Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney
inzwischen.«
»Das weiß ich wohl, aber Martin Vollmer hat dort ein Wochenendhaus,das er uns für einige Tage überlassen würde. Ich könnte mit den Kindern angeln gehen.«
»Können wir nicht beides machen? Es ist so heiß in diesem Jahr, dass ein paar Tage an der Küste auch nicht zu verachten wären. Lina hat gerade schwimmen gelernt und liebt es. Sie kennt dich bisher kaum, es wäre eine gute Gelegenheit, dass ihr euch näherkommt.«
»Sie ist schon so groß geworden, unser letztes Baby.«
Emilia lachte. »Ja, das ist sie. Und so langsam müssen wir uns an den Gedanken gewöhnen, dass wir in ein paar Jahren die ersten Enkelkinder um uns haben werden.«
Carl richtete sich auf. »Die Mädchen sind doch noch viel zu jung«, sagte er empört.
»Lily ist dreiundzwanzig. Im Winter wird sie ihr Studium beendet haben und Lehrerin sein. Minnie ist zweiundzwanzig. Sie arbeitet schon seit fast zwei Jahren bei Vollmer. Es macht ihr großen Spaß. In ihrem Alter war ich schon verheiratet und zweifache Mutter.«
»Das ist doch etwas ganz anderes«, brummte Carl. »Gibt es etwa Verehrer?«
»Bisher nicht, soweit ich weiß. Aber lange kann es nicht mehr dauern. Schau dir unsere Töchter an, sie sind allesamt hübsche und aufgeweckte Mädchen.«
»Sie sind viel zu jung, um sich zu binden.«
»Du wirst es nicht verhindern können, Carl.« Emilia zog ihn in ihre Arme. »Ich hoffe, sie werden so glücklich, wie wir es sind.«
Carl verstand sich gut mit seinen Kindern. Das mochte daran liegen, dass er durch die Briefe immer Kontakt mit ihnen gehalten hatte, auch wenn er auf längeren Touren unterwegs gewesen war. Auch jetzt gelang es ihm schnell, Linas Herz für sich zu gewinnen, und schon bald begrüßte sie ihn jubelnd, wenn er nach Hause kam.
Nur Minnie hatte ein distanzierteres Verhältnis zu ihm. Sie war immer noch ein Mamakind, obwohl sie längst erwachsen war. Carlund Minnie gingen freundlich miteinander um, aber ihnen fehlte die Herzlichkeit, die zwischen ihm und den anderen Kindern herrschte.
»Ich geh heute zu Beckerath und te Kloot. Mal schauen, was es in der nächsten Zeit an Orders gibt«, sagte Carl zwei Tage später beim Frühstück und ließ sich eine weitere Tasse Kaffee geben. »Ist das Jiba?«, fragte er Minnie flüsternd, als die Aborigine zurück in die Küche gegangen war.
»Nein«, flüsterte sie zurück, »das ist Kiah.«
»Eine Cousine?«
Minnie lachte. »Vermutlich. Immerhin sorgen sie inzwischen für prompten Ersatz aus der Verwandtschaft, wenn sie auf ihre Traumpfade gehen.« Dann biss sie sich auf die Lippe. »Darf ich dich in die Stadt begleiten? Zu deinem Agenten? Ich habe heute frei.«
Verblüfft sah er sie an. »Wenn du möchtest, gerne.«
Die anderen Kinder begleiteten ihn oft in die Stadt. Er nahm sich viel Zeit, flanierte mit ihnen durch die Straßen oder nutzte die Tram. Oft kaufte er auch etwas für das jeweilige Kind, viel zu selten hatte er dazu Gelegenheit. Sein schlechtes Gewissen, weil er manchmal monatelang abwesend war, tat einiges dazu. Das hatten die Kinder natürlich spitzbekommen und nutzten es gerne aus. Nur Minnie war diesen Versuchungen nicht erlegen.
»Ich kläre das dann auch mit dem Haus von Vollmer, Liebes«, sagte er zu Emilia, als er seinen Hut nahm und sich zum Gehen bereitmachte.
»Gut. Kannst du bitte das Fleisch mitbringen? Ich habe es beim Metzger bestellt.« Emilia schaute auf ihre Tafel, auf der sie die Einkäufe notierte. »Und Milch. Fred trinkt Milch literweise. Wenn das so weitergeht, sollten wir uns eine Kuh anschaffen«, sagte sie lachend.
»Er ist noch im Wachstum.«
»Er ist jetzt schon größer als du, Carl. Wo soll das noch hinführen? Neue Schuhe braucht er auch schon wieder«, seufzte Emilia.
Carl lachte. »Kommst du, Minnie?«
Emilia zog die Augenbrauen hoch. »Du nimmst Minnie mit?«
»Sie hat mich gefragt«, sagte er stolz.
»Sollen wir mit der Tram fahren?«, fragte er seine Tochter.
»Wenn du möchtest.«
Auch Carl war überrascht, wie sehr sich die Stadt in den zwei Jahren verändert hatte. Immerhin fand er das Büro seiner Agenten ohne Probleme. Kaum hatten sie die Räume betreten, schaute Minnie sich suchend um, dann errötete sie leicht, es war kaum zu sehen, aber Carl bemerkte es dennoch. Er folgte ihrem Blick. Im Nebenraum stand te Kloot und neben ihm ein jüngerer Mann mit einem beeindruckenden Vollbart und einer Nickelbrille. Carl hatte den Mann noch nie zuvor gesehen. Te Kloot wirkte sichtlich verärgert.
»Wir
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