Die Ausgesetzten
verschmelzen?«
»Es muss damit zu tun haben, dass der echte Mann sich am Kopf verletzt hat«, meinte Andrea bedrückt.
»Oder … es schützt ihn davor, sich fragen zu müssen, warum er die Marker nicht sehen kann«, mutmaßte Jonas.
»Im fünfzehnten Jahrhundert haben sich echte Menschen auch in der Nähe von Markern aufgehalten und keiner von ihnen war halb
wach und halb weggetreten«, wandte Katherine ein.
John White sagte etwas zu einem der Markerjungen, doch obwohl er die Lippen bewegte, gab er keinen Laut von sich.
»Wir können ihn auch nicht hören?«, fragte Jonas. »Aber ich dachte –«
»Manchmal können wir es«, sagte Andrea. »Katherine und ich glauben, dass es nur passiert, wenn er etwas ausspricht, was beide
denken, wenn er mit seinem Markergehirn und seinem echten gleichzeitig denkt. Vor einer Minute hat er noch davon gesprochen,
wie heiß es ist.«
Jonas schüttelte den Kopf. John Whites seltsamer Blick machte ihm mehr zu schaffen, als er zugeben wollte.
»Andrea, als der mysteriöse Unbekannte im einundzwanzigsten Jahrhundert in dein Zimmer kam und dich überredet hat den Definatorcode
zu ändern, hat er da wirklich nicht erwähnt, dass die Marker sich dann vielleicht seltsam benehmen?«, fragte Jonas.
»Er hat mir nur erzählt, wie ich meine Eltern retten kann«, sagte Andrea eisig. »Das habe ich dir doch gesagt.«
Jonas grübelte verzweifelt nach einer anderen Lösung.
»Na ja … vielleicht ist es trotz allem normal und wir haben einfach nicht genug Erfahrung mit Markern, um das zu wissen«, sagte er
und dachte angestrengt nach. »Erinnerst du dich noch, wie die Attentäter 1483 Chip und Alex geschnappt haben? Alex hat sich gewehrt und wild um sich getreten, aber sein Marker hat geschlafen. Das ist
mehr oder weniger das Gleiche. Nur dass es sich mit Schlafen und Wachsein umgekehrt verhalten hat.«
»Aber das war nur für ein paar Sekunden«, wandte Katherine ein. »John White und sein Marker sind schon den ganzen Morgen in
diesem Zustand. Seit Andrea und die Markerjungen ihn nach draußen gezogen haben. Esfühlt sich an wie … ein Dauerzustand. Als ob er feststeckt.«
Hatte der mysteriöse Unbekannte das vielleicht geplant?, fragte sich Jonas. Seine Absicht vom Vorabend, den mysteriösen Unbekannten
auszutricksen, kam ihm jetzt ziemlich naiv vor. Jonas verstand die Strategie ihres Gegners nicht im Mindesten.
Sein Magen knurrte und erinnerte ihn daran, dass sie seit, nun ja, Jahrhunderten nichts mehr gegessen hatten.
»Vielleicht können wir besser nachdenken und der Sache auf den Grund gehen, wenn wir uns ein bisschen was von ihrem Essen
einverleiben«, schlug er vor.
»Tolle Idee«, sagte Katherine. »Nur glaube ich, dass es das Reh ist, das sie gestern erschossen haben. Für uns ist es immer
noch am Leben und läuft durch den Wald. Willst du vielleicht mit Pfeil und Bogen auf die Jagd gehen?«
»Wir haben weder Pfeil noch Bogen«, stellte Andrea klar. »Nur die Marker.« Völlig entmutigt warf sie sich neben John White
auf die Erde. »Wir haben gar nichts.«
»Moment, da war eine Melone in der Hütte, in der ich das andere Reh entdeckt habe«, erinnerte sich Jonas, um überhaupt etwas
anzubieten. Die Melone hatte am Vortag schleimig und wenig einladend ausgesehen, doch sie war das einzig Essbare, das ihm
in den Sinn kam.
Jonas stand auf und ging in die Hütte, in der er das Reh aufgeschreckt hatte. Melonenranken schlängelten sich über den Boden,
die Blätter waren blass und welk von der Düsternis. Das einzige Licht fiel durch schadhafte Stellen im Dach. Jonas bückte
sich, um unter denBlättern nachzusehen. Jedes Mal, wenn er ein Blatt anhob und dann wieder fallen ließ, verband es sich in Windeseile wieder
mit seinem Marker. Wenigstens gehorchen die Blätter den Gesetzmäßigkeiten der Marker, dachte Jonas. Er entdeckte die Überreste
der Melone, von der das Reh gefressen hatte, doch sie waren so weich, dass sie ihm wie Schleim an der Hand kleben blieben,
als er sie unabsichtlich berührte.
»Irgendwas gefunden?«, fragte Katherine hinter ihm.
Jonas wischte die Hand an einem Blatt ab und entdeckte darunter eine harte grüne Melone von der Größe eines Baseballs.
»Nur die hier«, sagte er und hielt sie hoch.
»Besser als nichts, nehme ich an«, sagte Katherine. »Wir können sie an einem Stein aufschlagen und in drei Teile teilen.«
»In vier«, korrigierte sie Andrea von draußen. »Mein Großvater braucht
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