Die Auswanderinnen (German Edition)
ein, die sich an den Wortlaut von damals noch genau erinnern konnte. „Jo Ann, du hast zu ihr gesagt: Kurt ist tot, es war ein Unfall . Und Isabella hat gesagt: Dann ist es besser, ihr begrabt ihn schnell, es muss ja niemand wissen, was passiert ist .“ Sie überlegte laut. „Isabella hat nicht gesagt: Es muss ja niemand wissen, was ich getan habe! Sie könnte durchaus gemeint haben ...“
„Gemeint, gedacht, gewollt ... was soll das alles? Eva, glaubst du mir nicht mehr?“ Überraschung und Enttäuschung lagen in Jo Anns Stimme.
„Ach, ich weiß nicht mehr, was ich denken soll“, jammerte Eva. „Ich vertraue dir und Isabella, und ich glaube euch beiden. Das ist doch das Paradoxe! Eine von euch beiden lügt oder macht sich etwas vor. Jo Ann, wäre es vielleicht nicht doch möglich, dass du ... ich meine, so wütend und erschüttert, wie du losgestürmt bist, könnte es nicht sein, dass du ... dass du diejenige bist, die es getan und danach verdrängt hat?“
Jo Ann verzog den Mund zu einem zynischen Grinsen. „Sind wir jetzt soweit? Ich soll diejenige sein, die den Racheengel gespielt hat? In einem Anflug von Wahnsinn?“
„Genau das wirfst du mir vor!“, konterte Isabella.
Jo Ann nickte. „Stimmt. Und ich fürchte, so kommen wir keinen Schritt weiter. Ihr könnt mich nicht vom Gegenteil überzeugen.“
„Verdammt, ich verstehe dich nicht“, zischte Isabella. „Warum willst du mir eine Tat, die du begangen hast, in die Schuhe schieben? Brauchst du jetzt, nachdem das Skelett gefunden wurde und die Gefahr besteht, dass du beschuldigt wirst, einen Sündenbock? Willst du mich anzeigen, sobald wir in Sydney sind?“
Jo Ann sah sie gekränkt an und überließ Eva ihre Verteidigung. „Red keinen Unsinn, Isabella! Genau das Gegenteil ist der Fall. Wenn du es genau wissen willst, Jo Ann hat vor, sich in Sydney zu stellen, nur deshalb ist sie mit uns mitgekommen. John und ich wollten sie davon überzeugen, wie falsch und unsinnig das ist, aber sie will dich schützen. Sie denkt, dass sie im Gegensatz zu dir nichts mehr zu verlieren hat.“
„Ist das wahr?“ Isabella warf Jo Ann einen ungläubigen Blick zu.
„Die genauen Gründe sind unwichtig. Aber ja, ich werde mich den Behörden stellen und gestehen, Kurt mit einem Hammer erschlagen zu haben.“
Isabella verstand die Welt nicht mehr. Kopfschüttelnd nahm sie die geöffnete Flasche Wein aus dem Kühler, schenkte Eva, Jo Ann und sich selbst ein, nahm einen langen Zug aus ihrem Glas und stöhnte: „Verflucht, ich kann nicht mehr! Machen wir bitte Schluss für heute. Ich verstehe einfach überhaupt nichts mehr. Ich verstehe nicht, warum ihr denkt, dass ich es gewesen bin, ich verstehe nicht, warum ich denke, dass Johanna es gewesen ist, ich verstehe vor allem nicht, warum sie es offiziell gewesen sein will, wenn sie es nicht war, und ich verstehe nicht, was du denkst, Eva.“
„Also, ich denke, wir sollten erst einmal zu Bett gehen und morgen, wenn wir wieder einen frischen Kopf haben, noch einmal über alles nachdenken.“ Eva hatte es in ihrer schlichten Art auf den Punkt gebracht.
„Sehr weise“, fand Isabella und deutete auf die Flasche, die noch nicht ganz leer war. „Aber heute sollten wir unseren Verstand erst noch etwas betäuben! Damit wir uns nicht eingestehen müssen, dass wir nichts verstehen.“
Jo Ann lachte plötzlich auf, bissig und sarkastisch. „Auch dies ist sehr weise. Wenn man nichts mehr versteht und sich gegenseitig einen Mord vorwirft, sollte man sich zusammen betrinken. Das verbindet.“
„Genau! Prost, kriminelle Vereinigung!“ Isabella hob ihr Glas und zwang sich ebenfalls zu lachen. Es war unmöglich, Jo Ann konnte ihr doch nicht allen Ernstes vorwerfen, Kurt getötet zu haben. Ein winziger Zweifel begann sich dennoch in ihrem tiefsten Innern zu regen. Konnte sie denn wirklich völlig ausschließen, dass sie es nicht getan hatte?
Kapitel 48
Die Nacht war für alle drei Frauen lang und unruhig gewesen, mit kurzen Tiefschlafphasen und endlosen Stunden, die sie im Dämmerzustand verbracht und in denen sie jede Bewegung und jedes Geräusch der anderen registriert hatten. Um sieben Uhr lugte die Morgensonne dann endlich durch eine Vorhangspalte, und Jo Ann fragte leise: „Sollen wir aufstehen?“
Sofort erhob sich Isabella wortlos und zog die Vorhänge auseinander. Eva gähnte. „Ich bin todmüde, aber es ist sinnlos, noch länger liegen zu bleiben.“
Beim Frühstück war die Stimmung zwischen ihnen
Weitere Kostenlose Bücher