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Die Ausgesetzten

Die Ausgesetzten

Titel: Die Ausgesetzten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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sich denn abgespielt, als John White nach Roanoke zurückkam?«, wollte Jonas wissen. »Laut den Berichten, die du gelesen
     hast?«
    »Er hat drei Jahre gebraucht, um zurückzukommen«, erzählte Andrea. »Es lag nicht nur an der spanischen Armada, er hatte auch
     sonst allerhand Pech. Außer ihm scheint Roanoke sonst niemandem am Herzen gelegen zu haben. Ein Schiff, auf dem er losfuhr,
     wurde von Piraten angegriffen, dann wurde er in einen Schwertkampf verwickelt, und als er schließlich ein Schiff gefunden
     hatte, das ihn nach Roanoke bringen sollte, wollte er eine weitere Gruppe Kolonisten mitnehmen, aber der Kapitän hat es nicht
     erlaubt.«
    »Warum nicht?«, fragte Jonas.
    »Der Kapitän wollte nicht, dass ihm die vielen Leute auf dem Schiff Platz wegnehmen. Er hatte vor, durch Kaperei ein Vermögen
     zu machen, und wollte den Platz für seine Schätze frei halten.«
    »Was ist
Kaperei
?«, fragte Katherine.
    Jonas war froh, dass sie diese Frage gestellt hatte, dass sie diejenige war, die dumm dastand.
    »Der Mann – dieser Mr White?   –, hat er nicht was von Kaperern gesagt?«, fragte er.
    » Gouverneur
White«, verbesserte ihn Andrea. »Er war der Gouverneur der Kolonie von Roanoke. Auch wenn«, sie grinste fast fröhlich, »die
     Kolonie nur aus einhundertsechzehn Leuten bestand. Es war also keine große Sache.«
    »Aber Kaperei   …«, hakte Katherine noch einmal nach.
    »Ach ja.« Andrea zuckte die Achseln. »Kaperei war das Gleiche wie Piraterie, nur legal. Die englischen Schiffe sind losgefahren,
     haben spanische Schiffe angegriffen und ihrer Schätze beraubt. Dann haben sie der Regierung einen bestimmten Prozentsatz von
     ihrem Profit abgegeben, wie Steuern, und alle fanden das in Ordnung. Es galt als
patriotisch

    »Das ist doch verrückt!«, sagte Jonas.
    »Ja, ich wette, Pfadfinder haben dabei nicht mitgemacht«, sagte Katherine.
    »Das kann auch nicht sein, weil die Gründung der Pfadfinder erst   …« Jonas merkte, dass Katherine sich über ihn lustig machte. Und er war darauf reingefallen. Er räusperte sich. Wenn er so
     tat, als hätte er nichts gesagt, würde es vielleicht niemand bemerken. »Warum hat dieser Mr, äh, Gouverneur White kein Schiff
     genommen, das nichts mit Kaperei zu tun hatte?«
    Andrea legte den Kopf schräg und dachte darüber nach.
    »Ich glaube, damals waren so gut wie alle englischen Schiffe, die nach Amerika fuhren, Kaperschiffe«, sagte sie. »Die Engländer
     wollten die Kolonie auf Roanoke wohl vor allem deshalb, um dort gestohlene Schätze zu horten, sich vor den Spaniern zu verstecken
     und sich mit Vorräten und Wasser einzudecken.«
    »Das haben sie uns in der Schule aber nicht beigebracht!«, protestierte Katherine.
    »Tja, es macht auch keinen sehr guten Eindruck«, sagte Andrea. »Wer will schon hören, dass die eigenen Vorfahren ein Haufen
     Diebe waren?«
    Jonas schon. Er hätte sich bestimmt besser an die Kolonie von Roanoke erinnert, wenn Mrs Rorshas ihnen von Piraten und gestohlenen
     Schätzen erzählt hätte.
    Katherine sah auf den schlafenden Mann hinab.
    »Aber er hat keinen Haufen Schätze nach Roanoke mitgebracht«, sagte sie. »Er war allein in einem Ruderboot.«
    »Das sollte er eigentlich nicht«, sagte Andrea leise und düster. »Eigentlich müssten mehrere Männer vom Schiff zur Insel gerudert
     sein. Und nachdem sie das Wort
Croatoan
entdeckt hatten, wollte Gouverneur White zur Insel Croatoan weiterfahren und dort nach den Kolonisten suchen. Aber dann kam
     dieser schreckliche Sturm, ein Hurrikan, glaube ich, und hat jede Menge Probleme verursacht. Deshalb mussten sie fort. Und
     das war’s. Niemand hat je auf Croatoan nach den Kolonisten gesucht.«
    Andreas Stimme war nur noch ein Flüstern, als sie ihre Geschichte beendete. Wahrscheinlich wollte sie lediglichihren Großvater nicht stören, doch die Wirkung war unheimlich. Jonas schauderte, fast so, als wäre er einer der Kolonisten:
     ausgesetzt und durch einen Ozean von allen getrennt, die er kannte.
    Was ist, wenn Katherine, Andrea und ich in der gleichen Situation sind? Wenn wir in der Vergangenheit ausgesetzt wurden wie
     die Kolonisten in Amerika?
    Im Geiste sah er HK über eine Art Computermonitor gebeugt verzweifelt nach ihnen suchen. Er würde sie
bestimmt
suchen. Dessen war sich Jonas gewiss. Doch die Zeit war nun einmal endlos, oder nicht? Und wenn HK sie nun niemals fand?
    Was ist, wenn das zum Plan gehört?, fragte sich Jonas. Wenn Andreas mysteriöser Unbekannter

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