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Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Titel: Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joelle Charbonneau
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für möglich gehalten, dass das Vereinigte Commonwealth fähig wäre, Testkandidaten sterben zu lassen, wenn es den Prüfern während des Auswahlverfahrens gerade in den Kram passt. Auch wenn die Tiere, denen wir soeben entkommen sind, keinerlei Anzeichen von menschlichen Eigenschaften aufgewiesen haben, fahren wir sicherheitshalber weitere fünfzehn Meilen, ehe wir anhalten und versuchen, wieder zu Atem zu kommen.
    Ich steige ab, lege mein Fahrrad auf den Boden und werfe mich in Tomas’ ausgebreitete Arme. Als ich meinen Kopf an seine Brust schmiege, höre ich sein Herz hämmern und weiß, dass meines ebenso schnell schlägt. Wir sind am Leben. Seitdem man schon kurz nach Beginn dieses Prüfungsteils auf mich geschossen hat, habe ich mich die ganze Zeit über auf die Gefahr konzentriert, die meine Konkurrenten für mich bedeuten, und auf die Fallen, die die Prüfer der Auslese uns gestellt haben könnten. Die Tiere, die die verseuchten Weiten durchstreifen, hatte ich fast völlig vergessen. Allerdings: Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, frage ich mich, ob sie hier wirklich nur zufällig auf der Jagd waren oder ob da nicht vielleicht sogar ein bisschen nachgeholfen wurde. Die Prüfer haben doch Zäune errichtet. Wenn diese hoch genug sind, um uns im Innern des abgesteckten Gebietes zu halten, wäre es da nicht wahrscheinlich, dass sie auch die Tiere aussperren, die die Prüfer nicht dabeihaben wollen?
    Ich löse mich aus Tomas’ tröstlicher Umarmung, hole eine Wasserflasche heraus und spüle den bitteren Geschmack von Angst und Müdigkeit hinunter. Dann reiche ich die Flasche an Tomas weiter und packe die Nahrungsmittel aus, die wir uns heute zum Frühstück hatten zubereiten wollen. Wie durch ein Wunder sind die Eier, die wir sorgfältig in meine Kleidung gewickelt hatten, unversehrt geblieben. Tomas schlägt vor, dass wir ein Feuer machen und sie kochen, da wir uns ohnehin eine Ruhepause gönnen müssen. Wir sind beide erschöpft von unserer Flucht.
    Jedenfalls halte ich die wilde Verfolgungsjagd für den Grund unserer Müdigkeit. Während wir Zweige und Stöcke fürs Feuer sammeln und Tomas sich hinkniet, um ein Streichholz anzureißen, entdecke ich jedoch, dass Blut hinten durch seine Hose gesickert ist. Bei diesem Anblick läuft es mir eisig über den Rücken, und mir fällt auf, wie blutleer Tomas’ Gesicht geworden ist, nun wo die Anstrengung vorbei ist, welche ihm zuvor die Röte in die Wangen getrieben hatte. Seine Hand mit dem Streichholz zittert, als er die gestapelten Zweige entzündet und zu einem knisternden Feuer anbläst.
    Ich hole mein Erste-Hilfe-Set aus der Tasche und sage Tomas, er solle sich hinlegen.
    Er wirft mir ein schmerzverzerrtes Grinsen zu. »Sag einem Mädchen, dass du es liebst, und schon fängt es an, dich herumzukommandieren. Aber ich schätze, ich sollte mich nicht beklagen. Vermutlich bittest du mich als Nächstes, meine Hose runterzulassen.«
    Ich lache, aber als ich sehe, dass die ausgebrannte Wunde frisch aufgerissen ist, vergeht mir der Spaß. Nachdem ich das Blut weggewaschen habe, sticht mir sofort die leichte Rötung rings um die Verletzung ins Auge, die für eine Infektion spricht. Die Entzündung ist nicht schlimm – noch nicht jedenfalls. Aber sie könnte es sehr schnell werden, wenn wir nicht aufpassen. Als ich über die möglichen Ansteckungsherde unterwegs nachdenke, wird mir sehr schnell klar, dass ich die Behandlungsmethoden ändern muss. Nicht dass es jetzt leichter für mich werden würde.
    Ich bringe Tomas dazu, mehrere Schmerztabletten auf einmal zu schlucken und viel Wasser zu trinken, bevor ich eine Nadel sterilisiere, einen Faden einfädele und mich an die Arbeit mache. Tomas zuckt zusammen, als sich die Nadel in sein Fleisch bohrt. Vielleicht aber war auch ich diejenige, die zusammengezuckt ist. Mein Herz hämmert, mein Magen verkrampft sich, und ich beiße die Zähne aufeinander, während ich die Nadel durch das Gewebe schiebe, den Faden straff ziehe und die Prozedur wiederhole. Der frische Riss ist etwas mehr als einen Zentimeter lang, aber jeder Stich ist so klein, dass ich beinahe ein Dutzend davon brauche, um alles zu verschließen. Tomas gibt keinen Laut von sich, doch jedes Mal, wenn er das Gesicht verzieht, schmerzt mir das Herz. Dr. Flint hat mal zu mir gesagt, dass es schlimm für Ärzte sei, Menschen zu behandeln, die sie lieben, und dass er deshalb hoffe, niemals Dad oder eines von uns Kindern operieren zu müssen. Er befürchte, dass

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