Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney
diesem neuen Land.« Wieder küsste er Minnie. »Ich möchte sie aber auch nach meiner Mutter und meiner Schwester nennen – Carola Mathilda Emma te Kloot.«
Minnie schnupperte nochmals wie berauscht am Kopf der Neugeborenen. »Carola Mathilda Emma te Kloot«, murmelte sie leise. »Möge dein Leben wunderbar werden.«
Emilia stand in der Küche und kochte eine kräftige Brühe, für die Darri einem der Hühner den Hals umgedreht hatte. Es duftete köstlich, und Rudolph rieb sich den Bauch.
»Du erzählst wenig von deiner Familie«, bemerkte Emilia. »Deine Schwester heißt Mathilda?«
»Wir sind siebzehn Geschwister, ich bin das jüngste Kind meiner Eltern. Meine Mutter starb, als ich zwei Jahre alt war. Meine Schwester Mathilda ist fünf Jahre älter als ich, wir hatten immer ein sehr inniges Verhältnis zueinander. Sie hat vor einigen Jahren geheiratet und ist aus Krefeld nach Hamburg gezogen«, erzählte er.
»Nach Hamburg?«, fragte Emilia überrascht. »Das wusste ich gar nicht.«
»Sie hat sich schon immer für Naturwissenschaften und Medizin interessiert und hat einige Vorlesungen besucht, gegen den Willen meines Vaters.« Er lächelte. »Sie ist eine starke Frau. Und sie hat sich für wohltätige Zwecke eingesetzt und so ihren Mann kennengelernt. Er ist Armenarzt.«
»Ach? In Hamburg?«
»Ja. Die Familie ist sehr wohlhabend, er muss nicht unbedingt Geld verdienen«, seufzte Rudolph. »Es sind Reeder und Händler, Pfeffersäcke nennt man sie wohl.«
»Wie heißt die Familie?« Emilia hatte den Löffel beiseitegelegt und sah Rudolph gespannt an.
»Amsinck, sie heißen Amsinck. Warum?«
»Wie heißt der Mann deiner Schwester?«, fragte sie leise.
»Johannes, glaube ich.«
Emilia nickte. »Ich kenne die Familie Amsinck.« Dann widmete sie sich wieder der Brühe.
Ein paar Tage blieb Emilia auf der Farm. Minnie hatte sich schnell von der Geburt erholt, aber Emilia schärfte Rudolph ein, sie zu schonen.
»Sie ist noch im Wochenbett und muss sich ausruhen.«
»Ich bleibe«, sagte Darri entschieden. »Ich werde aufpassen.«
Beruhigt fuhr Emilia mit Lina zurück nach Glebe. Hannah hatte sich um May gekümmert, und Arora hatte, wie versprochen, den Haushalt geführt. In den nächsten Wochen fuhr Emilia oft nach Liverpool, doch Minnie hatte sich schnell an ihre neue Aufgabe gewöhnt.
»Ich habe dich als Vorbild«, sagte sie dankbar. »Bei dir sah es immerspielend leicht aus, wenn du ein Kind bekommen hast. Jetzt erst weiß ich, was es bedeutet, Mutter zu sein.«
»Du machst das hervorragend«, sagte Emilia stolz.
Als Carl von seiner Tour wiederkam, führte ihn sein erster Weg nach Liverpool. Er nahm die kleine Carola vorsichtig hoch und schaute sie lange schweigend an. Seine Augen glitzerten und er blinzelte.
»Mein erstes Enkelkind.« Später nahm er Rudolph mit nach draußen. »Ich erwarte von dir, dass du dich um meine Tochter und meine Enkelin kümmerst, dass es ihnen an nichts mangelt und fehlt. Ich werde darauf aufpassen!«
Rudolph nickte. »Jetzt, wo ich ein eigenes Kind habe, kann ich dich und deine Sorge verstehen. Aber glaub mir, ich liebe die beiden so sehr, ich brauche keine Ermahnungen.«
»Das war nicht recht«, sagte Emilia später zu ihm, als sie nebeneinander im Bett lagen. Sie hatte, wie so oft, seine Hand genommen und hielt sie fest. »Rudolph ist erwachsen. Er weiß genau, welche Verantwortung er trägt. Und er liebt unsere Tochter und unser Enkelkind von Herzen.«
»Ja«, brummte Carl. »Ich sehe, dass er sich bemüht.«
»Wir sind jetzt Großeltern.« Emilia schmunzelte.
Carl schnaufte. »Es ist komisch, mit anzusehen, wie unsere Kinder langsam erwachsen werden. Ich kann mich immer noch nicht so recht daran gewöhnen. Auch wenn Minnie verheiratet ist, für mich bleibt sie mein kleines Mädchen, auf das ich aufpassen muss. Nur dass mein Kind jetzt selbst ein kleines Mädchen hat.«
»Auch die anderen werden Ehepartner finden und ihrer Wege gehen, Carl.«
»Hoffentlich nicht so bald.«
Das Jahr verging. Im Herbst besuchten Rudolph und Minnie mit ihrer Tochter die Großeltern in Glebe.
Minnie war schweigsamer als sonst, was kaum auffiel, denn das Augenmerk lag auf der kleinen Carola, die von allen geherzt und verwöhntwurde. Sie war acht Monate alt und ein wahrer Sonnenschein, ihr Lachen steckte alle an.
Als Rudolph das Pferd anspannte, fand Emilia einen kleinen Moment allein mit Minnie.
»Was bedrückt dich?«
Minnie seufzte. »Ich bin wieder schwanger«, sagte sie
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