Die Auswanderinnen (German Edition)
miteinander verbunden waren – das erste Zimmer mit Schreibtisch, Computer, Regalen und Aktenschränken war offensichtlich ganz der Büroarbeit vorbehalten, während das andere mit seiner bequemen Sitzgruppe, einem langen Tisch und vielen Stühlen offensichtlich mehr kommunikativen Zwecken diente. Die Einrichtung war in edlem Grau mit viel Schwarz und Weiß gehalten. Und Uwe, fand Isabella, passte mit seinem grauen Anzug, dem weißen Hemd und der schwarzen Krawatte wunderbar in dieses Ambiente. Tatsächlich brachte nur er es fertig, auch außerhalb des feierlichen Rahmens einer Beerdigung eine tiefschwarze Krawatte zu tragen, ohne dabei lächerlich zu wirken. Fast bewunderte sie ihn für seine unaufdringliche Eleganz und seine Stilsicherheit. Aber vielleicht hatte er auch nur gute Berater an seiner Seite, denn früher war er einfach nur steif, ungelenk und verschlossen gewesen. Oder hatte das viele Geld, das er offensichtlich verdiente, diese plumpen Eigenschaften derart veredeln können? Hatte seine beinahe geizige Bescheidenheit in vornehmen Minimalismus verwandelt? Und wurde seine sturköpfige Verklemmtheit nun als die so oft bewunderte Fähigkeit zur Tunnelvision bewundert, die angeblich zum Erfolg gehört? Isabella war noch immer dabei, über diese Ungereimtheiten nachzugrübeln, als Eva bereits zum Angriff blies: „Um deine Fragen zu beantworten, Uwe, ja, den beiden geht es gut. Und nein, ich verwende deinen Namen nicht mehr, ich heiße jetzt Taylor. Dennoch wollte ich am Empfang die schlichte Tatsache, dass ich mal mit dir verheiratet war, verdeutlichen. Für den Fall der Fälle, du verstehst schon.“
Uwe lächelte kühl. „Nein, so genau verstehe ich das nicht, aber du wirst es mir sicherlich erklären.“
Jo Ann fand ihn unerträglich. War er schon immer so pompös gewesen? Waren sie wirklich einmal mit ihm befreundet gewesen? Hatten gemeinsame Ausflüge unternommen, zusammen gekocht, gegessen, geplant und geträumt? Aber hatte Uwe jemals mit ihnen über seine Träumen gesprochen? Nein, er war derjenige gewesen, der immer geschwiegen hatte und von dem sie alle immer gedacht hatten, dass er überhaupt gar keine Träume hätte.
„Wir sind aus einem ganz bestimmten Grund hier“, begann Isabella, die nicht einfach nur stumm dabeisitzen wollte.
Aber Eva ließ sich ihre Führungsrolle nicht streitig machen. „Es geht um unseren letzten gemeinsamen Besuch in Lightning Ridge, damals, als Kurt umgekommen ist“, sagte sie, leicht vorgebeugt, um Uwes Reaktion genau beobachten zu können. „Du weißt doch sicher noch, dass es zwischen euch Männern Ärger gab?“ Täuschte sie sich, oder überzog sich sein Gesicht mit einer leichten Röte? „Du erinnerst dich bestimmt auch an den Morgen, als ihr zusammen mit Isabella abgefahren seid?“
„Ja, natürlich!“
„... und ich dann von Dieter aus dem Auto geworfen wurde ...“, beschwerte sich Letztere höchstpersönlich.
„So kann man das nicht sagen, Isabella“, widersprach Uwe sofort. „Nicht hinausgeworfen, das hört sich so an, als hätte dich Dieter aus dem fahrenden Wagen gestoßen. Ihr hattet Krach, Dieter hat angehalten, und du bist ausgestiegen!“
Immer der Korrekte, dachte Eva. „Gut“, fuhr sie fort, „du erinnerst dich also. Dann wirst du auch noch wissen, was danach passiert ist?“
„Was soll das? Ihr seid doch wohl nicht extra hierhergekommen, um diese alten Kamellen wieder aufzuwärmen?“ Uwe schüttelte nachsichtig den Kopf. „Obwohl, so seid ihr Frauen nun einmal! Immer stochert ihr in der Vergangenheit herum, ewig müsst ihr analysieren und kommentieren.“ Er wandte sich direkt an Isabella und Jo Ann. „Ich nehme an, ihr macht gerade Urlaub hier, ihr zwei. Wie gefällt euch Sydney nach so langer Zeit? Findet ihr, dass sich viel verändert hat?“
„Wir sind nicht hier, um uns zu amüsieren.“ Isabella registrierte überrascht, dass ihr diese Tatsache bislang nicht bewusst gewesen war. Natürlich war sie nicht nach Sydney gekommen, um sich zu amüsieren.
„Richtig“, fiel Eva ihr ins Wort. „Sie sind hier, um ein paar Dinge aus der Vergangenheit aufzuklären.“
„Wie soll ich das verstehen?“ Uwe wirkte gelassen.
„So, wie ich es sage! Es gibt einige Dinge, ein paar Puzzleteile, die sozusagen unter den Tisch gefallen sind, und wir erwarten nun von dir, dass du diese Teile rausrückst und dazu beiträgst, das Puzzle endlich zu vollenden.“
„Ich soll euch helfen irgendwelchen Unsinn, der in euren Köpfen
Weitere Kostenlose Bücher