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Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Titel: Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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nicht?«
    Minnie schüttelte den Kopf. »Ich warte noch auf den richtigen Moment.«
    »Mach es jetzt!« Lily zog sie ins Haus. »Los!«
    »Nein, ich möchte es ihr in Ruhe sagen.«
    Es war etwas mehr als eine Stunde Fahrt mit dem Karren von Liverpool bis nach Glebe. Zwei Tage später, Rudolph rodete weiteres Land, fuhr Minnie zu ihren Eltern. Die Kinder waren alle in der Schule und Carl in seinem Kontor im Hafen.
    Überrascht sah Emilia sie an, als Minnie in die Küche kam. »Ist etwas passiert?«
    Minnie lachte. »Nein. Ich wollte nur mal mit dir reden. In Ruhe.«
    »Hast du Ärger mit Rudolph?« Emilia zog die Stirn in Falten.
    »Mama, alles ist gut. Ich wollte nur unter vier Augen mit dir sprechen.«
    »Ach so.« Emilia seufzte erleichtert. »Soll ich uns einen Tee kochen?« Sie wartete die Antwort gar nicht ab, sondern füllte den Kessel mit Wasser. Dann wischte sie vermeintliche Krümel vom Tisch und räumte ein Brettchen weg.
    »Mama, setz dich.«
    »Ich weiß«, sagte Emilia, »diese Sache zwischen Mann und Frau ist manchmal nicht so einfach.« Sie kaute auf ihrer Unterlippe. »Aber wenn ich dir irgendwie …«
    »Mama, ich habe keine Probleme. Ich bekomme ein Kind.« Minnie strahlte sie an.
    »Was?« Fassungslos sah Emilia Minnie an, dann lachte sie. »Wirklich?«
    »Ja. Ende Februar wahrscheinlich.« Minnie legte die Hand auf ihren noch flachen Bauch.
    »Das ist ja wunderbar!« Emilia stand auf und umarmte ihre Tochter. »Was für eine Freude.«
    »Hast du noch irgendwelche Sachen? Ich meine, Lina ist jetzt ja schon sechs.«
    »Oh, ich habe einiges aufgehoben. Auf dem Dachboden steht, gut verpackt, die alte Wiege. Auch Mulltücher habe ich noch und so einiges mehr. Das muss natürlich alles gut gewaschen und gesäubert werden …«
    In den nächsten Monaten richtete Minnie zusammen mit Emilia das erste Kinderzimmer auf der Farm ein. Die beiden schrieben sich jeden zweiten Tag, meist ging es nur um Alltägliches – um den Weinanbau, der sich als schwieriger gestaltete als gedacht, um die Kinder, das Wetter. Aber natürlich stand Emilia ihrer Tochter mit Rat und Tat zur Seite. Hin und wieder fuhr sie auch nach Liverpool, um mit anzupacken. Darri, die nun eigentlich bei Minnie wohnte, war wieder auf Wanderschaft und ihre Verwandte war nicht besonders tüchtig. Da Rudolph den ganzen Tag am Weinberg und auf den Feldernarbeitete, musste Minnie sich um das Haus und die Tiere kümmern. Rundherum war noch Buschland und Dingos hatten schon zwei Schafe und etliche Hühner gerissen. Es gab viele Schlangen, vor denen sich Minnie sehr fürchtete.
    Emilia war immer betroffen, wenn sie ihre Tochter besuchte. Das Geld, das sich Rudolph geliehen hatte, war fast ausgegeben. Es würde noch eine Weile dauern, bis sie die ersten Erträge einfahren konnten, noch waren die Weinreben klein und ohne Trauben. Sie hatten auch Zitrusfrüchte und Beerensträucher gesetzt. Sie hofften auf das Gemüse, das sie großflächig hinter dem Haus anbauten, sie wollten es auf dem örtlichen Markt verkaufen.
    »Das ist es«, schimpfte Carl, als Emilia ihm ihre Sorgen offenbarte. »Davor habe ich Angst gehabt. Und jetzt erwartet sie auch noch ein Kind von diesem Taugenichts.«
    »Aber Carl, er ist sehr fleißig und strebsam.«
    »Und kann meine Tochter und demnächst meinen ersten Enkel nicht ernähren. Und dann muss sie auf dieser primitiven Farm wohnen in schrecklichen Verhältnissen. Das hält doch keiner aus. Sie bekommt ein Kind! Er muss für sie sorgen.«
    Emilia lächelte milde. »Auf einem Schiff in einem Sturm oder in einer wochenlangen Flaute herrschen auch keine besseren Verhältnisse«, sagte sie und zog die Augenbrauen hoch.
    »Das war doch etwas ganz anderes! Ich fahre jetzt hin und hole sie zu uns.«
    »Das wirst du nicht machen, Carl Gotthold Lessing. Nicht, solange ich hier stehe!« Emilia stemmte die Fäuste in die Hüften. »Bei Gott, das lass ich nicht zu. Die beiden lieben sich von Herzen. Minnie würde nie freiwillig die Farm verlassen, es ist ihr Zuhause.«
    Verblüfft sah Carl sie an. »Es mangelt ihr aber dort an allem.«
    »Dann ist es unsere Aufgabe, ihr in dieser Zeit zu helfen. Rudolph ist sehr bestrebt, Gewinne zu erzielen. So, wie ich ihn inzwischen kenne, wird es ihm auch glücken. Er braucht nur ein wenig Zeit.«
    Schnaufend setzte Carl sich hin. »Genau das habe ich befürchtet, Emma. Wir haben sieben Töchter, wenn wir sie alle für immer unterstützenmüssen, dann werden wir bald am Hungertuch nagen. Ich hätte

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