Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney
der anderen wurde in das kleine Boot verfrachtet.»Wollt Ihr mit oder wartet Ihr noch ein wenig?«, fragte einer der Matrosen.
»Ich warte.« Sie ging am Kai entlang und besah sich die Häuser, die wie Puppenhäuser wirkten. Alles schien hier klein, aber fein zu sein. Die Fensterläden waren grün oder blau gestrichen, Efeu wucherte über Zäune und an Hauswänden. Von nun an, machte sie sich klar, werde ich für lange Zeit keinen festen Boden mehr unter den Füßen haben.
»Emma?« Carl kam lachend auf sie zu, beladen mit Paketen und Päckchen – ihrem Einkauf. »Hast du etwa die ganze Stadt leer gekauft?«
Emilia wurde rot. »Nein, das sind nur Stopfgarn und Seife, Tuch, um etwas zu nähen, und …«
»Liebes, du bist mir keine Rechenschaft schuldig. Ich vertraue darauf, dass du nicht sinnlos Geld aus dem Fenster wirfst.« Er schaute sich um, sah zum Schiff. Das Ruderboot hatte die Fracht entladen und kam zurück zum Hafen. Dort wartete schon der Smutje mit weiteren Einkäufen.
Karamell zierte sich dieses Mal, in das Boot zu steigen, und Carl musste sie hineinheben. An Bord kam Emilia nur über die Leiter. Carl ließ alle vor ihr nach oben klettern, blieb hinter ihr zurück. Erst als sie die Röcke raffte, um an Deck zu steigen – Wölsch half ihr über die Verschanzung –, wurde ihr klar, warum Carl so entschieden hatte. Er folgte ihr und grinste. Den Hund zog man in einem Sack nach oben. Karamell ließ es über sich ergehen und drückte anschließend ihren Kopf an Emilias Knie.
Sie hatte Carl gefragt, ob sie das Tier mitnehmen könne.
»Natürlich«, hatte er geantwortet. »Wir haben meist Tiere an Bord, oft auch einen Hund. Immer eine Katze. Die Matrosen kaufen sich häufig Tiere, die sie in Käfigen halten, und sie kümmern sich immer rührend um die Viecher, ob es nun Affen oder Vögel sind, aber meist überleben die Tiere die Fahrt nicht.«
»Und Hunde?«, hatte Emilia angstvoll gefragt.
»Hunde schon. Ich kenne einen Kapitän, der nimmt seit acht Jahrenseinen Hund mit auf große Fahrt. Das Tier hat öfter die Linie gekreuzt als mancher Seemann in seinem Dienst«, beruhigte er sie.
»Drei Tage«, meinte Wölsch beim Abendessen, »dann sollten wir beladen sein. Ich habe Gemüse, Kartoffeln und Speck geordert. Drei Schweine sind auch an Bord und einige Hühner. Wenn wir morgen ins Dock kommen, können wir die Kohle aufnehmen.«
Carl nickte zufrieden. Die drei Tage zogen schnell vorbei. Jeden Morgen begleitete Emilia zusammen mit Karamell ihren Mann zum Kontor, wo Briefe empfangen und aufgegeben wurden, Orders ankamen. Meist spazierte sie dann noch ein wenig durch das Städtchen und traf sich anschließend mit ihm auf einen Tee im Gasthaus. Karamell hatte inzwischen begriffen, dass es ihr nicht so erging wie den Schweinen, klaglos ließ sie sich in den Sack packen, um aufs oder vom Ruderboot gehoben zu werden.
Der Brief ihres Vaters lag Emilia schwer im Magen. Immer wieder setzte sie zu einer Antwort an, knüllte dann jedoch das Papier zusammen und warf es fort. Erst am letzten Morgen, kurz bevor sie ablegen sollten – der Lotse war bereits an Bord –, fand sie die richtigen Worte. Sie erklärte ihren Eltern, warum sie diesen Weg ging. Dass sie Lessing von ganzem Herzen liebte und mit ihm zusammen sein wollte. Sie erinnerte an die schlichten Tage ohne Pomp in Othmarschen, wie sehr sie das Leben dort geliebt hatte und wie anders es in Hamburg bei Onkel und Tante gewesen war.
»Prunk und Geld ist nicht alles im Leben, meine geliebten Eltern, und gerade Ihr solltet das wissen. Wie glücklich waren wir doch am Küchentisch, viel glücklicher als später im Esszimmer und Salon. Carl Gotthold liebt mich. Er wird immer für mich da sein und mich beschützen, in guten wie in schlechten Tagen. Er hat mich um meiner selbst willen geheiratet und nicht wegen einer Mitgift oder um Geschäfte zu verbinden. Er hat mich genommen, obwohl mir der Bruch mit meiner Familie drohte. Er steht zu mir und an meiner Seite, so, wie ich an der seinigen stehe. Von nun an und für immer. Ihr müsst ihn nicht mögen. Ihr müsst unsere Ehe nicht akzeptieren, aber ich wünsche mir von Herzen, dass Ihr ein wenig Verständnis für michaufbringt. Ich will kein Geld und keine Hilfe von Euch – Gott bewahre –, ich möchte nur so sehr, dass Ihr mich und mein Handeln versteht. Es ist mein Leben und ich muss es führen, so gut es mir gelingt. Keinen anderen Mann kann ich mir an meiner Seite vorstellen.
Bitte versucht mich zu
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