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Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Titel: Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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Tag ging er mit ihr an Land. Wenn er Wache hatte, blieb Karamell meist auf dem Mitteldeck oder sie lag in der Kajüte und bewachte das Kind.
    Seit der Smutje jeden Tag nach Emilia schaute, besprach er mit ihr den Proviant und die Mahlzeiten.
    »Wir brauchen einen neuen Eber. Die Sau ist gesund und scheint sich an Bord wohl zu fühlen. Sie hat schon einmal geworfen, vermutlich wird sie das noch mal tun. Besser, wir behalten sie, als sie zu schlachten.«
    Emilia räusperte sich, ihr fiel die Bemerkung ein, die McPhail gemacht hatte. »Bevor ich geschlachtet werde, dann lieber die Sau«, murmelte sie.
    »Gnädigste?«
    Emilia schüttelte den Kopf. »Nichts.«
    »Gänse würde ich gerne mitnehmen und Hühner natürlich. Gänse kann man auch mittschiffs halten. Die Rückfahrt, so wir denn Glückmit den Winden haben, wird schneller gehen, die Strömungen sind günstiger. Trotzdem werden wir nicht vor März in Hamburg sein. Und das auch nur mit viel Glück.«
    »Was ist mit Gemüse und Obst?«
    »Orangen und Äpfel habe ich bestellt, die halten sich auch länger. Zitronen auch. Kohl habe ich bisher nicht bekommen, aber den kriegen wir auch noch in Valparaiso. Frische Sachen habe ich alle – Avocados kamen heute an Bord«, er zwinkerte ihr zu. »Aber für die Fahrt sind sie natürlich nichts. Genau wie Bananen und Mangos. Wobei grüne und unreife Mangos sich eine Weile halten, aber nicht Monate und nicht auf einem Schiff.«
    »Äpfel haben wir immer in Fässern im Keller gelagert – über den Winter. Im Frühjahr waren sie zwar weich und schrumpelig, aber nicht verdorben.«
    »Ja, Gnädigste, aber wir haben keinen Keller. Unter Deck ist es feucht. Manchmal bleibt einem nur Sauerkraut – das hält sich wirklich immer und ewig.« Er seufzte. »Für die Schweine und das Geflügel werde ich auch noch Futter benötigen.«
    »Gibt es Konserven, die wir kaufen können?«
    »Ja, allerdings sind sie noch teurer als in Europa. Einige habe ich jedoch schon bestellt, aber hier läuft die Zeit einfach anders.«
    Carl musste die gleichen Erfahrungen machen.
    »Nie wieder werde ich eine Order in Peru aufnehmen. Das ist zum Verrücktwerden. Der Agent und das Kontor haben alles ordentlich und rechtzeitig verbucht. Ich hatte aus Valparaiso noch hierhergekabelt und uns angekündigt, aber die Ware ist nicht da.« Er lief durch die Kajüte, die Hände im Rücken verschränkt. »Was sollen wir bloß machen?«, fragte er ärgerlich. »Und nun will das Kontor mir Passagiere mitgeben. Die wissen doch, dass das nicht geht.«
    »Passagiere? Im Zwischendeck?«, fragte Emilia verwundert.
    »Nein, nein. Manchmal nimmt man Passagiere mit – von einem Hafen zum anderen. Die Lotsenkammer ist selten belegt, man kann auch einen der Steuerleute umquartieren oder den Steward und nimmt Gäste auf. Das bringt Geld, die Steuerleute bekommen eine kleine Entschädigungund alle sind eigentlich froh, wenn zahlende Gäste an Bord sind. Dann gibt es noch Reisende, die im Zwischendeck mitfahren wollen. Dafür sind wir nicht ausgerichtet. Bis nach Chile würde ich es wohl machen, aber langsam läuft uns die Eisenbahn den Rang ab.« Er schnaufte. »Und Dampfschiffe werden auch kommen.«
    »Dampfschiffe? Aber doch nicht in der Hochsee.«
    »Ich glaube das auch nicht, ich will es nicht glauben, Emma, aber auf kurzen Strecken werden sie ganz sicher besser sein als Segelschiffe.«
    »Bis die Welle bricht, lieber Carl.«
    Emily fing an zu weinen und Emilia nahm das Kind aus dem Körbchen und stillte es. Carls Gesicht veränderte sich, seine Züge wurden weicher, er lächelte. »Sie ist ein Schatz.«
    »Das ist sie. Und die Mannschaft liebt sie. Ich war heute, als es endlich aufklarte und die Sonne schien, zum ersten Mal mit ihr an Deck. ›Da ist ja unsere kleine Lily‹, sagte der Zimmermann. Lily – das klingt nach einem guten Rufnamen für Emily, findest du nicht?«
    »Lily.« Er sprach den Namen langsam und nachdenklich aus, so, als würde er ein Stück Schokolade lutschen. »Das gefällt mir gut. Besser, als zwei Emmas zu haben.« Er lachte leise, wurde dann wieder ernst. »Die ›Weser‹ liegt im Hafen, sie ist heute angekommen und auch der ›Regulus‹. Wir Kapitäne treffen uns heute Abend im Kontor. Ich bin gespannt, wie die anderen die Lage einschätzen.«
    Emilia spürte die Last, die auf Carls Schultern lag, immer deutlicher und er tat ihr leid.
    »Du machst dir zu viele Sorgen«, sagte sie zu ihm.
    Er strich sanft über den Kopf des Säuglings. »Zu viele

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