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Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Titel: Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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plötzlich. Wahrscheinlich wäre sie furchtbar einsam, weil der Mann immerzu auf See war. Aber es gab auch einige wenige Frauen, die ihre Männer auf die große Fahrt begleiteten. Das wurde nicht gerne gesehen bei den Reedereien und war auch eher die Ausnahme. Unter der einfachen Besatzung hielt sich hartnäckig der Glaube, dass Frauen an Bord Unglück brachten. Das einzig Weibliche auf den Schiffen waren die Galionsfiguren und die Katze, die unabdingbar war auf jeder Fahrt und Glück brachte, wenn sie zudem noch trächtig war.
    Obwohl Emilia aus einer Bootsmacherfamilie stammte, hatte sie so gut wie keine Ahnung von der Seefahrt. Bisher hatten sie Schiffe gebaut und verkauft. Keiner aus ihrer näheren Verwandtschaft war selbst zur See gefahren und erst jetzt bauten sie Schiffe, um sie unter eigenem Namen auf große Fahrt und auf die hohe See zu schicken.
    »Ihr solltet in Euer Zimmer gehen und Eure Sachen packen, wenn Ihr wirklich morgen nach Othmarschen fahren wollt«, riss die Mamsell Emilia aus den Gedanken. »Jule habe ich schon nach oben geschickt.«
    »Packen. Richtig, das sollte ich.« Emilia stand auf und drückte wieder ihren Reifrock zusammen.
    Mathilda stand selig am Herd und tauchte die Baisers in die dunkle Schokoladensoße. Immer wieder leckte sie sich genüsslich die Finger ab. »Emma, willst du nicht probieren? Das schmeckt köstlich.«
    »Gut. Eines.« Emilia nahm ihr vorsichtig das Gebäckstück aus der Hand und steckte es sich in den Mund. »Grandios. Wie eine Schokoladen-Zuckerwolke. Aber Thilda, du musst gleich auch nach oben und schauen, was du mitnehmen willst. Wir fahren für ein paar Tage nach Othmarschen.«
    Dem Kind blieb der Mund offen stehen. »Wirklich?«
    »Ganz wirklich.« Emilia lächelte.
    »Ganz, ganz wirklich? Auch ohne Mutter und Vater?«
    »Ja.«
    »Oh!« Mathilda fiel ihr um den Hals. »Weiß Jasper das schon? Und was nehme ich mit? Und – oh – es ist zu kalt, um schwimmen zu gehen, oder? Aber können wir ausreiten? Ist das Pony noch da?«
    Emilia lachte. »Lass uns erst einmal hinfahren, dann werden wir sehen, was wir dort machen. Jasper sage ich jetzt Bescheid und eurem Lehrer auch, der kommt nämlich mit.«
    Mathilda zog eine Schnute. »Aber warum denn?«
    »Ihr werdet trotzdem lernen müssen. Ein wenig. Und nun komm.« Sie musste es dem Lehrer schonend beibringen. Herr Grünwald war ein gebildeter Mensch, aber sie hatte nie wirklich einen Draht zu ihm gefunden. Würde er sich sträuben?
    Die Mamsell, die hinter ihr stand, stupste sie in den Rücken. »Nur Mut!«, sagte sie. »Es ist Euer Wunsch, macht das deutlich. Grünwald ist bei Euch angestellt, er muss Eurer Weisung Folge leisten. So einfach ist das.«
    War es wirklich so einfach? Emilia hob die Röcke an und stieg nach oben, erst die enge Treppe vom Souterrain bis zur Diele, dann in den ersten Stock. Jasper saß in seinem Zimmer und lernte mit Grünwald Verse.
    »Herr Grünwald, Sie sind aber gründlich mit den Lektionen.« Emilia schaute ihn streng an.
    »Heute Nachmittag waren wir an der Alster. Wir haben quasi die Unterrichtsstunden nach hinten verlegt«, verteidigte sich der Hauslehrer, »weil wir das schöne Wetter nutzen wollten.«
    »Ein guter Entschluss. Aber jetzt müssen Sie packen. Wir fahren nämlich morgen für ein paar Tage nach Othmarschen.«
    »Ehrlich, Emma? Nach Othmarschen?« Jasper sprang begeistert auf.
    »Ja.«
    »Wissen das die Eltern?«, fragte Grünwald ungläubig.
    »Es ist meine Entscheidung.« Emilia hob das Kinn. »Mein Oheim und seine Frau werden aber sicher nichts dagegen haben, dass die Kinder ein paar Tage in der guten Landluft verbringen. Vor allem, nachdem der Sommer hier so heiß und stickig war.«
    »Wenn Ihr meint«, sagte er und klappte mürrisch das Buch zusammen. »Morgen schon?«
    »Gegen Mittag«, antwortete Emilia und war plötzlich sehr fröhlich. »Sie haben also genügend Zeit zum Packen. Die kleine Reise wird uns allen guttun.«
    Jasper umarmte sie. »Ich freu mich so«, sagte er und strahlte.
    In diesem Moment wusste sie, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Und sie würde es in die Tat umsetzen. Wenn Tante Minna hinterher schimpfte, blieb Emilia immer noch das Strahlen der Kinderaugen und der Glaube, es richtig gemacht zu haben.
    Sie verbrachten nur drei Tage dort, aber die waren herrlich. Jasper und Mathilda liefen jauchzend über die Wiese. Obwohl die Sonne schien, war es doch zu kalt, um schwimmen zu gehen. So beschränkten sie sich darauf, mit

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