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Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Titel: Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joelle Charbonneau
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drückt mich an seine Brust. »Nun, dann ist es vielleicht ganz gut, dass noch einige hundert Meilen Wegstrecke vor uns liegen, auf denen ich dich dazu bringen kann, dir sicher zu sein.« Er drückt mir einen Kuss auf den Kopf und seufzt: »Wahrscheinlich ist es besser, wenn wir jetzt zurückgehen und unsere Zuhörerschaft ein bisschen unterhalten, ehe sie sich fragt, ob wir von zu viel Hühnchen essen ohnmächtig geworden sind.« Er nimmt meine Hand, und gemeinsam kehren wir zum Schuppen zurück. »Dir ist schon klar, dass ich mein Liebesgeständnis noch einmal fürs Publikum wiederholen muss? Ansonsten werden die Leute sich wundern, warum ich dir plötzlich dauernd sage, wie hübsch du bist.«
    Ich lächele, als wir das Gebäude betreten und ich die Armbänder wieder um unsere Handgelenke befestige. Allerdings fällt mir nun, wo ich weiß, dass wir belauscht werden, absolut nichts ein, was ich sagen könnte. Glücklicherweise scheint Tomas damit kein Problem zu haben. »Ich dachte, ich hätte draußen ein Geräusch gehört, aber ich habe mich wohl geirrt. Da war niemand. Es braut sich ein Sturm zusammen. Wahrscheinlich treibt der Wind Geröll vor sich her.«
    Eine Sekunde lang bin ich verwirrt. Dann dämmert mir, dass er unseren Zuhörern die Stille der letzten Zeit erklären will. »Gut«, sage ich. »Nach letzter Nacht können wir beide ein bisschen Ruhe gebrauchen. Ich bereue es zwar nicht, dass wir den anderen angeboten haben, die Nacht bei uns zu verbringen, aber ich habe kaum ein Auge zugetan, während sie in unserer Nähe waren.«
    »Ich weiß.« Tomas setzt sich und klopft auf den Boden neben sich, damit ich ebenfalls Platz nehme. »Ich habe auch nicht viel Schlaf bekommen.«
    »Und wie erklärst du dir dann dein Schnarchen?«, ziehe ich ihn auf, obwohl Tomas keineswegs geschnarcht hat. Bestimmt wird unsere Zuhörerschaft das amüsant finden. Wir unterhalten uns noch eine Weile über die anderen Kandidaten und spekulieren, wie es unseren Freunden bislang wohl ergangen ist und ob sie sich mit anderen zusammengetan haben oder ob sie sich allein durchschlagen. Inzwischen beginnt draußen der Sturm zu heulen, und die ersten Regentropfen prasseln auf das Dach.
    Als es vollkommen dunkel in der Scheune geworden ist, legen wir uns schlafen. Wir haben uns in die hinterste Ecke zurückgezogen, wo wir glauben, am besten vor dem Unwetter geschützt zu sein. Dort liegen wir nun und lauschen auf den Regen, der in Sturzbächen vom Himmel kommt. Das Wasser tropft durch die Löcher im Dach, aber die Stelle, die wir uns ausgesucht haben, bleibt zu unserem Glück trocken.
    Tomas legt mir den Arm um die Schultern und sagt: »Weißt du, ich habe letzte Nacht wirklich die meiste Zeit über wach gelegen. Keine Ahnung, ob das jetzt der richtige Zeitpunkt ist, es dir zu gestehen, aber: Tracelyn hatte recht. Ich bin wirklich in dich verliebt.«
    Auch wenn ich diese Worte nun schon zum zweiten Mal höre und weiß, dass sie für Dr. Barnes gedacht sind, bleibt mir trotzdem die Luft weg. Wie beim letzten Mal küsst mich Tomas, doch jetzt dauert der Kuss länger, ist inniger und erregt mich. Als Tomas mich wieder freigibt, brauche ich eine ganze Weile, um wieder zu mir zu kommen. Ich lächele im Dunkeln, kuschele mich an ihn und flüstere: »Ich denke, ich liebe dich auch.«
    Seine einzige Antwort darauf ist ein leises Kichern, das mich in den Schlaf begleitet.
    Irgendetwas stimmt nicht.
    Tomas’ Arm ist noch immer um mich gelegt, und er selbst atmet ruhig und gleichmäßig. Ein hellgrauer Lichtstrahl fällt quer durch die Scheune. Der Regen hat nachgelassen.
    Ich lege meinen Kopf wieder auf den Boden, schließe die Augen und versuche, noch ein paar Minuten länger zu schlafen. Plötzlich höre ich es.
    Ein schnaufendes Atmen. Da ist jemand.
    Mit einem Schlag sind meine Augen offen; ich hebe den Kopf und schaue mich im Dämmerlicht der Scheune um. Nichts. Jedenfalls kann ich nichts entdecken. Das Atmen klingt ganz nah. Rasch schließe ich meine Augen wieder, konzentriere mich auf mein Gehör und versuche herauszufinden, aus welcher Richtung das Geräusch kommt. Die Quelle scheint sich unmittelbar hinter mir zu befinden.
    Mit pochendem Herzen schlüpfe ich vorsichtig unter Tomas’ Arm hervor, richte mich langsam auf und drehe den Kopf, um zur Mauer hinter uns zu schauen. Da ist nichts, und doch kann ich noch immer rasches Ein- und Ausatmen hören. In einer Ecke der Wand klafft ein breiter Riss, durch den das Sonnenlicht hereinströmt.

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