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Die Auswanderinnen (German Edition)

Die Auswanderinnen (German Edition)

Titel: Die Auswanderinnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: helga zeiner
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gemacht. Man gewöhnt sich nie daran.“
    Isabella wurde ruhiger. „Mit dir auch?“ Und später, noch immer in Jo Anns Armen versteckt: „Dieses Schwein!“
    „Wie bist du davongekommen?“
    Isabella löste sich aus der Geborgenheit von Jo Anns Umarmung, verknotete ihre Hände ineinander und dachte nach. „Ich weiß es nicht. Das ist der Teil, der mir noch fehlt. Er hat den Schlüssel für die Kette weggeworfen, daran erinnere ich mich noch. Danach hörte ich nur noch, wie eine Stimme in den Schacht herunterrief, aber das kann nicht sein, und dann funktionierte der Fahrstuhl wieder.“
    „Wie bitte?“
    Isabella erzählte ausführlich, wie der Lift stecken geblieben und damit ihre Erinnerung ausgelöscht hatte. Sie nahm sich Zeit, ließ kein Detail aus und berichtete konzentriert und mit erstaunlich objektivem Abstand, der ihr durch den vorangegangenen Gefühlsausbruch möglich war, was ihr widerfahren war. Das Erlebte wurde bereits zu einem Bestandteil ihrer Vergangenheit. Dennoch musste sie erneut an der gleichen Stelle abbrechen. „Das war’s“, sagte sie. „Mehr gibt es nicht. Aber es hat gereicht, um mich davon zu überzeugen, dass ich die Schuldige bin.“
    „Nein, das bist du nicht!“ Jo Ann knallte mit der Faust so hart auf den Tisch, dass die Faxunterlagen teilweise zu Boden flatterten.
    „Aber Jo Ann?“
    „Du warst es nicht!“, rief Jo Ann voller Erregung aus, beruhigte sich dann aber wieder und begründete ihre Behauptung: „Lies den Bericht, Isabella, und du wirst sehen, dass du aus dem Ganzen raus bist, denn du kannst ihn nicht mit einer Spitzhacke erschlagen haben! Ich bin es gewesen! Damals, als du so elend und erschöpft auf meinem Sofa gelegen hast, und ich dich für eine Stunde mit Eva allein gelassen habe, um Kurt zur Rede zu stellen ... da muss ich so wütend gewesen sein, dass ich ihn erschlagen habe. Obwohl ich extra sein Gewehr mitgenommen hatte! ... Ich muss es gewesen sein!“
    Jetzt begann Jo Ann zu weinen. Sie beugte sich vor und angelte ihre Handtasche vom Sessel, während sie weitersprach. „Ich habe dir all die Zeit übel genommen, wegen dir in Lightning Ridge festzusitzen. Habe geglaubt, dass du der Grund für mein ruiniertes Leben warst. Es tut mir so leid! Wenn ich gewusst hätte, dass ich ihn umgebracht habe, wäre es so viel leichter zu ertragen gewesen.“ Sie schniefte. „Dies scheint der Morgen der Tränen zu sein. Verflucht, wo ist denn nur mein Taschentuch?“
    Isabella saß wie versteinert da und wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Ihr war, als würde ihre Erkenntnis, die sie endlich, endlich befreite, abgelehnt, zurückgestoßen – ja sogar für unglaubhaft gehalten. Es war irgendwie nicht richtig! Sie schüttelte den Kopf. Nein, so ging das nicht! Jo Ann konnte ihre visionäre Selbsterkenntnis nicht so einfach zunichtemachen und sie in ein dunkles Loch zurückstoßen.
    Sie beobachtete, wie Jo Ann kurzentschlossen den Inhalt ihrer Tasche auf den Tisch leerte, während sie sich mit der anderen Hand über die tropfende Nase wischte. Schließlich fand sie zwischen ihren verstreuten Utensilien eine Packung Papiertaschentücher, zog eines heraus und schnäuzte sich geräuschvoll.
    „Was ist denn das?“, fragte Isabella.
    „Was?“
    Isabella deutet auf einen Schlüssel, an dem ein Medaillon befestigt war.
    „Ach, das ist der Zweitschlüssel vom Explorer. Ich muss ihn Eva zurückgeben.“ Sie legte den Schlüssel mit dem Christopherusanhänger zur Seite und begann ihre Tasche wieder einzuräumen.
    „Wo hast du ihn her?“
    „Von Eva, erinnerst du dich nicht, sie hat mir doch gestern den Schlüssel gegeben, als ...“ Jo Ann hielt inne. Isabella war zuvor schon blass gewesen, aber nun sah sie aus, als hätte sie einen Geist gesehen.
    „Ich meine den Anhänger. Wo hast du ihn her?“
    „Warum?“
    „Dreh ihn um“, drängte Isabella aufgeregt. „Los, dreh ihn um! Steht was drauf? Nein, sag nichts!“ Sie schloss die Augen, als Johanna das Medaillon in die Hand nahm. „Dort steht: Dio ti protegga Bella , das heißt übersetzt: Gott schütze dich Bella.“
    Sie öffnete die Augen wieder.
    Jo Ann strich gedankenverloren mit dem Finger über die kaum noch lesbare Gravur. „Woher weiß du das?“
    „Es war ein Geschenk meines Vaters, zum Abschied. Er hat mich immer Bella genannt. Ich mochte den Anhänger nicht besonders, weil er mir zu groß und zu plump war. Aber Dieter hat ihn oft getragen.“
    „Ich habe ihn erst vor Kurzem gefunden“, sagte Jo

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