Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney
Lebensmitteln gekauft – Reis und Bohnen, Sauerkraut und Pökelfleisch. Sie dürfen aber auch eigene Sachen mitbringen.«
»Und kochen werden sie im Zwischendeck? Ist das nicht gefährlich?«
»Es gibt dort eine Kochstelle, die gut bewacht wird. Aber die Hauptmahlzeiten werden in großen Kesseln in der Kombüse gekocht.«
Rieke packte die Sachen aus, Emilia versuchte sie, so gut es ging, zu verstauen. Über dem Hafen lag dichter Qualm, denn zwei große Dampfschiffe waren eingelaufen. Die Schornsteine qualmten immens, die Segel, die die Schiffe zusätzlich hatten, waren schwarz vor Ruß.
Rieke hustete. »Det kann nich gäsunnd sin«, sagte sie. »All de Qualm.«
»Sie werden sich durchsetzen«, sagte Emilia düster, »und die reinen Segelschiffe verdrängen. Aber noch gibt es keine zuverlässigen Dampfer, die nur mit Maschinen laufen.«
»Wat bin ik froh, dat wir uffm Segelschipp sin.«
Lily stand an der Tür und rüttelte am Türgriff. Sie wollte an Deck. Lady stand neben ihr und wedelte aufgeregt mit der Rute.
»Als ob sie sich daran erinnern, wie es auf einem Schiff ist.« Emilia lächelte.
Minnie jedoch saß auf dem Bett, drückte ihre Stoffpuppe an sich und lutschte am Daumen, sie wirkte verschreckt.
»Det is janz anders als uffm Schipp nach Amerika«, sagte Rieke und schaute sich begeistert um. »Echte Betten, da können wir gut schlafen. Im Zwischendeck is et schrecklich.«
»Wie ist es denn dort?«
»Eng. Un et mieft, dat könnt Ihr Euch nich ausdenken. Alle schlopen in en Ruum, Bett an Bett. Ens überm aneren. Unten die Kisten und Koffern, dazwischen Tisch un Bänk. Kannst di nich drehn or wenden. Un de Happenpappel wat tu eten giev – gräsig!«
»Das Essen ist schrecklich, ja, das glaube ich.«
»Gemös Tach um Tach – Sauerkruut, Bohnen, Sauerkruut. Un Brood, en Stücksken all acht Tage. Mut reichen.«
»Aber die Leute verhungern dann doch.«
»Ja, de en or andere schafft et nich. Wird innen Sack genäht und ab da für innet Wasser.«
Emilia hoffte, dass ihnen solche Erlebnisse erspart blieben. Sie hatte nur Gutes von Kapitän Decker gehört.
Minnie schlief ein und Rieke blieb bei ihr, während Emilia mit Lily und Lady in die Kajüte ging. Auf dem Oberdeck gab es einen Rauchsalon, dort saß ein Mann, der sich sofort erhob, als Emilia eintrat.
»Ihr müsst unsere Begleitung sein, Frau Lessing?«, fragte er und reichte ihr die Hand. Er trug gestreifte Hosen und eine passende Weste, darüber eine dunkle Jacke. Lange Koteletten zierten seine Wangen, das Kinn war glatt rasiert. »Johannes te Kloot aus Krefeld, sehr zu Ihren Diensten.«
»Guten Abend.«
Sein Händedruck war schwach, seine Hand feucht. »Meine Frau ist entzückt, dass sie weibliche Begleitung hat.«
»Wo ist denn Eure Frau?«
»Sie ruht in der Kabine. Die Fahrt hierher war lang und anstrengend. Wir sind froh, endlich an Bord zu sein und das letzte Stück derReise, welches aber auch das Weiteste ist, antreten zu können.« Er lachte. »Was führt Euch nach Australien?«
»Mein Mann«, sagte Emilia und lächelte gezwungen. Te Kloot war ihr sofort unsympathisch, ohne dass sie sagen konnte, weshalb. Sie nahm Lily hoch und nickte ihm zu.
»Ach, er ist schon vorausgereist und lässt Euch nun nachkommen?«
»Richtig.« Emilia wandte sich zur Tür, aber te Kloot folgte ihr.
»Habt Ihr schon die Kajüte gesehen? Alles ganz ordentlich hier auf dem Schiff. Ich hoffe nur, dass uns die Lumpen aus dem Zwischendeck nicht belästigen.«
»Die Lumpen?«
»Nun, die armen Schlucker, das Pack, das mitreist. Zum Glück weit unter uns.«
Emilia zog die Augenbrauen hoch, äußerte sich aber nicht dazu.
»Und Ihr fahrt nur mit Eurer Tochter?« Er kniff Lily in die Wange.
»Autsch!«, schrie das Kind und starrte ihn böse an.
»Ich reise mit meinen beiden Töchtern und meiner Dienstmagd.«
»Eine Magd habt Ihr? Respekt. Wir haben unser Personal zurückgelassen. Dienstleute wird es auch in Australien geben.« Er lachte höhnisch. »Unten im Schiff werden ja einige sein, die schnell Arbeit brauchen. Und so zahlen sie ihre Überfahrt selbst und wir müssen das nicht finanzieren.«
Emilia wusste nicht, was sie erwidern sollte, ohne unhöflich zu werden. Sie öffnete die Tür zur Kajüte. Auch hier gab es ein Oberlicht, einen großen Tisch mit Leisten und einen kleinen Ofen. Sofort fühlte sie sich heimisch.
»Frau Lessing!« Der Kapitän kam auf sie zu und begrüßte sie herzlich. »Ich kenne Euren Mann, wir haben vor ein paar Jahren
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