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Die Auswanderinnen (German Edition)

Die Auswanderinnen (German Edition)

Titel: Die Auswanderinnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: helga zeiner
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Rede zu stellen, war er bereits tot. Du hast dich damals nicht nur gegen ihn gewehrt, du hast ihn mit dem Hammer erschlagen .“
    Jetzt waren alle drei Frauen leichenblass. Kerzengerade saßen sie am Tisch, als ihnen ausgerechnet in diesem Augenblick der Hauptgang serviert wurde. Automatisch griffen sie nach ihrem Besteck, kaum dass sie wieder unter sich waren. Aber keine von ihnen brachte einen Bissen hinunter. Schließlich lehnte sich Isabella zurück, sah Eva an, und atmete einmal tief durch, wobei sie beim Ausatmen ein Geräusch machte, das herablassend und gleichzeitig erleichtert klang. „Hast du das wirklich all die Jahre über gedacht? Dass ich ihn getötet habe?“
    „Natürlich“, sagte Eva.
    Isabella blickte zu Jo Ann. „Erkläre es ihr!“, befahl sie. „Los, sag es ihr.“
    „Was?“, fragte Jo Ann.
    „Dass ich es nicht war.“ Und als Jo Ann nicht antwortete, hob sie selbst zu einer Erklärung an. „Ich kann mich anfänglich nicht mehr mit Sicherheit daran erinnern, ob es nun zu einer Vergewaltigung gekommen ist oder nicht. Aber ich wusste immer – und das habe ich euch auch erzählt –, dass Kurt mir nachgestellt hat und dass ich vor ihm geflohen bin. Das habe ich immer genau gewusst, richtig?“
    „Richtig!“
    „Gut! Ich erinnerte mich auch noch vage daran, dass ich mit dem Hammer auf Kurt eingeschlagen habe, korrekt?“
    „Ja.“
    „Aber bestimmt nicht so fest, dass ich ihn hätte töten können. Ich habe ihn entweder an der Hand oder am Arm erwischt, fest genug, dass er mich losließ und ich daraufhin vor ihm fliehen konnte. Aber ich habe ihm nicht den Schädel eingeschlagen. Niemals! Ich habe ihn nicht getötet!“
    „Wie kannst du dir da so sicher sein?“, fragte Eva.
    „Weil ich mich an die Szene danach, in der er mich fast erwischt hätte, obwohl ich ihn mit dem Hammer geschlagen habe, noch mit absoluter Gewissheit erinnern kann. Er hing an der Wagentür, als ich losfuhr. Ich hatte furchtbare Angst, dass er sie aufbekommen würde, und bin aufs Gas getreten wie eine Wahnsinnige. Worauf der Pick-up einen Satz nach vorne gemacht und Kurt den Türgriff losgelassen hat. Das war das letzte Mal, dass ich ihn gesehen habe, aber da war er noch sehr lebendig.“
    „Wenn das so ist“, sagte Johanna leise, „dann musst du dich am nächsten Morgen, als du aufgewacht bist, sehr darüber gewundert haben, dass wir dir erzählt haben, Kurt sei tot!“
    „Aber nein“, widersprach Isabella. „Warum sollte ich mich gewundert haben? Ich wusste sofort, was mit ihm geschehen ist.“
    „Was denn?“, fragte Eva, die der Geschichte nicht mehr folgen konnte, verwirrt.
    „Ja, was denn?“, fragte nun auch Jo Ann.
    „Aber Jo Ann! Tu doch nicht so! Du hast ihn umgebracht, als du zur Mine gegangen bist, um nach ihm zu sehen!“ Eva starrte Isabella verdutzt an. Doch diese fuhr ungerührt fort: „Dein schauspielerisches Talent in allen Ehren, Jo Ann, aber du kannst es ruhig zugeben. Ich habe immer gewusst, was du getan hast, und ich fand es völlig in Ordnung. Du warst wütend auf ihn, nein, du warst mehr als wütend, du warst verletzt und zutiefst gekränkt, nachdem du herausgefunden hast, dass er sich sogar an deiner eigenen Freundin vergreifen wollte. Du warst voller Hass und Verachtung. Wahrscheinlich hattest du auch noch andere gute Gründe, um es ihm heimzuzahlen. Trotzdem dachte ich mir immer, dass es letztendlich wohl ein Unfall gewesen sein muss. Ihr habt euch gestritten, und da ist es eben passiert. Ich hatte schon damals kein Problem damit, und seitdem ich nun mit Sicherheit weiß, was er mir angetan hat, ist es mir noch verständlicher. Du musst wirklich irrsinnig wütend auf ihn gewesen sein.“ Sie stockte, als ihr bewusst wurde, welchen Freundschaftsbeweis Jo Ann für sie erbracht hatte. „Ich rechne es dir hoch an, dass du mich gerächt hast. Mach dir keine Sorgen, von mir wird es niemand erfahren, ich kann schweigen wie ein Grab.“
    Der Kellner war aus dem Hintergrund des Restaurants aufgetaucht, trat nun an ihren Tisch und fragte, ob alles in Ordnung sei, nachdem sie die Speisen auf ihren Tellern noch immer nicht angerührt hatten. „Danke, ja“, antwortete ihm Isabella, worauf er nickte und sich dezent wieder zurückzog.
    „Und wie erklärst du dir die fehlenden Stunden?“, wollte Jo Ann wissen.
    „Keine Ahnung. Ich weiß es beim besten Willen nicht. Aber ich weiß, dass Kurt noch gelebt hat, als ich zu euch fuhr! Du kannst es ruhig zugeben, Jo Ann, jetzt, wo wir unter uns

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