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Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Titel: Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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sagte Emilia. »Denk einfach darüber nach. Deiner Frau geht es nicht gut. Sie ist schwanger und es ist Hochsommer. Euer Haus ist schlicht. Ihr habt noch nicht mal einen Waschkessel. Minnie muss jeden Liter Wasser, sei es, um zu putzen, oder für das Bad, auf dem Herd kochen und dann umfüllen. Ihr habt nur gestampften Boden im Haus, keine Dielen. Das ist schwer sauber zu halten. Es gibt keine ordentliche Latrine, nur eine Güllegrube, in die Minnie jeden Tag die Exkremente schütten muss.« Sie schnaubte. »Du hast zwei Arbeiter, aber Minnie muss alles allein machen, weil ihr euch keine Hilfe leisten könnt?«
    »Wir hatten eine Hilfe. Sie war zu nichts nütze«, entschuldigte sich Rudolph.
    »Dann müsst ihr eine andere suchen.«
    »Das Geld ist knapp«, gab er zu. »Die Männer brauche ich, um das Land zu roden und zu beackern. Wir werden Gewinn erwirtschaften, aber es wird dauern. Ich habe nicht damit gerechnet, dass alles so teuer sein würde.«
    »Offensichtlich nicht.« Emilia schaute ihn streng an. »So geht esnicht weiter. Minnie ist mit ihrer Kraft am Ende. Ich bin hierhergekommen, ohne sie zu fragen, ohne von ihr gebeten worden zu sein – also spare dir deine Vorwürfe –, und werde ein paar Tage bleiben, um den Haushalt auf Vordermann zu bringen. Außerdem kommen zwei Mädchen, Bega und Jiba, um Minnie zu helfen.«
    »Zwei?« Rudolph schüttelte entsetzt den Kopf.
    »Mach dir keine Gedanken, ich bezahle sie. Sie werden eine Weile bleiben und helfen.«
    Rudolph holte tief Luft. »Ich möchte das nicht …«
    »Das ist mir wohl bewusst. Die andere Möglichkeit ist, dass ich Minnie mit zu uns nach Hause nehme.«
    »Nein!« Rudolph war entsetzt. »Das kannst du nicht machen.«
    Emilia nickte. »Dann sind wir uns ja einig. Morgen brauche ich einen deiner Männer, damit er eine ordentliche Latrine anlegt. Ich weiß, du brauchst ihn auch, aber das ist wichtiger.«
    Rudolph senkte den Kopf. »Du beschämst mich.«
    »Das kann dir jetzt egal sein, es geht um Minnie und um euer Kind. Und nun komm, ich habe etwas Ordentliches gekocht.« Sie ging auf ihn zu, hakte sich bei ihm unter.
    »Du bist zu Recht wütend auf mich«, sagte er, als sie fast das Haus erreicht hatten, »und dennoch freundlich zu mir. Warum?«
    »Denkst du, wir hatten es leicht, als wir jung waren?«, sagte sie nur.
    Nach einer Woche zeigte die Farm »Crefeld« deutlich Emilias Handschrift. Der Boden in den Räumen war mit Dielen belegt, ein Aborthäuschen war im Hof gebaut und ein Kanal bis zur Güllegrube gegraben worden. Das Haus blitzte und roch nach Schmierseife, die Wäsche war gewaschen und Dural mauerte, nach Emilias Anweisungen, einen Waschkessel im Hof. Sie hatte Rudolph geschickt, um eine passende Zinkwanne mit Abflussrohr zu besorgen. Rund um die Wanne wurde nun das Mauerwerk errichtet. Unten war der Ofen, der mit Holz befeuert wurde, darüber kam die Wanne. Es gab eine Wasserleitung vom Brunnen zum Kessel, die mit der Pumpe bedient wurde.
    Zufrieden rieb Emilia sich die Hände. Zumindest die Wäsche würde Minnie leichter von der Hand gehen. Sie müsste die Kleidungsstückenur noch in kalter Lauge einweichen, in den Kessel mit dem kochenden Wasser geben und mit den Paddeln umrühren. Hartnäckigem Schmutz konnte in einem Becken, das neben dem Kessel stand, mit Waschbrett und Bürsten zu Leibe gerückt werden.
    Bega und Jiba waren inzwischen eingezogen. Jiba hatte eine Kammer im Haus bezogen, während Bega eine der Hütten hinter dem Stall bewohnte. Emilia zeigte ihnen ihre Aufgaben und machte ihnen weis, dass das große Känguru, eine Figur aus ihrer Mythologie, sie überwachen würde. Die Mädchen grinsten, sie schienen zu wissen, dass es eine leere Drohung war. Aber sie sahen Minnie, die immer noch sehr kraftlos wirkte, mitleidig an und verrichteten ihre Aufgaben gewissenhaft.
    Schließlich packte Emilia wieder ihre Sachen und nahm die beiden Kinder, um zurück nach Glebe zu fahren.
    »Du gibst mir sofort Bescheid«, sagte sie eindringlich zu Minnie, »wenn es dir schlechter geht. Und du schonst dich!«
    »Ja, Mama.« Minnie nickte ergeben. »Wie soll ich dir danken?«, schluchzte sie dann.
    Emilia nahm ihre Tochter in den Arm. »Das brauchst du nicht. Ich liebe dich. Als ich in deiner Lage war, hätte ich mir meine Mutter an meiner Seite gewünscht, aber ich hatte keine. Ich bin immer für dich da, Schatz!«
    Mindestens einmal in der Woche fuhr Emilia nach Liverpool. Das Leben dort mit den Mägden hatte sich eingespielt. Der

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