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Die außergewoehnlichen Geheimnisse von April, May & June

Die außergewoehnlichen Geheimnisse von April, May & June

Titel: Die außergewoehnlichen Geheimnisse von April, May & June Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Benway
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mich, ob er mich jetzt gerade überhaupt sehen konnte oder ob ich verrückt geworden war, ob etwas an mir so irre war, dass mein Körper lieber verschwand, als sich von meinem eigenen Vater zu verabschieden.
    Ich riss mich zusammen und winkte ihm zu. Im Seitenspiegel sah ich, dass Junes Lippen zitterten, doch dann biss sie drauf und zwinkerte hastig. Sonst tut sie das immer, wenn sie mit jemandem flirten will, obwohl es ja eher so aussieht, als ob ihr eine Kontaktlinse verrutscht wäre. Mir war allerdings klar, dass sie im Moment nicht süß wirken wollte.
    Als June ihre Gesichtszüge wieder einigermaßen unter Kontrolle hatte, öffnete ich die Autotür und setzte vorsichtig einen Fuß auf die Straße. In dem Moment, in dem ich ihn so auf dem Boden stehen sah, war ich mir gar nicht so sicher, ob ich darüber froh sein sollte oder nicht.

Kapitel 3
    Â» Ich konnte mich genau erinnern.
    Und wie ich mich erinnern konnte. «
    June
    ICH HAB’S GEWUSST – OH MEIN GOTT, ICH HAB’S GEWUSST.
    Ich wusste es in dem Augenblick, als wir an diesem Obdachlosen vorbeigefahren sind. April dachte, ich bin total unsensibel, aber ich erzähle euch mal, was wirklich passiert ist.
    Denn als wir an ihm vorbeigefahren sind, da war ich überhaupt nicht gehässig.
    Ich konnte seine Gedanken lesen.
    IST DOCH VOLL ABGEDREHT, ODER ?
    Okay, nicht halb so abgedreht wie seine Gedanken, das kann ich euch sagen.
    April erzählt die Geschichte immer so, als wär alles eine einzige epochale Riesenüberraschung gewesen, und May sagt immer, dass es erst dann richtig dramatisch wurde, als sie mit ins Spiel kam und mitten im Feierabendverkehr das Leben von uns allen aufs Spiel gesetzt hat. Von mir aus.
    Ich erzähle meinen Schwestern nun schon seit Jahren, wie alles angefangen hat, aber mir glaubt ja keiner. Sie dachten immer, das sei nur so eine nette kleine Geschichte, die ich mir da zusammengesponnen habe.
    Aber das ist jetzt anders. Auf einmal hören sie mir zu.
    Wisst ihr, wenn man die Jüngste ist, wird immer alles darauf zurückgeführt, dass man halt das Küken ist und bleibt. Angenommen, ihr ekelt euch vor Spinnen und vielleicht – NUR VIELLEICHT – habt ihr mal ’ne Schwarze Witwe in der Ecke von eurem neuen Zimmer gesehen und VIELLEICHT wart ihr schon ziemlich müde und vielleicht habt ihr NUR EIN WINZIGES BISSCHEN geschrien und schon waren sich eure doofen Schwestern ganz sicher, dass ihr euch natürlich nur deshalb vor Spinnen ekelt, weil ihr die Jüngste in der Familie seid.
    Voll das Klischee, ich weiß.
    Aber ich kann mich auch erinnern, wie ich mit meinen Schwestern draußen gespielt habe. Ich war vier Jahre alt, May fünf und April sechs. Es war Sommer und meine großen Schwestern mussten mal wieder voll fies zu mir sein und wollten mich nicht mitspielen lassen. Da hab ich geheult. Aber nicht weil ich das Küken bin, sondern weil May schon zwei Barbiepuppen von mir den Kopf abgerissen hatte und weil ich eben zufällig ziemlich empfindlich auf Zurückweisung reagiere.
    Ich kann Aprils Stimme noch ganz deutlich hören. »So ein Baby.«
    Â»Ich bin kein Baby!«, hab ich sie angeschrien.
    Â»Hab ich auch gar nicht gesagt!«, schrie sie zurück.
    Â»Doch, hast du, ich hab’s genau gehört! «
    Â»Ich hab überhaupt nichts gesagt!«
    Ich holte Luft, wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und griff zu meiner ultimativen, unschlagbaren Waffe. »Das sag ich Mom!«
    Und das war der Moment, als May eingriff. Ihre Haare waren damals noch heller – genauso blond wie die von April – und ich weiß noch, wie sie im Sonnenlicht fast durchsichtig aussahen. »Hey«, sagte sie grinsend, »guckt mal alle her.«
    April und ich sahen sie an. April fragte sie noch mit nachdenklich gerunzelter Stirn: »Wo willst du denn hin?«, und dann verschwand May.
    Ãœber unseren Köpfen raschelten die Blätter, als wäre May durch sie hindurch verschwunden, und im Glas der Terrassentüren konnte ich das Spiegelbild meines Gesichts sehen. Natürlich hatte ich das Heulen total vergessen. April neben mir war genauso baff wie ich.
    Als ich schließlich blinzelte, stand May wieder da. Sie war verdammt stolz auf sich. »Irrsinn«, sagte sie. Das Wort hatte sie bei unserem Nachbarn aufgeschnappt, der dreimal in der Woche morgens in der gewaltigen Brandung vor Newport Beach surfen ging. »Irrsinn«,

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