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Die Auswanderinnen (German Edition)

Die Auswanderinnen (German Edition)

Titel: Die Auswanderinnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: helga zeiner
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diesen Worten legte Uwe auf, während Isabella weiterschrie, sich ihren Frust von der Seele schrie, obwohl sie das Klicken gehört hatte und genau wusste, dass Uwe ihr nicht mehr zuhörte. „Er macht es sich einfach. Abhauen und neu anfangen. Mit meinem Geld! Ich habe meinen Arsch hingehalten, wie eine Nutte, alles nur für ihn. Und wofür das Ganze? Dass ich jetzt hier sitze, in diesem Scheißland, ohne Freunde und Familie, mit diesem Scheißjob, in dem sie niemals einen Migranten hochkommen lassen, obwohl sie mit dem Ausland ihr Geld verdienen ...“
    Sie verstummte. Natürlich, das war es. Die Australier waren Rassisten, die einem Bloody Migrant, wie sie die Immigranten abfällig nannten, niemals eine gehobene Position geben würden, solange sie es irgendwie vermeiden konnten. Isabella hatte die heimliche Ablehnung ihrer Kollegen oft genug gespürt und wusste, dass sie trotz der Unterstützung ihres Chefs nur bis zu einer gewissen Stufe der Firmenhierarchie aufsteigen würde. Sie war fleißig und zuverlässig, hatte eine schnelle Auffassungsgabe, eine flexible Arbeitsweise und konnte in zwei Fremdsprachen kommunizieren. Dennoch würde sie in einem Durchschnittsjob bei einem Durchschnittseinkommen versauern. Sie war Ausländerin, eine Frau und jetzt auch noch eine von ihrem Mann verlassene Frau! Dafür gab es in der australischen Geschäftswelt keinen Platz.
    Isabella legte den Hörer auf die Gabel zurück. Natürlich, es war ja so einfach. Es gab eine ganz einfache Lösung für all ihre Probleme! Warum war sie nicht nur schon viel früher darauf gekommen? Sie lachte laut und bitter. Weil sie der Trottel war und Dieter der Clevere! Er hatte abgesahnt und war auf und davon gegangen. Und sie war diejenige, die draufzahlen würde. Dabei war es so einfach: Niemand hielt sie hier fest. Sie konnte und sollte einfach gehen, genau wie Dieter. Ohne die Wohnung zu kündigen, einfach abhauen, ihre Zelte abbrechen, verbrannte Erde hinterlassen, oder wie man das nennen wollte!
    Aber sie war nicht wie Dieter. In den nächsten drei Monaten verwirklichte sie ihren Plan Schritt für Schritt. Sie fand einen Nachmieter für die Wohnung, der bereits nach vier Wochen einzog und ihr dadurch viel Geld sparte, während sie in ein schäbiges Hotelzimmer in Rosebery zog, von dessen Fenster aus sie die abfliegenden Jets beobachten konnte und sich bei jedem vorstellte, dass sie darinsitzen und von hier wegfliegen würde. Sie kündigte fristgerecht und bekam von ihrem Chef ein hervorragendes Zeugnis, das sie selbst abtippte und in dem sie die Länge ihres Arbeitsverhältnisses um ein Jahr zurückdatierte. Falls er es bemerkt hatte, schien es ihm nicht wichtig zu sein, erwähnte er es doch mit keinem Wort. Damit hatte sie das Jahr in Hals Agentur, über das sie keinen Nachweis besaß, endgültig aus ihrem Lebenslauf ausradiert, der nun wieder lückenlos und ohne Fehl und Tadel war.
    Ihre Familie war wütend auf Dieter, als sie von dessen hinterlistiger Flucht hörte, und gleichzeitig selig, dass sie nun wieder nach Hause zurückkommen würde. Am 30. April war ihr letzter Arbeitstag, und noch am gleichen Abend würde sie vom Büro aus, nach einem höflichen Abschiedstrunk mit den Kollegen, direkt zum Flughafen fahren. Das Geld auf ihrem Geheimkonto hatte gerade noch gereicht, um sich ein Flugticket kaufen zu können.
    Ihr Schreibtisch war leer geräumt und der Sekt schon geöffnet. Ihr Chef schenkte gerade die Gläser voll, als ihr Eva einfiel und sie schnell noch darum bat, im Nebenzimmer ein letztes Telefonat führen zu dürfen, um sich von einer Freundin zu verabschieden. Sie hatte seit über drei Monaten nicht mehr mit Eva gesprochen.
    Uwe war am Apparat. Eva sei nicht da, teilte er ihr mit, sie wäre noch bis morgen im Krankenhaus.
    Ach so, meinte sie, dann grüß sie bitte von mir. Zuletzt fiel ihr noch ein zu fragen, was es denn geworden sei, ein Junge oder ein Mädchen?
    „Ein Mädchen“, sagte er enttäuscht. „Sie soll Nadja heißen. Kommst du zur Taufe?“
    „Nein, ich fliege noch heute Abend nach Deutschland. Ich melde mich dann bei ihr, wenn ich angekommen bin. Sag ihr, ich gratuliere ihr. Und dir natürlich auch.“
    Danach ging sie zurück zu ihren Kollegen, die sich ungewöhnlich aufgeschlossen gaben. Na ja, der Sekt, den sie spendiert hatte, war das einzig Gute, was sie je von ihr bekommen hatten. Sie war nicht wie die Australier, die bei jeder Gelegenheit Kaffee und Kuchen oder Sekt-Pausen organisierten. Sie stieß mit

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