Die Auswanderinnen (German Edition)
Sonne, die bereits so kräftig brannte, dass sie sich mit einer Plane und langen Holzstangen, die Uwe im Schuppen gefunden hatte, einen Sonnenschutz bauten. „Siehst du, Johanna“, erklärte er ihr, während er die Stangen fachmännisch miteinander verstrebte, „so einfach ist das. Ihr habt alles Nötige im Schuppen. Wenn sich Kurt nur ein bisschen anstrengen würde, könnte man aus dieser Bude hier sogar noch etwas machen.“
„Wir sind fast nie zu Hause“, verteidigte sie ihn sofort.
Mit diesen Worten stand sie auf und ging in den Küchenanbau, um Tee zu machen. Isabella rief ihr nach, sie solle doch gleich die Whiskyflasche öffnen und mit nach draußen bringen.
„Sollten wir damit nicht besser warten, bis Kurt von der Arbeit zurück ist?“ fragte Uwe gedehnt.
„Quatsch! Es wird noch genug übrig sein, wenn er kommt. Prost!“ Ihre Laune besserte sich sichtbar, als Johanna mit der Whiskyflasche auf einem Tablett wieder ins Freie kam. Man konnte ihr vom Gesicht ablesen was sie dachte. Wenn sie sich eine Woche lang sinnlos betrinken musste, um dieses Trauerspiel durchzustehen, dann sollte sie am besten gleich damit beginnen.
Kurt kehrte erst nach Einbruch der Dunkelheit zurück. Sie saßen immer noch vor der Hütte. Johanna hatte belegte Brote serviert, und sie begrüßten ihn mit der überschwänglichen Freude alter Kumpane, die sich lange nicht mehr gesehen hatten. Der Whisky half, über Kurts muffelige Reserviertheit hinwegzusehen. Dieter reichte ihm eine Tasse Tee, mit viel Zucker und einem großzügigen Schluck Whisky darin, und Kurt wurde gleich viel freundlicher. Er schlang ein paar Brote, die Johanna in Windeseile vor ihn hingestellt hatte, hinunter und mampfte noch immer, als er vorschlug, auf ein Bier in den Pub zu gehen. Zur Feier des Tages, denn morgen sollte es ganz früh losgehen.
Dieter und Uwe sagten, je früher, umso besser. Eva lachte, und Isabella, die ihre Teetasse schon dreimal nachgefüllt hatte, lachte mit. Ihr war es völlig egal, wann die Männer aufstehen mussten und was sie vorhatten.
Im Pub angekommen, begannen Uwe und Dieter Kurt mit Fragen zu überschütten. Sie wollten alles über das Opalschürfen wissen, und waren deshalb gleich am Tresen stehen geblieben. Inzwischen hatte sich zwar sogar in Lightning Ridge herum gesprochen, dass ein Hausverbot für Frauen gesetzeswidrig war, doch sie waren in der Kneipe immer noch nicht gern gesehen, sondern lediglich geduldet. Und so hatte Kurt den Frauen auch gleich beim Eintreten bedeutet, sich an einen Tisch beim Fenster zu setzen, weit weg vom heiligen Tresen. Das war Uwe und Dieter nur recht, denn man hatte schließlich viel zu besprechen, was die Frauen nichts anging. Dieter hatte, nachdem er den rebellischen Gesichtsausdruck wahrgenommen hatte, mit dem Isabellas auf die gönnerhafte Tischzuweisung registriert hatte, schnell noch hinzugefügt, dass die Frauen sich für ihr Gespräch sowieso nicht interessieren würden.
Wie wahr, dachte Isabella, wer will sich schon mit euch langweilen, und setzte sich zu Eva und Johanna, mit denen sie so lange plauderte und Bier trank, bis ihr die heruntergekommene Kneipe recht hübsch, und die Gesellschaft, in der sie sich befand, äußerst ansprechend vorkam.
Drei Tage lang ging das so. Uwe und Dieter ließen sich vom Motelbesitzer, einem resignierten alten Mann mit leeren Augen und gelblicher Lederhaut, jeweils mehrere Thermoskannen mit Tee, kalten Getränken und pfundweise Käse- und Wurstbrote zubereiten. Kurt holte sie dann vor Tagesanbruch ab, und danach waren sie bis weit nach Sonnenuntergang verschwunden. Isabella wachte jeden Morgen mit einem Kater auf, räkelte sich im Bett, froh, dass Dieter bereits fort war, und schlummerte noch so lange vor sich hin, bis Eva an ihre Zimmertür klopfte und darauf bestand, endlich loszuziehen. Nach dem Frühstück holten sie Johanna ab und fuhren zu dritt spazieren. Es gab nicht viel zu tun und nicht viel zu sehen. Eine einzige Straße führte vom Dorf zurück zum Highway, wo sie sich entscheiden konnten, entweder nach Norden oder nach Süden abzubiegen. Irgendwann suchten sie sich dann eine Stelle, an der sie den Wagen parkten und durch den Busch wanderten, immer schön in der Nähe des Highways, eine öde Unternehmung, die sie jeden Tag etwas früher aufgaben. Am dritten Tag nach Weihnachten dauerte ihr Spaziergang gerade mal zehn Minuten. Johanna war mit stoischem Schweigen durch das struppige Gehölz gestapft, aber Eva, die stets
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