Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney
und die Order abzuliefern, aber Emilia nicht. Sie segelten aus der schönen Bucht und sahen zu den bunten Häusern und den Standseilbahnen, die Emilia auch dieses Mal mit Vergnügen benutzt hatte.
Es ging erst nach Norden auf den Pazifik und dann nach Süden. Der Rückweg war einfacher zu segeln, die Strömungen günstiger, dennoch war es ein riskantes Unterfangen.
Carl hatte jede Zeitung gekauft, der er habhaft werden konnte. Abends saßen sie oft gemeinsam mit den Steuerleuten in der Kajüte und lasen sich gegenseitig Zeitungsartikel vor, die sie interessant fanden. Das Petroleumlicht über dem großen Tisch leuchtete sanft, Emilia hatte auch einen Kasten mit Blumen angelegt, ihr »Gärtchen«.
Nur Karamell machte ihr plötzlich Sorgen. Die Hündin lag oft auf dem Mitteldeck, und noch nicht einmal Ferdinand vermochte es, sie zum Spielen zu bringen. Außerdem fraß sie plötzlich sehr gierig, erbrach dann aber.
Abends lag sie an Emilia gedrückt und in den Nächten, die Carl am Steuer verbrachte, kroch sie zu ihr ins Bett.
»Sie ist krank«, sagte Emilia traurig zum Smutje. »Sie verändert sich immer mehr. Ihr war doch sonst nie schlecht, egal, wie sehr das Schiff krängte.«
»Vielleicht muss sie sich ja erst wieder an den Wellengang gewöhnen, Gnädigste«, versuchte Piet sie zu trösten. »Ich koche ihr Reis undHühnchen, das hilft auch bei Hunden, wenn sie einen empfindlichen Magen haben.«
Doch Karamell machte auch anschließend noch einen sehr erschöpften Eindruck.
Nach fünf Wochen auf See war sich Emilia sicher, dass die Hündin schwer erkrankt war. Sie konnte es kaum fassen und weinte bittere Tränen, weil Karamell sich kaum bewegen wollte und immer noch erbrach. Dennoch wollte sie kein krankes Tier an Bord haben.
»Ach, was mach ich nur?«, fragte sie Carl. »Sie hat mich nun einige Jahre so treu begleitet, ich kann sie doch nicht einfach aufgeben.«
»Wir warten noch ein paar Tage ab. Die Tierchen, die sich die Mannschaft gekauft hat, leiden auch unter dem Nordwind und dem Seegang.«
»Aber Karamell hatte das doch noch nie.« Emilia wischte sich die Tränen von den Wangen. »Vielleicht haben die Tiere eine Krankheit an Bord gebracht?«
Carl zuckte mit den Schultern. »Möglich. Selten überlebt eines der Tiere die Passage ums Hoorn. Aber man kann es den Leuten nicht verbieten, es ist ihr Zeitvertreib.«
Paul Paulsen und sein Bruder Torben hatten sich zwei Chinchillas gekauft und hielten sie in einer Kiste im Logis. Manchmal ließen sie die Tiere an langen Leinen über das Vorderdeck laufen. Es waren putzige Gesellen, aber in den letzten Tagen waren auch sie matt und schlaff geworden.
Die kleine Echse, die sich William Palmer gekauft hatte, bewegte sich kaum noch. Jeden Tag brachte er ihr Ameisen oder andere Insekten, die sich im Unterdeck angesiedelt hatten. In den ersten Tagen hatte sie das Ungeziefer mit ihrer schnellen Zunge überraschend geschickt gefangen. Die Mannschaft hatte sich oft johlend um das Tier versammelt und ihr zugesehen. Doch auch ihr schien das Leben an Bord nicht zu bekommen.
Allein der kleine Papagei, den sich Piet gekauft hatte, war wohlauf und schien sich an Bord wohl zu fühlen. Piet hatte ihm einen Ring um den Fuß gelegt und eine dünne Kette daran befestigt. Er lebteauf den Borden im hinteren Teil der Kajüte, wo auch die Hühner hausten, wenn sie nicht in das Gehege im Mitteldeck gebracht wurden.
»Karamell wird sterben.« Emilia war in die Kombüse gekommen, um ihre Tochter abzuholen. Wann immer es ging, holte der Smutje sie nach vorn. Sie lachte inzwischen schon, wenn sie ihn sah, und griff in seinen struppigen Bart. Bald schon würde sie nicht mehr in das Körbchen passen, aber noch lag sie gerne dort.
Piet lachte laut. »Nein, Karamell wird nicht sterben. Ich habe heute Morgen die Lösung ihres Problems gefunden.«
»Was ist es?«, fragte Emilia leise und konnte seine Antwort kaum fassen.
»Sie ist trächtig. Sie wird werfen.«
»Das kann nicht sein. Sie war doch nie … ich meine … sie war läufig, als wir in Chile waren, aber es ist doch kein Rüde an Bord.«
»Auch dieses Rätsels Lösung habe ich gefunden – ich musste allerdings tief bohren. Sie ist Ferdinand weggelaufen, als er mit ihr an Land war. Er hat sie ein paar Stunden lang suchen müssen und wäre vor Angst beinahe gestorben. Es war ihm so peinlich, dass er nichts davon erzählt hat.«
Emilia schaute nach draußen. Karamell lag am Großmast und ließ sich die Sonne auf den Bauch
Weitere Kostenlose Bücher