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Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Titel: Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joelle Charbonneau
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pflegen, um der kaum noch fruchtbaren Erde am Rand der Kolonie zu trotzen.
    »Wenn wir nicht endlich aufbrechen, wird keiner von euch in Zukunft viel zu tun haben.« Mutter ist schon vorausgegangen, und ihre Stimme klingt scharf. Meine Brüder und unser Vater folgen ihr rasch. Die Tatsache, dass es keineswegs den Anschein hat, als ob Zeen oder Hamin in nächster Zeit heiraten würden, macht unserer Mutter schwer zu schaffen.
    Dads Arbeit ist der Grund dafür, dass unser Haus weiter vom Zentrum der Kolonie entfernt liegt als die meisten anderen. Meine Brüder und mein Vater haben die Erde rings um unser Zuhause urbar gemacht, sodass dort inzwischen üppige Pflanzen und Bäume gedeihen, doch schon ein paar Hundert Schritte von unserer Haustür entfernt ist der Boden rissig und aufgesprungen. Dort wachsen nur einige Gräser und ein paar niedrige, armselige Bäume. Dad hat mir erzählt, dass es um den Erdboden Richtung Westen noch viel schlimmer bestellt ist, was der Grund dafür sein dürfte, dass die Verantwortlichen der Five-Lakes-Kolonie diesen Ort hier für die Ansiedlung bestimmt haben.
    Gewöhnlich fahre ich mit dem Fahrrad. Einige der Kolonie-Bewohner besitzen eigene Autos, aber Benzin und Solarzellen, die groß genug wären, um sie anzutreiben, sind viel zu wertvoll für den alltäglichen Gebrauch. Heute trotte ich hinter meiner Familie her, als wir die beinahe fünf Meilen zu unserem Marktplatz zu Fuß zurücklegen. Dieser Platz hat die Form einer Schildkröte mit einer ovalen Mitte und vier Anhängseln an den Seiten. Im Zentrum befindet sich ein wunderschöner Springbrunnen, der klares, glitzerndes Wasser in die Luft schleudert. Dieser Brunnen ist ein wahrer Luxus, denn es ist ansonsten nicht immer leicht, an frisches Wasser zu kommen. Wir halten an dieser Verschwendung fest, um den Mann zu ehren, der herausgefunden hat, wie man nach dem Stadium Sieben die Kontaminierungen aus den Seen und Teichen herausfiltern kann. Das, was von den Weltmeeren noch übrig ist, ist weitaus schwieriger zu reinigen.
    Der Boden unter meinen Füßen wird immer grüner, und je näher wir dem Mittelpunkt der Kolonie kommen, desto lauter wird der Gesang der Vögel. Mom spricht unterwegs nicht sehr viel. Zeen zieht sie damit auf, dass sie mich nicht erwachsen werden lassen will, aber ich denke, dass das nicht der Grund für ihre Schweigsamkeit ist.
    Vielleicht aber auch doch.
    Mom und ich sind an sich immer gut miteinander ausgekommen, aber seit ein paar Jahren schon werden wir uns zunehmend fremder. In der letzten Zeit hat sie mir nicht mehr so bereitwillig bei den Hausaufgaben geholfen, und sie ist nur noch daran interessiert, die Jungs zu verheiraten und darüber zu sprechen, was für eine Ausbildung mir nach meinem Schulabschluss vorschwebt. Jeder Hinweis darauf, dass ich ja auch für die Auslese ausgewählt werden könnte, ist unerwünscht. Und so spreche ich schon seit Längerem immer weniger mit ihr und immer mehr mit meinem Vater. Er wechselt nämlich nicht das Thema, wenn ich von der Universität anfange, obwohl auch er mich nicht in meinen Träumen bestärkt. Ich schätze, er will nicht, dass ich enttäuscht werde.
    Die Sonne brennt heiß, und als wir den letzten Hügel erklimmen, rinnt mir der Schweiß den Rücken runter. Unmittelbar hinter der Kuppe höre ich Musik und Gelächter, was mich dazu veranlasst, meine Schritte zu beschleunigen. Kurz bevor wir den Gipfel des Hügels erreichen, legt mir Dad einen Arm um die Schultern und bittet mich, die anderen schon mal vorgehen zu lassen.
    Die aufgeregte Stimmung auf der anderen Seite des Hangs zieht mich magisch an, aber ich bleibe stehen und frage ihn: »Stimmt etwas nicht?« In seinen Augen sehe ich dunkle Schatten, obwohl sein Lächeln strahlend ist.
    »Nein, nein, es ist alles in Ordnung«, sagt er. »Ich will nur einen Augenblick mit meinem kleinen Mädchen allein sein, ehe der Trubel losgeht. In dem Augenblick, wenn wir auf der anderen Seite des Hügels ankommen, wird nichts mehr so sein wie früher.«
    »Ich weiß.«
    »Bist du nervös?«
    »Vielleicht ein bisschen, ja.« Aufregung, Angst und andere Gefühle spielen in mir verrückt, und ich kann kaum sagen, was ich wirklich empfinde. »Es ist seltsam, dass ich nicht weiß, was ich tun werde, wenn ich morgen früh aufstehe.« Die meisten meiner Klassenkameraden haben ihre Wahl für die Zukunft längst getroffen. Sie wissen, wo sie in die Lehre gehen oder ob sie in eine andere Kolonie ziehen werden, um sich Arbeit zu

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