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Die Auswanderinnen (German Edition)

Die Auswanderinnen (German Edition)

Titel: Die Auswanderinnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: helga zeiner
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urteilen! Der Junge hat schlechtes Blut in sich, und ich würde ihm zu gerne mal so richtig Paroli bieten. So richtig zeigen, was ich von ihm halte, dem Wichser, dem eingebildeten ...“ Sie war immer lauter geworden und wunderte sich selbst, woher ihr plötzlicher Zorn kam. Schließlich hatte ihr Kurt noch nie etwas getan. Er hatte sie zwar oft genug, wenn er sich unbeobachtet geglaubt hatte, in Gedanken ausgezogen und wie ein Stück Vieh, das er zu gerne besessen hätte, begutachtet, um ... um was eigentlich? Was bildete sie sich da ein? Dass er sie begehrte? Und wenn schon? Da war er nur einer von vielen. Oder richtete sich diese ohnmächtige Wut, mit der sie auf Kurt reagierte, möglicherweise gegen ihren eigenen Mann, weil sie genau wusste, dass er sie, wenn es um seinen eigenen Vorteil ging, immer im Stich lassen würde, genau wie damals bei Hal? Dachte sie an Dieter, wenn sie sich vorstellte, wie sie Kurt am besten kränken und lächerlich machen konnte?
    Wie auf Kommando fragte Eva: „Aber dein Dieter ist in deinen Augen wohl der absolute Supermann?“
    „Nein, natürlich nicht. Er ist ein Waschlappen, der jedem Konflikt aus dem Weg geht. Keine Sorge, ich verherrliche meinen Angetrauten nicht. Ich weiß schon, wie er ist.“ Die Worte waren einfach so aus ihr herausgesprudelt, aber dank ihnen, verstand sie auf einmal, wie sehr sie Kurt verabscheute – und ihren Mann verachtete. Endlich konnte sie in Worte fassen, was sie so sehr bedrückte und was sie hinter einer Wand aus Alkohol zu vergessen suchte. „Aber Dieter ist lediglich feige, und nicht gefährlich, so wie Kurt. Dieter ist ein arrogantes, verletzendes Arschloch, aber harmlos. Kurt dagegen ist hinterlistig und bösartig.“ Voller animalischer Triebe, wie ein Tier in der Wildnis, dachte sie, traute sich aber nicht, es auszusprechen.
    Eva verstand überhaupt nichts. „Keine Ahnung, wie du auf diesen Unsinn kommst. Stehst du jetzt auf, oder nicht?“
    „Mir ist übel!“
    „Mir auch!“ Eva erhob sich von der Bettkante. „Vergiss nicht, ich bin diejenige, die schwanger ist. Komm schon, die drei Tage stehen wir schon noch gemeinsam durch. Bitte!“
    Stöhnend erhob sich Isabella. „Der Himmel möge es mir danken – denn hier auf Erden kann mir keiner vergelten, was dieses Opfer wert ist.“
    Worauf Eva lachen musste und ihr vorschlug, den Tag am besten damit zu beginnen, alles für ein schönes Abendessen vorzubereiten. Und so kauften sie im Lebensmittelladen alle Zutaten für eine Spaghettisauce, im Liquor Store eine Literflasche Chianti, und gingen dann mit ihren vollen Einkaufstüten zu Johanna. Isabella erklärte sich bereit, die Sauce anzusetzen und hantierte nun mit fahrigen Handgriffen in der Küche herum. Ihr war der Wodka ausgegangen und sie hatte in Evas Anwesenheit nicht gewagt, Nachschub zu besorgen. Und die Weinflasche vorzeitig zu öffnen, war ihr nun doch zu peinlich vor den beiden Frauen, die träge vor dem Haus saßen und leise miteinander sprachen.
    „Du glaubst gar nicht wie froh ich bin, dass ihr da seid“, hörte sie Johanna sagen. Dieser schlichte Satz war so ungewöhnlich für ihre sonst so reservierte Freundin, dass Eva sofort ihren Arm um Johannas Schulter legte. Die Ehrlichkeit und Intensität, die in Johannas Worten lag, schockierte die ungewollt lauschende Isabella ebenso sehr wie Eva, und sie beschloss, die Weinflasche nun doch zu entkorken und diesem beunruhigenden Gespräch nicht länger zu folgen.
    „Wir sind auch gerne da“, log Eva.
    Johanna schüttelte den Kopf. „Das ist etwas anderes. Dies ist bestimmt die schönste Woche meines Lebens.“
    „Sag das nicht. Das kann doch nicht dein Ernst sein?“ Eva wartete, aber als Johanna nichts dazu sagte, fragte sie weiter: „Hast du denn die schöne Zeit auf dem Schiff ganz vergessen? Wir hatten doch viel Spaß miteinander. Und dann in Sydney? Das war doch auch eine gute Zeit. Warum soll diese Woche so viel besser sein als alle anderen zuvor? Bist du wirklich so gerne hier? Das hätte ich nie gedacht.“ Eva hatte wieder einmal alles völlig falsch verstanden.
    Johanna beugte sich näher zu ihr und zwang sie damit, die unaussprechliche Wahrheit, die sich hinter ihren Worten verbarg, in ihren Augen zu suchen. Pein, unsägliche Pein und eine so große Hoffnungslosigkeit lagen in ihrem Blick, dass Eva die Tränen in die Augen schossen, als sie endlich verstand. Zutiefst erschrocken fragte sie: „Ist es wirklich so schlimm hier?“
    Und als Johanna schwieg, fuhr

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