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Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Titel: Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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und zu stören. Doch außer der Kammer gab es kaum eine Rückzugsmöglichkeit für sie. In der Kajüte beugten sich Carl und die Steuermänner über dieKarten, legten die Routen fest, überprüften alle Papiere. An Deck herrschte reger Betrieb, und Emilia schien es, dass sie noch lange nicht fertig waren. Doch am Abend kehrte endlich Ruhe ein. Sie war nur von kurzer Dauer, das Barometer fiel und Wind kam auf. Carl fürchtete, dass das Wetter ihnen einen Strich durch die Rechnung machen würde. Immer wieder ging er an Deck, schaute nach dem Flögel, klopfte auf das Barometer. Um vier Uhr morgens, in tiefster Dunkelheit, kochte der Smutje den ersten Kaffee. Dann meldete der Steuermann den Lotsen. Der Schlepper kam längsseits. Emilia überlegte nicht lange, sie stand auf und kleidete sich an. Noch war es ungewohnt, dies ohne Hilfe zu tun. Die neuen Kleider, die sie hatte nähen lassen, trug sie ohne Krinoline. Nur zwei Unterröcke mit einigen Volants erinnerten an die gängige Mode. Vorsichtig ging sie zur Tür der Kajüte und stieg die drei Stufen empor. Unsicher blieb sie dort stehen. Langsam zog der Hafen vorbei, als endlich der Morgen dämmerte und das Schiff loslegte. In der Stadt leuchteten die ersten Lichter auf, die Laternen brannten noch. Und dann das Elbufer, die Chaussee. Emilia starrte in die Dämmerung, suchte vertraute Punkte. Doch vom Schiff aus hatte sie das Ufer nur einmal als Kind gesehen und sie war unsicher.
    Da, der Deich, und oben, über dem Deich, das Dach ihres Elternhauses. Sie meinte sogar, das Fensterchen ihres Mansardenzimmers entdecken zu können. Bald schon weitete sich die Elbe. Emilia ging zurück in die Kajüte und setzte sich auf das rote Sofa. Der Steward kam und sah sie überrascht an. »Ihr seid schon auf?«
    »Nun, es ist für mich das erste Mal, dass ich auf große Fahrt gehe. Ich wollte noch einen letzten Blick auf Hamburg werfen«, gestand sie.
    »Ach, ich weiß es noch genau, es war vor zehn Jahren und ich war ein pickeliger Schiffsjunge, als ich zum ersten Mal auf Fahrt ging. Ich war so aufgeregt, ich hätte mich beinahe bepinkelt.« Erschrocken sah er sie an und schlug sich die Hand vor den Mund. »Verzeiht, gnädige Frau.«
    Emilia konnte sich kaum halten vor Lachen. Die Anspannung derletzten Tage fiel von ihr ab, löste sich in dem befreienden Lachen. »Ist schon gut«, keuchte sie schließlich.
    »Soll ich Euch Kaffee bringen?«
    »Gerne.«
    Drei Stunden später schien ein Ruck durch das Schiff zu gehen. Hastig nahm Emilia ihren Mantel und ging zur Treppe. Bis auf das Deck traute sie sich nicht, sie wollte nicht im Weg sein, aber von der obersten Stufe aus hatte sie einen guten Überblick.
    Die Matrosen kletterten in die Masten, riefen sich Kommandos zu. Der Lotse gab Carl die Hand, ging dann zur Brüstung und schwang sich hinüber. Er kletterte die Leiter hinab und sprang in das Boot, das längsseits gekommen war.
    »Emma!«, rief Carl. »Du bist schon wach?«
    »Schon längst, es ist doch fast Mittag.« Wieder lachte sie.
    »Komm her. Komm zu mir.«
    Vom Oberdeck aus konnte sie das kleine Boot sehen, das den Lotsen abgeholt hatte. Wie eine Nussschale tanzte es auf den hohen Wellen.
    »Die Nordsee«, sagte Carl zufrieden. »Jetzt geht es auf Fahrt.«

15. K APITEL
    Alle vier Stunden, lernte Emilia bald, wechselte die Wache. Ein lauter Ruf scholl über das Schiff: »Koje de Wacht«.
    Pünktlich um zwölf wurde das Essen serviert. Es war Emilias erste Mahlzeit auf See. Sie aß mit Appetit, doch schon bald wurde ihr übel. Das Schiff rollte durch die Wellen, sie konnte kaum gehen, ohne sich abzustützen, und bewunderte die Männer, die anscheinend kein Problem mit dem schwankenden Boden hatten. Es war ihr peinlich, aber sie musste nach einem Eimer fragen und legte sich auf das kleine Sofa in der Kammer, den Eimer neben sich, und erbrach sich wieder und wieder.
    Besorgt schaute Carl nach ihr. »Die Seekrankheit. Das gibt sich«,sagte er und reichte ihr einen nassen Waschlappen. »Du solltest dich nach jeder Mahlzeit kurz niederlegen. Der Smutje wird dir einen Tee kochen.«
    »Keine Umstände«, murmelte Emilia schwach, war aber dennoch froh, als der Steward ihr das heiße Getränk brachte.
    »Der Smutje hat Euch etwas Ingwer in den Tee getan. Das schmeckt scharf, aber es beruhigt den Magen«, erklärte er.
    Den ersten Abend auf See verbrachte Emilia allein in der Kammer. Nur Karamell leistete ihr Gesellschaft.
    Das Schiff schaukelte und schwankte, neigte sich, richtete sich

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