Diese lächelte halbherzig.
    »Psst!«, zischte Jonas. »Vorsicht!« Er signalisierte ihnenweiter, zu ihm in den Wald zu kommen, wo sie der Mann nicht sehen konnte. »Er kann euch sehen!«
    »Er kann uns nicht sehen«, sagte Andrea. »Und auch nicht hören.«
    »Natürlich kann er das! Er hat die Augen offen!«, flüsterte Jonas. »Er ist wach.«
    »Komm her und sieh selbst!«, forderte Katherine ihn auf.
    Jonas zögerte, dann schob er sich langsam auf die Lichtung zurück.
    Es war offensichtlich, dass John White wieder mit seinem Marker vereint war, denn die beiden Markerjungen, zwischen denen
     er saß, schoben ihm abwechselnd Essen in den Mund. Sie behandelten ihn wie einen Invaliden und zerlegten das Essen in so winzige
     Häppchen, dass er nicht einmal kauen musste.
    Und genau wie Jonas gesagt hatte, hatte John White die Augen weit offen.
    Äh, nein, hat er nicht, verbesserte sich Jonas.
    Oder doch?
    Sein Verstand schien mit sich selbst zu ringen, bei dem Versuch zu entschlüsseln, was er sah. Es war fast wie damals, als
     er zum ersten Mal mit angesehen hatte, wie sein Freund Chip mit seinem Marker verschmolz und es den Anschein hatte, als würde
     Chip verschwinden, obwohl es in Wirklichkeit nicht stimmte.
    Ach so, dachte Jonas.
    John White hatte die Augen geschlossen.
    Aber sein Marker hatte sie geöffnet.
    Jonas drehte sich zu Katherine um.
    »Wie ist das möglich?«, fragte er. »Ist er mit seinem Marker zusammen oder nicht?«
    »Sag du’s mir«, erwiderte Katherine. Sie schluckte schwer. Das Lachen war aus ihrer Stimme verschwunden.
    »Da stimmt etwas nicht«, sagte Jonas. »So funktionieren Marker nicht.«
    Es war verstörend, den alten Mann gleichzeitig vor sich hin schauen und friedlich schlummern zu sehen. Als sähe man doppelt
     oder ein mehrfach belichtetes Foto.
    Oder einen riesigen Zeitfehler.
    »Es war unheimlich genug, mit anzusehen, wie sich Chip und Alex mit ihren Markern verbunden haben, obwohl wir weiter ihre
     Klamotten und ihre Haare erkennen konnten«, sagte Katherine. »Und dass sie manchmal ein anderes Alter hatten als ihre Marker.
     Aber das hier ist derselbe Mann, in denselben Klamotten, am selben Ort. Warum kann er nicht komplett mit seinem Marker

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