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Die Ausgesetzten

Die Ausgesetzten

Titel: Die Ausgesetzten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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den Augen, trotzdem fuhr er leise fort.
    »Und du, Kind? Wer nahm sich deiner an?«
    »Der Stamm auf Croatoan ist sehr gütig. Die wenigen, die noch übrig sind«, sagte Andrea. »Sie betrachten mich als eine der
     Ihren. Wir haben uns ihnen mit entfernten Verwandten angeschlossen.«
    »Gütig?«, unterbrach sie Antonio. »Sie haben dich, ein Mädchen, allein auf eine Insel des Bösen geschickt! Das nennst du gütig?«
    Andrea runzelte die Stirn.
    »Es ist nicht ihre Schuld«, sagte sie. »Die Krankheit ist zurückgekehrt und viele sind wieder geschwächt. Ich habe mich selbst
     dazu entschlossen, um mit den bösen Geistern Frieden zu schließen. Ich dachte, wenn ich die Toten begrabe und die Gebeine
     der Tiere, könnte ich zeigen, dass die Menschen von Croatoan ehrbare Leute sind   … dass sie es verdient haben, zu leben und nicht zu sterben und allesamt zugrunde zu gehen.«
    Ihre Stimme war voller Trauer.
    Das frische Grab, durchfuhr es Jonas. Das ist die Erklärung! Es war Andrea – oder vielmehr Virginia Dare. Sie hat die Gebeine
     der Menschen begraben, die hier vor Jahren an einer Seuche gestorben sind. Vielleicht hat sie alle in ein Grab gelegt oder
     es gibt noch weitere frische Gräber, die ich nicht gesehen habe.
    Katherine wandte den Kopf, um Jonas etwas ins Ohr zu flüstern.
    »Hast du auch das Gefühl, als hätten sie komplett vergessen, dass wir hier sind?«, fragte sie. Sie fing an zu winken und zu
     rufen. »He, Andrea! Kennst du uns noch?«
    Im nächsten Moment hielt Zwei ihr den Mund zu.
    »Pst! Misch dich nicht ein!«, zischte er, was Jonas schon ein wenig lustig fand, angesichts dessen, was Zwei getan hatte.
    Andrea wirkte einen Moment lang irritiert, doch sie sah sich nicht um. Auch Brendan und Antonio blickten nicht auf. John White
     hingegen sah mit zusammengekniffenen Augen zum Wald.
    »Täuschen mich meine Augen und Ohren?«, murmelteer. »Oder sehe ich dort weitere Traumgestalten, die auf grausige Art lebendig werden?« Er blinzelte. Vielleicht war seine
     Sehkraft nicht die beste. Sein Blick wanderte zu Andrea zurück. »Vielleicht habe ich mich geirrt und du bist auch nur ein
     Trugbild? Träume ich und bilde mir nur ein, dass ich nicht mehr schlafe?«
    »Ich bin wirklich«, beharrte Andrea. »Du schläfst nicht. Aber leg dich zurück, Großvater, und ruh dich aus.«
    Gehorsam legte sich John White wieder hin. Kaum eine Sekunde später, so schien es Jonas, hörte er den alten Mann schnarchen.
    Kurz darauf stapfte Andrea zu Jonas, Katherine und Zwei hinüber.
    »Mach es nicht kaputt«, befahl sie Katherine. »Wenn mein Großvater irgendetwas hört oder sieht, was er nicht versteht, bringt
     es ihn völlig durcheinander. Dann muss er wieder schlafen. Und du und Jonas, ihr passt für ihn nicht ins Bild. Ihr   –«
    »Was? Willst du damit sagen, dass wir hier nicht hingehören?«, fragte Katherine entrüstet. »Nach allem, was wir für dich getan
     haben? Dir so geholfen haben?«
    Ein Ausdruck von Ungeduld huschte über Andreas Gesicht.
    »Das ist es nicht«, sagte sie. »Ich bin euch ja dankbar für alles, was ihr getan habt. Aber spürt ihr nicht, wie zerbrechlich
     das alles ist? Eine falsche Bewegung und die Zeit reißt mich wieder fort. Dann renne ich zum Wald   …«, sie zeigte auf die Bäume und für einen kurzen Moment meinte Jonas den anderen geisterhaften Markerwieder sehen zu können, »…   und mein Großvater treibt davon. Für mich unerreichbar.«
    »Tatsächlich?«, sagte Zwei, als habe ihm Andrea gerade ein verblüffendes Detail enthüllt. »Du spürst immer noch den Sog des
     ursprünglichen Markers?«
    »Er wird von Minute zu Minute schwächer«, sagte Andrea. »Aber trotzdem   …«
    Zwei runzelte die Stirn.
    »Dabei war ich mir so sicher«, murmelte er.
    Jonas beschloss, dass es an der Zeit war, das Gespräch selbst in die Hand zu nehmen.
    »Keine Sorge, Andrea«, sagte er. »Vergiss nicht, dass alles nur vorübergehend ist. Wir werden die Zeit reparieren – was immer
     das jetzt heißt – und dann kehren wir alle ins einundzwanzigste Jahrhundert zurück, in unser ganz normales Leben.«
    Normal
hörte sich für Jonas im Augenblick besonders gut an. Selbst die langweiligsten Momente seines Alltagslebens im einundzwanzigsten
     Jahrhundert erschienen ihm inzwischen schmerzhaft schön. Sich die Zähne zu putzen. Den Kühlschrank aufzumachen und nach einem
     kleinen Snack Ausschau zu halten. Mit der Fernbedienung durch die Kanäle zu zappen. Darauf zu warten, dass

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