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Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Titel: Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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ins Erdgeschoss und dann eine Treppe tiefer. Dort befanden sich die Wirtschaftsräume. Sie hatten schmale Fenster, die den Blick auf das Trottoir, die Schuhe und Rocksäume der Vorbeigehenden freigaben. Heißer Dampf drang aus den Wirtschaftsräumen, wo die tägliche Wäsche gewaschen und gemangelt wurde. Bei gutem Wetter konnte das Personal sie im Hof trocknen, bei schlechtem Wetter wurden die schweren Körbe mit der nassen Wäsche auf den Dachboden getragen und auf Wäscheleinen gehängt. Daneben war ein Zimmer für die Bügelfrau mit einem kleinen Öfchen, auf dem sie die Plätteisen Sommer wie Winter erhitzte. Es gab Vorratskammern und Kellerräume, die tief in das Erdreich eingegraben waren. Dort lagerten das Eis der Alster und die verderbliche Ware.Schweine und Federvieh, Schafe oder Ziegen hielten sie nicht. Fleisch, Brot und Milchprodukte wurden geliefert.
    Dennoch war es immer geschäftig in der großen Küche. Ein riesiger gusseiserner Herd beherrschte die Mitte des Raumes. Immer kochte dort etwas und sei es nur das Wasser, das sie zum Spülen brauchten. Und zu spülen gab es reichlich jeden Tag, zwei Mädchen waren fast unablässig damit beschäftigt.
    Auch hier stand die Hitze, obwohl es sich draußen deutlich abgekühlt hatte und dem heißen August ein milder September und Oktober gefolgt waren.
    »Mamsell?« Emilias Reifröcke waren nicht küchentauglich, sie kam damit kaum durch die Tür. Und auch auf dem Weg zu dem großen Holztisch, der am hinteren Ende des Raumes stand, musste Emilia die Röcke zusammendrücken, um nicht Kannen, Töpfe und Gefäße umzuwerfen oder gar an den glühenden Ofen zu stoßen.
    Die Mamsell erhob sich von ihrem Platz am Tisch und schaute ihnen entgegen. Sie entdeckte Mathilda und ihr fragendes Gesicht wurde von einem Lächeln überstrahlt.
    »Unsere Prinzessin kommt uns besuchen. Und ich dachte schon, es gäbe Ärger.«
    »Aber i wo, Mamsell«, sagte Emilia lachend. »Kein anderer Haushalt wird so gut geführt wie dieser.«
    »Man kann alles immer noch besser machen, sagt die gnädige Frau«, seufzte die Mamsell. Ihr unterstand die Dienerschaft, sie war für den Haushalt und das Personal verantwortlich. Sie musste die Mädchen einteilen, angeben, wann welche Zimmer zu säubern, welche Fenster zu putzen waren. Sie überwachte die Wäsche und den Einkauf. Sie musste die Menüabfolgen für die Essen zusammenstellen und den Koch beaufsichtigen. Die Mamsell war Anfang dreißig, und ihre verantwortungsvolle Aufgabe hatte Spuren in ihrem Gesicht hinterlassen. Sie trug ein gestärktes Kleid mit einer Schürze, aber weder Krinoline noch Reifrock.
    Damit könnte sie sich in dieser Enge auch gar nicht bewegen, dachte Emilia und verspürte sogar ein wenig Neid.
    »Unser Fräulein ist etwas wehmütig, haben wir hier irgendwo vielleicht ein Trostzückerchen?«, fragte Emilia.
    »Natürlich!« Die Mamsell nahm das Mädchen an den Schultern und führte es zu dem alten Holztisch, an dem die Bücher geführt und Proben gekostet wurden. Manchmal wurde er auch zum Anrichten benutzt, wenn es große Diners gab. Es war Mamsells Schreib- und Arbeitstisch, ihr Heiligtum. Das Gesinde durfte dort nicht sitzen, sie hatten einen Raum nebenan, wo sie aßen.
    Mathilda wusste die Ehre zu schätzen und nahm stolz Platz.
    »Setzt Euch doch auch, bitte«, sagte die Mamsell zu Emilia.
    Das war nicht so einfach, ihre Röcke waren sperrig und nahmen viel Platz ein. Emilia quetschte sich hinter den Tisch auf die kleine Bank, sie schnaufte.
    »Mögt ihr Madeleines? Oder lieber gezuckerte Früchte, mein Fräulein?«
    Mathilda starrte zum Koch, der mit kräftiger Hand Zucker und Eiweiß verschlug.
    »Herr Breitenbach macht uns Baisers für den Nachtisch. Eine Portion ist schon im Ofen. Sie müssen gleich mit Schokolade überzogen werden«, erklärte die Mamsell. »Vielleicht mögt Ihr helfen?«
    »Darf ich?«, fragte Mathilda und sprang auf.
    »Natürlich. Nur zu.« Die Mamsell setzte sich an ihren Platz und schaute Emilia an. »Ist etwas passiert?«, fragte sie leise. »Das Kind sah so traurig aus.«
    »Nun ja, ich glaube, sie vermisst ihre Eltern. Und ihr fehlen unsere Tage in Othmarschen in diesem Jahr.« Emilia straffte die Schultern, ihr fiel es auch nach all den Jahren immer noch schwer, sich als Höherstehende zu betrachten. Zu Hause waren die Grenzen nicht so strikt, die Regeln nie so streng gewesen wie hier in Hamburg. Sie war quasi in der Küche aufgewachsen. Es war eine große Familie gewesen, auch wenn

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