Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Titel: Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
Vom Netzwerk:
das Personal natürlich die ganze Arbeit zu machen hatte. Aber Emilia war immer mittendrin und dabei gewesen. Sie kannte die Arbeit des Wäschewaschens, des Einmachens und andere häusliche Dinge. Erfahrungen, die Mathilda nie machen würde. Ihre Cousinewürde später Anweisungen geben, ohne zu wissen, wie viel Arbeit dahintersteckte.
    »Wir waren dieses Jahr nicht auf dem Familiengut«, sagte Emilia. Und dann verließ sie der Mut.
    »Das ist richtig. Ihrer Tante stand nicht der Sinn danach. Ich glaube, sie fühlt sich dort nie wirklich wohl.«
    »Das ist richtig.« Emilia räusperte sich.
    »Aber den Kindern haben die Tage dort immer gutgetan.« Die Mamsell sah Emilia nachdenklich an. »Nicht wahr?«
    »Doch, doch, das fand ich auch.« Emilia knetete die Hände. Sie war erst siebzehn, noch lange nicht volljährig und eigentlich auch nur Gast des Hauses. Konnte sie Anweisungen geben?
    Als ob die Mamsell ihre Gedanken lesen konnte, sagte sie: »Der Herbst ist schön, ein goldener Oktober. Nach dem heißen Sommer in der stickigen Stadt täten den Kindern ein paar Tage auf dem Land sicher gut, meint Ihr nicht?«
    »Genau das meine ich.« Emilia lachte erleichtert auf. Dann wurde sie wieder ernst. »Wäre das möglich?«
    Die Mamsell lächelte verschmitzt. »Natürlich. Ich schicke gleich noch einen Boten nach Othmarschen. Ihr reist morgen Mittag mit den beiden Kindern, dem Mädchen und dem Lehrer. Der wird vermutlich nicht begeistert sein, aber darauf nehmen wir keine Rücksicht. Zudem kann ich noch zwei Mädchen und einen Burschen entbehren, solange der Oheim und die Muhme unterwegs sind. Das sollte reichen.«
    »Wird meine Tante nicht … nun … befremdet sein, dass wir ohne Erlaubnis aufgebrochen sind?«
    »Rückgrat, junges Fräulein, Rückgrat. Ihr wollt aufs Land, Ihr fahrt aufs Land. So hat Euch Eure Tante erzogen – zumindest möchte sie das. So handelt sie auch. Mir ist das sehr recht, denn ich kann die Mädchen in der Zeit die oberen Stockwerke gründlich putzen lassen vor dem Winter. Und das kann ich der gnädigen Frau auch sagen, wenn sie sich empören sollte, was ich aber nicht glaube.«
    Emilia schluckte. »Wirklich? Das erscheint mir so einfach.«
    »Es ist einfach«, sagte die Mamsell, »in Eurer Position. Und es würde den Kindern guttun. Macht Euch keine Sorgen.«
    »Was, wenn Onkel und Tante eher zurückkehren?« Emilia zweifelte immer noch.
    »Selbst dann. Der Bursche ist in einer Stunde bei Euch. Ich schicke ihn jetzt, er hat eh zu wenig zu tun und nur Blödsinn im Kopf. Er kann dem Gesinde Bescheid geben.«
    »Oh.« Emilia dachte an Inken und Mats, die nun in Aufruhr geraten würden und vermutlich die ganze Nacht brauchten, um das Haus zu richten. »Das ist aber eine zu kurze Frist.«
    Die Mamsell lachte. »Macht Euch keine Gedanken, ich kenne Inken gut. Ich werde ihr sagen, dass die Herrschaft nicht anreist, nur Ihr und die Kinder.« Sie zwinkerte Emilia zu und verließ den Raum.
    »Woher kennt Ihr Inken so gut?«, wollte Emilia wissen, als die Mamsell zurückkam.
    »Ach, immer wenn wir Obst und Gemüse oder Fleisch vom Gut holen, tauschen wir auch Nachrichten. Manchmal fahre ich selbst hin und suche Sachen aus dem Nutzgarten aus.«
    »Das wusste ich gar nicht«, sagte Emilia leise. »Wenn ich es gewusst hätte, so hätte ich Euch ab und an begleiten können. Das wäre vielleicht sinnvoller, als nur Menükarten zu schreiben und Speisefolgen aufzustellen.«
    Die Mamsell lachte. »Aber auch das müsst Ihr können. Ihr werdet einen Mann von Eurem Stand heiraten und eine Mamsell haben, die all dies erledigt.«
    »Aber es fühlt sich falsch an, nur Speisefolgen und Menüs zu entwerfen und dem Küchenpersonal die ganze Arbeit zu überlassen.«
    Die Mamsell seufzte tief. »Das ist schon in Ordnung. Es ist so, wie es ist. Ihr seid in Euren Stand hineingeboren worden, in eine namhafte Familie, die weiß, wie man Geschäfte macht. Und ihr werdet in eine ebensolche Familie einheiraten.«
    »Ich weiß, wie man Brot bäckt. Wie man Rührkuchen macht und Apfelmus. Das hat mir Inken beigebracht.«
    »Ihr braucht dieses Wissen aber gar nicht. Ihr müsst wissen, was Äpfel kosten und ob es sich lohnt, welche zu kaufen, um daraus Kompott zu kochen, oder ob das zu teuer ist. Ihr müsst rechnen können, nicht selbst machen.«
    »Ich kann aber beides.« Wieder straffte Emilia ihre Schultern. »Und wer weiß, in welche Familie ich einheirate.«
    Wie es wohl als Frau eines Kapitäns sein mochte, fragte sie sich

Weitere Kostenlose Bücher