Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Titel: Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
Vom Netzwerk:
davon, denn er würde mir das Geld sofort zurückschicken, ich weiß, wie stolz er ist.«
    Emilia schluckte und überlegte. Robert hatte recht, Carl würde kein Geld annehmen, er wollte keine Almosen. Aber es wäre dumm, es nicht zu tun. Was, wenn sie einmal nicht so viel Glück bei einem Sturm hätten oder Carl sich verletzte oder krank würde? Wäre es ein Verrat an Carl, diese Summe heimlich in der Hinterhand zu haben? Und wenn alles gutginge, käme das Geld den Mädchen zugute.
    Sie nickte und steckte den Umschlag, den Robert auf den Tisch gelegt hatte, dankend ein.

22. K APITEL
    Ende April sollte die »Sophie« auslaufen. Das ist noch unendlich lange hin, dachte Emilia zu Anfang verzweifelt. Doch dann schien die Zeit zu rasen. Noch so viele Dinge mussten besorgt werden, so viel war zu erledigen.
    Und dann war er plötzlich da, der Tag der Abreise. Kisten und Koffer, Taschen und Körbe waren schon am Tag zuvor nach Hamburg an Bord des Seglers gebracht worden.
    So sehr hatte Emilia diesen Tag herbeigesehnt, doch nun wurde ihr das Herz schwer. Sie würde auf die andere Seite der Welt reisen, auf einen anderen Kontinent, um dort zu leben. Es war nicht nur eine große Fahrt für viele Monate, die sie jedoch letztendlich wieder in den Hamburger Hafen bringen würde, es war ein Abschied für immer.
    Am Ende dieser Reise lag ein neues Leben mit ihrem Mann, dem Vater ihrer Kinder, den sie nun fast zwei Jahre nicht mehr gesehen hatte. Doch Inken und Julius, die beiden Menschen, die ihr nach Carl und den Kindern am meisten bedeuteten, würde sie nie wiedersehen.
    Früh am Morgen, der Nebel lag noch über dem Deich, stand sie auf und ging ums Haus. Sie wollte sich alles noch einmal genau einprägen. Sie lief zum Teich, in dem sie nie wieder geschwommen war, seit ihre Mutter dort ertrank, über die Obstwiese und durch den Kräutergarten zurück zum Haus. Karamell folgte ihr. Obwohl sie sorgsam auf die Hündin aufgepasst hatten, war sie ihnen vor einigen Wochen entwischt. Jetzt war sie trächtig. Hundejunge auf der Überfahrt waren nicht zu verantworten, deshalb musste Emilia sie schweren Herzens zurücklassen. Lady würde sie jedoch mitnehmen.
    Julius würde sie bis zum Hafen begleiten, doch von Inken musste sie sich jetzt verabschieden. Die beiden Frauen nahmen einander in den Arm, drückten sich fest und herzlich. Sie brauchten keine Worte, jede wusste, was die andere fühlte.
    »Schreib!«, rief Inken nur, als Emilia endlich in der Kutsche saß.
    »Ja!«, erwiderte Emilia rasch. »Darauf kannst du dich verlassen.«
    Die »Sophie« war ganz anders aufgebaut als die »Lessing«. Statt des Laderaums war ein Zwischendeck eingezogen worden, in dem die einfachen Passagiere wohnen würden. Es gab Stockbetten mit Strohlagern. Im Unterdeck und im Heck war der Proviant verladen worden. Auf dem Oberdeck um die Kajüte hatte man Kammern für die Passagiere der ersten Klasse gebaut. Die Türen gingen nach außen, auf das Deck, und nicht zur Kajüte, wie bei der »Lessing«. Für Emilia waren zwei dieser Kabinen angemietet worden, die eine Verbindungstür besaßen. In jeder Kabine gab es eine geräumige Koje und einen Waschtisch, ein kleines Sofa in der einen Kabine, zwei Sessel in der anderen. Es gab auch Regalbretter und einen Wandschrank, einen Tisch, Stauraum für die Kisten und Taschen. Ihr weiteres Gepäck war ins Unterdeck gebracht worden.
    Sie sah sich staunend um. Der Steward, Jannes Kraus, zeigte ihr die Kabinen und die Kajüte, wo sie sich zum Essen treffen und auch die Abende gemeinsam verbringen würden. Es gab noch drei weitere Kabinenpassagiere und um die sechzig, die im Zwischendeck reisten.
    »Sie essen mittschiffs, wenn es das Wetter zulässt. Ihr werdet nichtvon ihnen belästigt werden«, sagte Kraus. »Kapitän Decker ist noch im Hafen unterwegs, er wird Euch aber gleich begrüßen.«
    »Sind die anderen Kabinenpassagiere schon an Bord?«, wollte Emilia wissen.
    »Ein Ehepaar vom Niederrhein schon seit gestern. Wir erwarten noch einen weiteren Passagier, er sollte bald kommen.«
    Emilia nickte.
    »Wenn Ihr Hilfe braucht, scheut Euch nicht, mich zu rufen. Es ist noch viel Trubel, weil die Auswanderer jetzt auf das Deck gelassen werden. Ihre Sachen müssen verstaut werden und sie müssen sich einrichten.«
    »Kocht der Smutje für alle?«
    »Zum Teil. Die Hauptmahlzeiten kocht der Smutje. Die einfachen Reisenden können sich zusätzlich selbst verpflegen. Zusammen mit ihrer Fahrkarte haben sie gewisse Anteile an den

Weitere Kostenlose Bücher